0462 - Der Witwenmacher von New York
Sprengstoff.
»Selbst wenn er die Unterlagen nicht hat«, murmelte er. »Durch ihn werde ich sie bestimmt bekommen. New York Soll vor mir zittern!«
***
Sie starrten mich mißtrauisch an. »Das ist Ruffioso«, hörte ich die leise Stimme Lefftys. Ein Gorilla kam auf mich zu. Er hielt seine Arme vom Körper ab und rollte die Augen. Ich wußte, was jetzt kam. Es sollte meine Feuerprobe sein.
Die Gangster wollten wissen, aus welchem Holz ich geschnitzt war. Ich hatte Leffty gesagt, daß ich mich für den Mafia-Führer New Yorks hielt. Jetzt wollten sie mir zeigen, wie groß ich war.
Der Muskelprotz schlug wortlos zu. Er schwang seine langen Arme wie Dreschflegel, glitt an meiner Deckung ab und wollte mich umklammern.
Ich stieß ihm den linken Ellbogen in die Brustgrube und schaffte ihn mir dadurch für einen Atemzug vom Halse. Aber ich war noch nicht ganz zur Seite gesteppt, da stand er bereits wieder breitbeinig vor mir. Seine Rechte fuhr vor und prallte wie ein Schmiedehammer gegen meinen Schädel.
Mein Kopf tat höllisch weh. Ich kniff die Augen zusammen, öffnete sie wieder. Verschwommen sah ich den Gorilla auf mich zukommen. Auf unsicheren Schritten tappte ich ein paar Schritte zurück, bis die Theke in mein Blickfeld geriet.
Ich tat, als müßte ich mich an der Bar festhalten. Der Schläger fiel darauf herein und kam noch ein Stück näher. Jetzt schlug ich zu. Mein Schlag war aber nicht hart genug gewesen, um ihn von den Füßen zu holen.
»Dich mach ich fertig« krächzte der Gorilla heiser vor Wut.
Es stand in seinen Augen, daß er mich am liebsten umgebracht hätte. Seine Wut ließ ihn unbesonnener handeln, als er es mit klarem Kopf vielleicht getan hätte. Er tänzelte heran, riß die Fäuste hoch und drang mit einer Serie wilder, kurzer Schläge auf mich ein.
Ich spürte, wie dieses Trommelfeuer einen Ring um meine Brust legte, der das Atmen fast unmöglich machte. In einem günstigen Augenblick schoß ich meine Rechte vor.
Er bekam sie in die Lebergegend, und sein Gesicht verzog sich schmerzlich. Auf unsicheren Beinen ging der Gorilla zwei, drei kleine Schritte rückwärts. Aber ich wußte, daß dieser Muskelberg noch nicht am Ende seiner Kraft war. Deswegen bluffte ich ihn. Meine Arme sanken herab, ich kam eit) bißchen ins Wanken und knickte in den Knien ein. Er sprang vor — und er sprang genau in meine hochgerissenen Fäuste.
Ein Gurgeln kam aus seiner Kehle. Er stürzte zu Boden, aber er gab sich noch nicht geschlagen. Mühsam versuchte er auf die Beine zu kommen. Aus glasigen Augen starrte er mich an. Dann fiel er zurück. Bewegungslos blieb er liegen. Zwei Mann trugen ihn schweigend weg. Ich hielt mich an der Theke fest und wartete, daß der rote Schleier vor meinen Augen verschwand.
»Trink ein Glas«, hörte ich eine Stimme neben mir, es war Rybacki, der Winkeladvokat und Testamentsvollstrecker des ermordeten Ruffioso.
Mit zitternden Fingern umklammerte ich das Glas und spürte das Getränk feurig durch meine Kehle rinnen. Langsam wurde ich wieder klar. Ich wandte den Kopf und sah die Blicke aller Gangster auf mich gerichtet. Sie warteten darauf, daß ich etwas sagte. Verstohlen schielte ich zur Uhr. Genau drei Minuten blieben mir noch. Drei Minuten bis zu dem Zeitpunkt, an dem meine Kollegen angreifen würden. Jede Sekunde war wichtig. Sie entschied darüber, ob hier gleich ein Hexenkessel entstehen würde und vielleicht unschuldige Menschen unter den Kugeln gewissenloser Gangster sterben würden.
»Ich bin Buffioso«, hörte ich mich selbst mit einer Stimme krächzen, die ich niemals als meine eigene erkannt hätte. »Ich bin gegen den Tiger. Ich will ihn erledigen.«
Jemand lachte im Raum. »Wir sind alle gegen den Tiger. Er hat uns in der Hand. Jeden von uns. Deswegen müssen wir gehorchen. Er ist zum Mafia-Führer geworden. Wir brauchen gar nicht erst einen Anführer zu wählen. Ist ja witzlos.«
»Nein«, rief ich. Jetzt kam es auf jedes Wort an. In zwei Minuten würden meine Kollegen das Haus stürmen. »Er hat die Unterlagen nicht mehr über euch. Die habe ich ihm schon abgejagt.« Erstaunt blickten mich die Gangster an. Zweifel lag in ihren Augen.
»Das lügst du«, ertönte es plötzlich neben mir. Leffty Cormoran hatte es gesagt.
Während unserer Fahrt von der Arkwright-Villa zur Bowery hatte Phil sich einen Einblick in die Erpresserkartei verschafft. Einzelheiten hatte er mir vorgelesen. Deswegen wußte ich Bescheid.
Ich grinste Leffty an. »Gesetzt den Fall,
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