0463 - Der Leopardenmann
Badewanne zu spielen und mich langsam, aber sicher vollaufen zu lassen. Glauben Sie, mir gefällt das Spiel, das ich hier spielen muß? Ich bin auch nur Schachfigur wie Sie, aber ich kann genausowenig dagegen tun.«
Eine Minute später standen sie an der Bar. Der Keeper hieß zwar nicht Jim, war aber ebenso dunkelhäutig und genauso freundlich wie sein Kollege im »Royal Imperial« in Likasi. Das weckte in Tiffany wieder Erinnerungen. Mehr, als ihr lieb war. Die beiden ersten Brandys trank sie schnell. MacRough hielt mit. Beim dritten wurde er etwas informativer.
»Ihr Zaire-Vertrag ist einer der wichtigsten Bestandteile des Projekts 8 , weil erst hierdurch die Kapazitäten geschaffen werden, die die TI für das Großprojekt braucht. Wenn es nicht geklappt hätte, müßten wir auf ein Geschäft verzichten, das uns Rikers Andeutungen zufolge ein paar Milliarden Dollar Gewinn bringt. Gewinn, Tif, nicht nur Umsatz.«
»Das wird das Schatzamt freuen, wenn davon ein Drittel als Steuern in die Staatskasse fließt.«
»Sehen Sie, das ist ein Grund, der für dieses Geschäft spricht. Der zweite ist, daß wir uns bei unserem Kunden… besser Partner, als Haus- und Hoflieferant etablieren können und damit einen uneinholbaren Vorsprung gegenüber der globalen Konkurrenz bekommen. Dann können sogar die Japaner einpacken, die doch tatsächlich verlangt haben, daß wir uns für den Atombombenabwurf zum 50. Jahrestag offiziell bei ihnen entschuldigen. Nun gibt es bestimmte Gruppierungen, die verhindern wollen, daß wir mit unserem Partner ins Geschäft kommen. Nein, diesmal spreche ich nicht von den Japanern.«
»Möbius-Konzern?«
»Auch nicht. Sagt Ihnen der Begriff Lucifuge Rofocale Ltd . etwas? Riker hat ihn mal benutzt, dabei aber so spöttisch gegrinst, daß es sich höchstens um eine Tarnbezeichnung handeln kann.«
»Nie von gehört. Klingt irgendwie nach Luzifer, nicht?« Tiffany brachte es fertig, kurz aufzulachen. Daß die Hölle eine von Teufeln betriebene Firma sein sollte, klang doch etwas zu erheiternd.
»Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß man einen harmlosen Großwildjäger auf eine noch dazu so bestialische Weise umbringt, nur um mich in eine Falle zu locken. Fast wäre mir der Mord ja von diesem Leutnant Al Takhy angehängt worden. Dabei hätte ich die Hütte und den Toten niemals entdeckt, wenn ich nicht dem Leoparden begegnet wäre, der auf zwei Beinen an mir vorbeischaukelte!«
MacRough hüstelte. »Das ist eine Sache, die ich einfach nicht verstehe. Shackleton brabbelte etwas von Voodoo-Zauber und dergleichen. Könnte es nicht sein, daß man Ihnen ohne Ihr Wissen eine Droge verabreicht hat, die zu einer entsprechenden Halluzination führte?«
»Jetzt machen Sie aber mal einen Punkt, Mac! Wenn man mir eine Droge untergejubelt hätte, hätte man mich noch leichter vergiften können! Und Voodoo gibt's nicht in Afrika, sondern auf Haiti und ein bißchen auch bei uns als eine Mischform aus Christentum und Naturreligionen, die mit meinen versklavten Vorfahren aus Afrika herübergekommen sind. Aber das spricht natürlich wieder einmal für Shackletons Ignoranz, alles, was mit uns Schwarzen zu tun hat, in einen Topf zu werfen. Vermutlich hält er mich auch, weil ich dunkelhäutig bin, automatisch für eine Kannibalin. Ich sollte mir die Zähne spitzfeilen lassen, um seinem Klischee zu entsprechen.«
»Aber haben Sie denn eine bessere, wirklich ernsthafte Erklärung für das, was Sie gesehen zu haben glauben?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Muß man immer alles wissenschaftlich erklären?« fragte sie.
»Für alles auf dieser Welt gibt es eine wissenschaftliche Erklärung.«
Sie grinste ihn an. »Dann lassen Sie sich mal von der Wissenschaft erklären, weshalb eine Hummel fliegen kann, obgleich ihr Körpergewicht für die Tragfähigkeit ihrer Flügel viel zu hoch ist! Sie fliegt trotzdem, und der Wissenschaftler rätselt. Jim, noch einen Brandy!«
»Charlie heiße ich, Ma'am, nicht Jim«, verbesserte sie der freundliche Schwarze hinter dem Tresen und schenkte wieder ein.
Aber Tiffany war mit ihren Gedanken schon wieder halb in Afrika. Und in ihrer Tasche war immer noch das Büschel Leopardenhaare.
Nein, an die Geschäftsintrigen, die in Mord gipfelten, konnte und wollte sie nicht glauben. Etwas anderes steckte dahinter. Etwas, das sich mit dem Menschenverstand nicht erfassen ließ.
Vielleicht hätte Motumo Sassa als der am stärksten Betroffene dieses Abenteuers etwas darüber sagen können.
Weitere Kostenlose Bücher