0468 - Der Mordgötze
einmal. Er merkte, wie groß sein Kraftverbrauch war und daß er danach wieder ziemlich am Anfang stehen würde, aber er konnte jetzt nicht mehr zurück. Er baute die Bannfluch-Magie ab, und mehr und mehr von der hölzernen Hülle platzte von seinem Körper ab. Dann konnte er aus dem verbleibenden Rest einfach so hinaussteigen.
Freiheit!
Fast hätte er geschrien vor Freude. Wie lange war es her, daß er in diese Hülle verbannt worden war? Wie viele Jahrhunderte hatte er in dieser Gefangenschaft zubringen müssen, die ihn unendlich weit von seinem Volk fortgebracht hatte?
Xotopetl starrte die Frau an, die vor ihm in ihrem Sessel lag, den Kopf zur Seite geneigt und die Augen geschlossen. Auch ihre Kraft würde er noch nehmen, aber nicht in dieser Nacht. Dazu war er jetzt nicht mehr fähig. Jede Phase der Kraftaufnahme verlangte eine gewisse Ruhepause danach.
Aber die Lebensspenderin lief ihm ja nicht davon, wie auch die anderen nicht, die er in seinen Bann gezogen hatte. Sie alle würden sich ihm opfern. Und jedesmal würde er stärker werden, bis er wieder so sein würde wie einst, als man ihn verehrte auf den Spitzen der Pyramiden, wo die Priester ihre bluttriefenden Obsidianmesser schwangen und ihm mehr Lebenskraft anboten, als er jemals verwerten konnte.
Jetzt aber mußte er fort. Es war zu gefährlich, hierzubleiben. Er mußte verschwinden, denn wenn der Mann mit seiner magischen Waffe kam und ihn jetzt bar der Hülle entdeckte, nützte ihm auch die geistige Abschirmung nichts mehr. Dann war Xotopetl verloren. Er konnte es nicht riskieren, dieser Waffe zu trotzen. Und er war auch noch nicht stark genug, eine der Lebensspenderinnen zu seiner Verteidigung zu zwingen.
Er wäre es gewesen, wenn er sich nicht mühevoll aus dem Holz-Kokon befreit hätte… aber das hatte ihn all die Kraft gekostet, die er durch die letzte, unwahrscheinlich starke Lebensspenderin in sich aufgenommen hatte.
Xotopetl setzte sich in Bewegung.
Es war gut, sich endlich wieder den eigenen Beinen anvertrauen zu können. Er lief durch das Zimmer und durch die offenstehende Tür. Über einen Korridor… wieder eine Tür, aber die war verschlossen. Xotopetl verzog das Gesicht. Früher wäre alles viel einfacher gewesen. Jetzt mußte er sich noch einmal anstrengen, weitere Kraft vergeuden, um die verschlossene Tür zu öffnen.
Aber dann befand er sich plötzlich unter freiem Himmel.
Wie lange hatte er diesen Anblick vermissen müssen! Und die Sternbilder sahen ganz anders aus, als er sie von früher her kannte. Viel Zeit war vergangen seit dem Tag des Fluches…
Xotopetl ging.
Er hatte ein Ziel, dem er zustrebte, weil er hoffte, daß dort niemand mehr nach ihm suchen würde. Der Weg war lang und weit, aber die Dunkelheit schützte ihn, welche noch einige Zeit anhalten würde. Lange genug, um ihn unerkannt zu seinem Ziel zu bringen. Von dort aus konnte er dann sein weiteres Vorgehen planen.
Als er das Grundstück verließ, spürte er ein seltsames, unangenehmes Kribbeln, aber es konnte ihn nicht behindern.
Der Weitgereiste ging.
***
Fassungslos starrte Zamorra auf das sich ihm bietende Bild. Carlotta reglos im Sessel, und vor ihr Holzsplitter und schalenartige Fragmente…
Im ersten Moment durchzuckte ihn die Befürchtung, Carlotta sei tot. Dann trug er die Verantwortung für ihr Sterben, weil Zamorra und Nicole es gewesen waren, die diese Holzfigur, die schon einer anderen Frau den Tod gebracht hatte, nicht nur in dieses Haus geschleppt, sondern auch noch Carlotta in den Fall eingebunden hatten. Natürlich machte sie nicht ganz unfreiwillig mit - niemand hätte ihr einen Vorwurf gemacht, wenn sie sich geweigert hätte. Aber das hatte sie nicht getan, dafür war sie insgeheim viel zu neugierig. Trotzdem hätte ihr Tod nicht sein müssen. Ein weiterer Punkt wäre Ted Ewigks Reaktion. Schon einmal war eine Frau, die er sehr geliebt hatte, von einem Dämon getötet worden, und er hatte viele Jahre benötigt, um wieder engere Beziehungen zu Frauen knüpfen zu können. Einen zweiten Schicksalsschlag dieser Art würde er möglicherweise nicht verkraften. Vor allem nicht in seinem derzeitigen geschwächten Zustand…
Mit ein paar Schritten war Zamorra bei der schwarzhaarigen Römerin und tastete nach ihrem Puls. Das Herz schlug in beruhigendem Rhythmus, und es war auch keine äußerliche Verletzung zu sehen. Erleichtert atmete der Parapsychologe auf. Er weckte Carlotta. Erstaunt sah sie ihn an. »Ist es schon soweit? Ich bin doch erst
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