047 - Der Schlitzer aus dem Jenseits
einen Seite absoluter
Nonsens zu glauben, daß Jack the Ripper der Täter sein könnte - auf der anderen
Seite jedoch die absolute Perfektion, die nur Jack the Ripper kannte! Es gab viele
Nachfolger, viele grausame Menschen, die andere Menschen auf ähnliche Weise
ermordeten. Beachten Sie die Betonung, meine Herren: Ich sagte ähnliche Weise!
Ein Kunstkenner wird das wahre Werk eines Meisters immer von einer Kopie, von
einer Fälschung, unterscheiden können. Ich kann unter hundert erstochenen
Leichen diejenige herausfinden, die Jack the Ripper ermordete! Er stach anders
zu, dieser Mann durchschnitt die Kehlen anders und schlitzte seinen Opfern den
Bauch auf, wie es nicht kopiert werden kann. Dieses Scheusal war und ist für
mich der Inbegriff des absolut Bösen!“
Larry
schaltete sich ein. „Sie haben vorhin gesagt, daß die Person Jack the Rippers
immer ein Rätsel für Sie gewesen sei. Ist das nicht mehr der Fall?“
Der PSA-Agent
kannte die Geschichte des grausamen Mörders, der am Ende des letzten
Jahrhunderts die Nebelnächte Londons verunsicherte. In manchen Fällen schnitt
er sogar die Organe heraus und legte sie neben die ausgebluteten Körper.
Kriminologen ebenso wie Psychoanalytiker befaßten sich mit dem Phänomen Jack
the Ripper. Ein Wahnsinniger, ein Triebverbrecher? Keine Frage, die mit der
Person des Bauchaufschlitzers zusammenhing, war jemals beantwortet worden.
So
geheimnisvoll wie der Unheimliche aufgetaucht war, so verschwand er wieder aus
dem Nachtleben Londons, nachdem zahllose Frauen seine Opfer geworden waren.
„Leider ja“,
klang die Stimme des alten Breach auf. „Eine Zeitlang glaubte ich, der
Identität des roten Jack auf der Spur zu sein. Ich ging noch einmal -
fünfundzwanzig Jahre später nach seinem plötzlichen Verschwinden - allen Spuren
und Hinweisen nach. Eine Gruppe der Befragten behauptete, Jack the Ripper wäre
von einer Prostituierten, die er ermorden wollte, selbst umgebracht worden. Die
anderen wiederum wußten zu berichten, er wäre an einer schweren, unheilbaren
Krankheit gestorben, wieder andere erzählten, er wäre untergetaucht und würde
als angesehener Londoner Geschäftsmann ein einwandfreies Leben führen, nachdem
dieser Blutrausch unentdeckt geblieben war. Es hieß auch, er hätte Selbstmord
begangen, jemand wollte seine Leiche in der Themse gesehen haben. Dann kam da
eine Theorie auf, der auch ich ziemlich lange nachhing. In einem Vorort Londons
war ein Mord geschehen. Die Freundin eines Lords war umgekommen. Erstochen, auf
bestialische Weise. Man zählte über sechzig Messerstiche in der Leiche.
Scotland Yard war tagelang mit der Spurensicherung beschäftigt, und zum
erstenmal schien sich eine Fährte abzuzeichnen, die direkt zu Jack the Ripper
führte. In den Verhören tauchte der Verdacht auf, daß eventuell der Lord selbst
etwas mit dem Mord auf seinem Landsitz zu tun und Jack the Ripper zu dem
Verbrechen animiert hatte. Das war mal etwas anderes und durchaus im Bereich
des Möglichen. Leider verlief diese Spur im Sand. Man konnte dem Lord nichts
nachweisen. Nach diesem Mord in dem Vorort Londons blieb es still um Jack the
Ripper. Ich vermutete seinerzeit, daß der Mörder sich auf dem Landsitz des Lord
vielleicht verborgen hielt und daß er schließlich dort starb oder umgebracht
worden ist. Ich bin als junger Mann oft auf dem alten Familienfriedhof in
Chequers gewesen, und…“
Larry Brent
starrte auf Breach, als würde plötzlich ein Geist vor ihm stehen.
„Sagten Sie
Chequers, Sir?“ X-Ray-3 begegnete dem Blick des Alten. „Ja.“
Rasch war
erzählt, was sich dort ereignet hatte. Myriam Toynbees Begegnung mit einem
Phantom!
„Man braucht
nicht unbedingt diese Spukerscheinung mit dem Geschehen von damals in
Verbindung bringen - auch ein Faden zu den Mordfällen der letzten Nacht scheint
auf den ersten Blick nicht angebracht. Doch auf den zweiten Blick sieht das
alles schon ganz anders aus. Chequers, Jack the Ripper, die gräßlichen
Bluttaten, die Ihren eigenen Worten nach zu urteilen - nur von dem begangen
worden sein können, der auch vor rund achtzig Jahren mordete: von Jack the
Ripper! Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang eine Frage, Sir.“ Larry legte
eine kurze Sprechpause ein, ehe er fortfuhr. „Was halten Sie von übersinnlichen
Wahrnehmungen und von der Möglichkeit, Taten auch über das Grab hinaus fortzusetzen?“
Breachs
Antwort erfolgte wie aus der Pistole geschossen. „Ich war immer ein Skeptiker,
mein ganzes Leben lang.
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