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0463 - Der Leopardenmann

0463 - Der Leopardenmann

Titel: 0463 - Der Leopardenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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ist es ein Gegner, dessen Stärke und Möglichkeiten Sie sich gar nicht vorstellen können. Dann ist Voodoo und Zauber, worüber Sie so abfällig reden, nur ein kleiner Teil des Spektrums, das dieser Gegner aufzubieten hat. Wir dürfen ihn nicht unterschätzen. Vielleicht gehört die Bedrohung von Miß Rogers zur Einschüchterungstaktik. Vielleicht weiß man, daß Sie sie als Ihren privaten Schützling ansehen, vielleicht will man auf diese Weise Zwietracht ins Management tragen. Schützen wir sie, hassen Sie uns, schützen wir sie nicht und sie wird ermordet, hassen Sie uns auch. Was ist richtig? Haben Sie die Angelegenheit einmal unter diesem Aspekt betrachtet? Vorhin in der Besprechung hatte ich keine Gelegenheit, darauf hinzuweisen.«
    »Sie sind ja verrückt«, stieß MacRough hervor. »Sie sind paranoid! Was soll das denn für ein Gegner sein, den Sie mir als Schwarzen Mann an die Wand malen?«
    Shackleton verzog das Gesicht.
    »Es ist ein verdammt höllischer Gegner… aber nun sehen Sie zu, daß Sie nicht zu spät zu Ihrer Verabredung kommen. Jemand von uns wird immer in der Nähe sein. Um Ihre Sicherheit brauchen Sie also nicht zu fürchten.«
    ***
    Der dunkelrote Chrysler Le Baron stoppte an der Stelle, wo am Nachmittag die Verfolgung des TI-Cadillac abgebrochen worden war. Nicole saß am Lenkrad des gemieteten Wagens. Der neben ihr sitzende Zamorra hatte ihr den Kurs angegeben. Sie waren beide schon einige Male in El Paso gewesen und kannten sich nun einigermaßen hier aus. So fiel ihnen die Orientierung nicht besonders schwer. Trotzdem wäre es ein Glückspiel geworden, herauszufinden, wohin man die attraktive Negerin gebracht hatte. Logierte sie in einem Hotel, gab es hunderte von Möglichkeiten. Befand sie sich in einer Privatwohnung, ebenfalls - ein Blick ins Telefonbuch hatte Zamorra verraten, daß es in El Paso mehr als hundertfünfzig Personen gab, die auf den Namen Rogers hörten. Und wenn sie bei Bekannten untergeschlüpft war, ging die Auswahl in die Hunderttausende.
    Deshalb benutzte Zamorra das Amulett.
    Auch ihm fiel auf, daß es irgendwie schwerfälliger arbeitete als früher. Gerade so, als seien die Batterien leer und müßten gewechselt werden. Nur besaß das Amulett keine Batterien. Woher es die Energie bezog, konnte niemand so genau sagen. Aber es lud sich selbständig auf, und wenn es bei einem Einsatz überfordert wurde, dann holte es sich fehlende Kraft aus der psychischen Substanz des Benutzers, der danach entsprechend erschöpft und auch körperlich entkräftet war.
    Aber das passierte hier nicht; es konnte also nicht in dieser Form »entladen« sein. Trotzdem kam es Zamorra vor, als habe Merlins Stern früher schwungvoller, dynamischer agiert. Wenn es sich bei dem Amulett um eine Person gehandelt hätte, hätte er vermutet, sie sei krank.
    Aber immerhin funktionierte das Ding. Zamorra steuerte es mit Gedankenbefehlen an jenen Punkt in der Vergangenheit zurück, an welchem der Polizeiwagen das Taxi stoppte. Es dauerte ein wenig länger und verbrauchte auch mehr magische Energie als der Versuch Nicoles am Flughafen, herauszufinden, worauf Rogers geschossen hatte. Das war normal - je länger ein Ereignis zurücklag, desto schwieriger war es, diese Spur wieder aufzugreifen und ihr zu folgen. Ab einem bestimmten Zeitpunkt würde es vermutlich die Kapazität des Amuletts übersteigen. Allerdings hatte Zamorra diesen Punkt noch nicht herausgefunden. Er legte auch keinen Wert darauf, es auszuprobieren und damit unnötig Amulett-Energie zu vergeuden. Bislang war es »normal« auch nie über die 24-Stunden-Grenze hinaus gekommen.
    Der kleine Drudenfuß in der Mitte der handtellergroßen Silberscheibe wurde wieder zum Bildschirm. Er zeigte jetzt das Taxi. Zamorra ging noch ein paar Sekunden weiter in die Vergangenheit, bis zu dem Moment, in welchem an genau der Stelle, wo der Chrysler jetzt stand, der Cadillac vorübergefahren war.
    Auf ihn konzentrierte er sich. Er sah den Wagen in der »Standprojektion« deutlich vor sich.
    »Jetzt los«, sagte er leise.
    Nicole fuhr an. Sie steuerte den Chrysler langsam, damit Zamorra Zeit hatte, auf jede Kleinigkeit wie Richtungsänderungen, Blinkzeichen und dergleichen mehr zu reagieren. Wenn ihm der Caddy aus dem Bildschirm »rutschte«, durften sie noch einmal zurück und an der Stelle, wo sie ihn verloren, wieder neu ansetzen. Das kostete nicht nur Zeit, sondern war im abendlichen Stadtverkehr auch lästig. Sie wurden ohnehin zum Verkehrshindernis.

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