0462 - Wo der Orlock haust
Ausbildung genommen?«
»Nur sehr selten. Man hat festgestellt, daß Frauen für diesen Job besser geeignet sind. Sie sollen belastbarer sein.«
»Ja, das sagen die Typen immer, die so etwas ausrechnen.«
»Kommst du nun mit oder nicht?«
Mara lächelte und drückte sich an Alex. »Nach allem, was ich von dir gehört habe, bin ich praktisch gezwungen, dich zu begleiten. Okay, versuchen wir es.«
Alex hauchte Mara einen Kuß auf die Stirn. »Toll, du bist klasse, Mara.«
»Gut, wo gehen wir rein?«
»Normal. Wir sind schließlich keine Einbrecher.«
Da Alexandra die Tochter des Schulungsleiters war, besaß sie auch einige Privilegien. Man hatte ihr einen Schlüssel gegeben, mit dem sie die große Eingangstür öffnen konnte. Sie mußte ihn zweimal herumdrehen, dann konnten die Mädchen die Halle betreten.
Bevor Mara über die Schwelle schritt, schaute sie sich noch einmal um und warf einen letzten Blick hinab in das schüsseiförmige Tal, in dem das Dorf wie hingeschleudert lag. Jedenfalls kamen ihr die Häuser mit den erleuchteten Fenstern so vor. Selbst ihr Elternhaus konnte sie erkennen. Es lag ein wenig abseits in leichter Hanglage und war von großen Weideflächen umgeben. Die Familie verdiente ihr Geld durch Milchwirtschaft und lebte gar nicht mal schlecht dabei.
»Schließ die Tür, es wird kalt«, sagte Alex.
»Okay.« Maras Stimme klang kratzig. Es war ihr noch immer nicht wohl bei diesem Besuch.
Sie ging zögernd in die Halle hinein und schaute sich staunend um. »Toll«, hauchte sie fast ehrfurchtsvoll. »Wirklich toll. Das hätte ich nicht für möglich gehalten.«
Alex, an diese Dinge längst gewöhnt, nahm die Sache gelassener.
»So sehen alte Schlösser nun mal aus.«
»Ja, klar. Bisher kannte ich das nur aus dem Fernsehen. Still ist es aber auch nicht.«
»Bei den Schülerinnen.«
Beide Mädchen hörten Stimmen und Musik aus den oberen Stockwerken in die Halle klingen.
»Und wo müssen wir hin?« fragte Mara.
»Auch nach oben.«
»Ich dachte, der Videoraum wäre…«
Alexandra lächelte. »Zuerst möchte ich dir mal mein Zimmer zeigen. Oder willst du es nicht sehen?«
»Doch, doch.«
»Dann nehmen wir den Lift.«
»Den gibt es auch?«
»Sicher, hier.« Alex ging bereits auf die graue Tür zu. »Alles nachträglich eingebaut.«
»Ist ja irre.«
Alex ließ die Freundin eintreten. »Wie hoch müssen wir denn?« fragte Mara.
»Ich wohne nicht mit den anderen Girls zusammen, sondern ein Stockwerk höher.«
»Dann hast du auch ein Einzelzimmer?«
»Klar doch.«
»Nobel, nobel.«
Der Lift fuhr fast lautlos. Es dauerte auch nicht lange, bis er im dritten Stock stoppte und die Tür aufschwang.
Die Mädchen betraten einen breiten Gang, an dessen Wänden zahlreiche Gemälde hingen. Auch Figuren und Statuen, manche lebensgroß und böse aussehend, verteilten sich in dem Gang. Wie es sich für eine Burg gehörte, war auch eine alte Ritterrüstung vorhanden.
Alexandra ging vor. Mara blieb zurück. Sie mußte die Eindrücke erst alle verkraften. So hatte sie sich das Schloß in seinem Innern eigentlich nicht vorgestellt. Alex blieb vor einer bestimmten Tür stehen und holte wieder den Schlüssel hervor.
Auch Mara wollte zu ihr gehen, warf aber noch einen Blick zurück in den Gang und schrie leise auf.
Sie hatte etwas gesehen.
»Was hast du?« Alex hatte den Schrei gehört.
Mara lehnte sich gegen die Wand. »Da… da war etwas.«
Die Blonde kam näher. »Und was?«
»Ein Schatten.«
Alexandra lächelte. »Klar, das muß dein Schatten gewesen sein, wenn ich mich nicht irre.«
Mara schüttelte den Kopf. »Du irrst dich diesmal, Alex. Es war nicht mein Schatten.«
»Wessen dann?«
»Er… er sah aus wie ein gewaltiger Arm. Übergroß, verstehst du? Eine Hand sah ich auch noch. Sie war zur Faust geballt. Aus ihr stach etwas hervor.«
»Was denn?«
Maras Augen wurden groß. »Das… das sah tatsächlich so aus wie ein Messer.«
Alexandra Dalton wußte nicht, ob sie lachen oder weinen sollte.
»Jetzt spinnst du aber wirklich, Mädchen.«
»Nein, wenn ich es dir doch sage. Ich habe den Schatten gesehen. Dann bekam ich Angst.«
»Wer soll denn hier einen Schatten produzieren, der sich bewegt, außer uns?«
»Keine Ahnung. Oder der Orlock?«
Alex schaute ihre Freundin starr an. »Der ist tot. Hast du das noch immer nicht begriffen?«
»Ja, schon, aber ich habe eben Angst nach dem, was da im Dorf passiert ist.«
»Wir gehen auf mein Zimmer, und da trinkst du erst einmal
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