0467 - Der Nebelmörder
Plans hatte geklappt.
Der zweite Teil würde bald folgen!
***
Nebel lag über den Gräbern, formte sich zu Figuren, erreichte die blattlosen Zweige der Büsche und ließ sie noch gespenstischer aussehen. Unheimlicher konnte ein Friedhof nicht sein.
Neblig, kalt und nass!
Kein Mensch wagte sich um diese Zeit auf den Totenacker. Nur die Vögel der Nacht, die sich auf dem Friedhof ihr Revier gesucht hatten, lagen auf der Lauer.
In einem Baum hockte ein Käuzchen. Aus scharfen Augen beobachtete es die Umgebung, immer auf der Suche nach Beute. Es wartete auf die Maus. Hin und wieder stieß es einen klagenden Laut aus, der von den Nebelschwaden verschluckt wurde, bevor er die letzten Gräber erreichen konnte.
Ein unheimliches Gelände, in dem sich niemand wohl fühlen konnte.
Aber es gab einen Menschen, der um diese Zeit über den alten Friedhof schlich und sich als zweibeiniger Schatten zwischen den Grabreihen bewegte.
Es war der Dieb. Und er befand sich auf dem Weg zu seinem zweiten Ziel, das noch wichtiger war.
Wenn er ging, knirschte es unter seinen Schuhen. Manchmal raschelte auch Laub, dann wieder zerbrachen kleine Steine. Der Mann kannte sich aus. Er ging die Strecke nicht zum ersten Mal. Vor einigen Tagen schon war er ihn gelaufen, hatte sich Abkürzungen gemerkt und dabei immer zugesehen, dass er nicht entdeckt wurde.
In der Nacht war dies unwahrscheinlich.
Der alte Teil des Friedhofs lag ziemlich weit vom Eingang entfernt, wo die alte Mauer stand, die aber nicht mehr zu erkennen war, weil Buschwerk sie an der Innenseite verdeckte.
Da musste er hin, denn dort lag das Grab, dem er einen Besuch abstatten wollte.
Es war eine typische Novembernacht.
Nicht allein neblig, auch sehr finster. Die Dunkelheit kam ihm vor wie graue Tinte. Der Nebel lag auf dem Gesicht des Mannes und vermischte sich mit dem Atem in einer gespenstischen Lautlosigkeit.
Wäre er auf den Wegen geblieben, hätte er einen Umweg gehen müssen. So aber kürzte er ab und ging quer durch das Gelände seinem Ziel entgegen. Manchmal musste er sich ducken, um unter den wie Greif armen wirkenden Ästen der Bäume hinwegzutauchen. Andere hätten eine Gänsehaut bekommen, er aber nicht. Diese Umgebung forderte ihn nur heraus, und er konnte es kaum erwarten, sein Ziel zu erreichen.
Der alte Teil des Friedhofs wirkte noch düsterer. Hier gab es kaum noch Wege. Wer hatte schon Interesse daran, diese Gräber zu besuchen? Die meisten von ihnen waren im Laufe der Zeit eingesunken. Die Grabsteine waren meist umgefallen und von Unkraut und bodenhohen Pflanzen überwuchert.
So war es auch beim Grab des Nebelmörders. Allerdings stand dieser Stein noch. Ein grauer Klotz, wie ein Stummelfinger. Er ragte schief aus dem Boden und befand sich nahe der Mauer. Man hatte den Killer regelrecht verscharrt. Es glich schon einem kleinen Wunder, dass ihm jemand einen Grabstein gestiftet hatte. Der Spender war unbekannt, wie sowieso einiges im Leben des Nebelkillers keinen Nachforschungen standgehalten hatte. Es gab einfach zu viele Rätsel, hinter die die Beamten nicht gekommen waren.
Aber der Dieb hatte sie gelöst, weil er intensiv geforscht hatte. Dann war es über ihn gekommen wie ein Rausch. Er hatte erlebt, dass eine Legende zur Wahrheit wurde, denn der Atem des Bösen hatte ihn plötzlich gestreift. Da wusste er, was er zu tun hatte.
Niemand ahnte, welchen Verbündeten der Nebelmörder gehabt hatte.
Einen Mächtigen, einen Grausamen, einen Fürst der Finsternis, wie er oft genannt wurde.
Der Teufel!
Und der Dieb war davon fasziniert gewesen. Teufel und Satanskulte, Schwarze Messen, das war wie Balsam in der Einöde des Lebens. Die schwarzmagischen Kräfte konnten einen Menschen verzehren, ihn aber auch sehr, sehr glücklich machen.
Das letzte Stück der Strecke war mühsam zu überwinden. Sehr hoch wucherte das Unkraut. Wilde Büsche bildeten an mehreren Stellen natürliche Mauern, die der Mann erst durchbrechen musste.
Manchmal knackten die Zweige, wenn er sich hindurchwühlte.
Ehrfurcht vor den alten Grabsteinen kannte der Mann nicht. Er trat auf sie und stützte sich manchmal sogar an ihnen ab. Die Mauer sah er nicht, aber den Buschgürtel, der vor seinen Augen eine durchgehende Wand bildete.
Dort lag das Grab.
Der Nebel hatte sich nicht aufgelöst. Er lag hier ebenso dicht wie am Eingang des Friedhofes. Der Dieb holte wieder seine kleine Lampe hervor und schaltete sie ein.
Ein weißer Lichtfinger stach in die wallenden Wolken, fand seinen
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