0470 - Baphomeths Totenwächter
schien sich an der Hauswand festgeklammert zu haben. Zum Fluß hin trennte uns noch der breite Quai L’Hôtel de Ville.
Der Abbé hatte auch einen Parkplatz für seinen Wagen gefunden.
Er fuhr einen alten R4, dessen Farbe nicht mehr festzustellen war.
Auch zeigte das Auto zahlreiche Beulen, für Paris aber nichts Ungewöhnliches. Die Franzosen sehen dies nicht so eng.
Die Lücke war schmal. Bevor der Abbé aufschloß, sah er sich noch einmal um.
Auf der Straße befand sich niemand.
Nur in einer Hausecke drückte sich ein Pärchen herum und tat das, was ich jetzt auch lieber getan hätte. Aber man kann nicht alles haben.
Bloch stieg ein und öffnete mir die Beifahrertür. Ich klemmte mich in den engen Wagen und schnallte mich an. Die Türen hatten wir leise zugezogen.
»Wohin fahren wir eigentlich?« fragte ich und hatte meine Stimme unwillkürlich gesenkt.
»Wir müssen zum Fluß.«
»In der Nähe sind wir ja schon.«
Der Abbé nickte. »Da hast du recht, John, aber wir müssen bis dicht an das Ufer, und zwar in die Nähe einer bestimmten Brücke. Da muß es vorbeitreiben.«
»Ist das weit?«
»Nein.«
Endlich startete der Abbé. Ich schrak zusammen, als der Motor losorgelte. Er war auch nicht lauter als andere C4-Motoren, nur in der Stille der Nacht wirkte es störend.
Bloch bewies, daß er Auto fahren konnte, denn er rangierte geschickt aus der Parklücke. Über das holprige Pflaster der Straße huschten wir hinweg. Die Scheinwerfer gaben nur einen schmalen Lichtfluß. Wir blieben in dem Straßenwirrwarr am nördlichen Steinufer. Wer sich hier auskannte, mußte wirklich in Paris geboren sein oder zumindest seit zwanzig Jahren hier leben.
Eine Großstadt kann auch dunkel sein, das merkten wir. Und die Straßen waren ebenfalls nicht so leer, wie wir angenommen hatten.
Nur im letzten Augenblick sahen wir die düsteren Gestalten, die sich mitten auf der Fahrbahn aufhielten und nur widerwillig zur Seite traten, als wir uns ihnen näherten.
Der Abbé war sehr schweigsam. Ich stellte auch keine Fragen. Hin und wieder, wenn Licht in unseren Wagen fiel, warf ich ihm einen Blick zu und sah sein angespanntes Gesicht.
Bloch hatte es nicht leicht. Er war ein Rufer in der Weite der Wüste, gleichzeitig ein Sucher nach einem verlorenen Erbe und auch ein Gejagter. Als sich die Templer in zwei Gruppen teilten, da war das Haß bereits gesät worden.
Unvergessen war in meiner Erinnerung der 18. März 1314. Durch eine Zeitreise hatte ich erleben können, wie der große Anführer der damaligen Templer, Jaques Bernerad de Lolay auf der Ile de la Cite zur Hinrichtung geführt wurde. Er und zwei seiner Getreuen starben einen schrecklichen Tod, das war damals das offizielle Ende des Ordens gewesen.
Aber man irrte sich.
Die drei Großmeister hatten zu viele ihrer Geheimnisse mit ins Grab genommen. In den folgenden Jahren zeigte sich, welche Fehler Philipp der Schöne damals gemacht hatte, als er diese drei Männer hinrichten ließ.
Von den Schätzen des Ordens hatten er und der Papst, bei dem er sich Rückendeckung geholt hatte, kaum etwas gesehen, aber die Templer waren nun endgültig gespalten.
Viele hatten den Tod gefunden, aber zahlreichen unter ihnen war auch die Flucht gelungen.
Sowohl den Templern, die noch ihre alten Ideale verfolgten, als auch der Gruppe, die sich schon vorher dem Teufel Baphometh zugewandt hatte und ihn anbetete.
Die eine Gruppe jagte die andere, denn die Baphometh-Diener wußten, daß ihnen die Männer um Abbé Bloch gefährlich werden konnten.
In diesen Kreislauf war ich hineingeraten, denn einer meiner Vorfahren hatte ebenfalls zu den Templern gehört.
Hector de Valois!
Er war praktisch in mir wiedergeboren, und uns verknüpfte der Faden des Schicksals. Gerissen war er bisher noch nicht. Ich hoffte, daß dies auch so bleiben würde.
Die Ile de la Cite gab es noch immer. Sie war durch mehrere Bogenbrücken mit den Ufern verbunden, aber sie war heute nicht unser Ziel.
Am Quai de la Papee bogen wir ab. Nicht weit entfernt lagen zwei große Bahnhöfe. Auf unserer Seite, die ihre helle Flut in die Nacht hinausschickten.
Vor uns tauchte eine Kurve auf. Sehr eng war sie, und der R4 neigte sich beträchtlich, aber er kippte nicht um. Wir fuhren auf dem direkten Weg zum Fluß.
Schon jetzt sahen wir eine Brücke. Sie war aus Stein gebaut, und ich fragte den Abbé noch einmal. »Ist sie unser Ziel?«
»Ja.«
»Wie heißt die Brücke?«
»Pont d’Austerlitz.«
Der Abbé suchte bereits
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