0471 - Schandturm der Templer
Alet-les-Bains?«
»So ist es.«
»Aber was sollen wir dort?«
»Es ist unsere Welt. Dort hat vieles seinen Anfang genommen. Ich will bei Hector de Valois bleiben.«
»Er lebt nicht mehr.«
»Aber sein Skelett befindet sich in der Kathedrale der Angst. Dort herrschen andere Gesetze.«
Henri fragte: »Geben wir Paris dann auf?«
»Vorerst ja.«
Abbé Bloch führte die Templer an. Er war ein Großmeister des Ordens. Was er anordnete, das hatte zu geschehen, und so widersprachen seine Freunde auch nicht.
Sie mußten aus dieser Ecke raus und eine Ausfallstraße in Richtung Süden erreichen.
Noch kurvten sie durch einen Bezirk, in dem nicht gerade die reichsten Menschen wohnten. Es gab keine breiten Boulevards, nur ziemlich enge Straßen, und auch die eingeschalteten Laternen waren nicht zahlreich vertreten.
Ein dunkles Paris, das jedoch mit einemmal erhellt wurde, denn ihnen kam ein schwerer Wagen entgegen. Und dessen Fahrer hatte das Fernlicht eingeschaltet.
»Ich kann nichts mehr sehen!« rief der blonde Henri, trat auf die Bremse und riß eine Hand vor seine Augen, um sich vor dem Licht zu schützen.
Dabei verriß er das Lenkrad. Hinzu kam die Feuchtigkeit auf dem Pflaster, wo die Reifen nicht mehr den Halt fanden, den sie gebraucht hätten.
Mit dem Heck zuerst rutschte der R 4 nach links. Diese Kraft schob ihn weiter, direkt mit der schon leicht demolierten Kühlerfront auf einen Laternenpfosten zu.
Er prallte dagegen.
Zuerst sah es so aus, als wollte sich die Laterne vor dem kleinen Wagen verbeugen, dann löste sich die Kuppel, fiel herab und landete krachend auf dem Dach des Wagens, wo sie zersplitterte.
Henri fluchte. Er wollte aussteigen, als die Tür bereits von außen aufgerissen wurde.
Hinter der Mündung einer Waffe starrte ihn das flache Gesicht eines Mannes an.
Auch an der Rückseite riß jemand die Tür auf. Hier erschien ebenfalls ein Waffenlauf. Überlang, wie auch der an der Vorderseite. So sahen Revolver aus, die einen Schalldämpfer trugen. Wer mit diesen Waffen hantierte, der wollte auch töten.
Zweimal erklang das Geräusch, das sich anhörte, als hätte jemand eine Champagnerflasche geöffnet.
Zwei Menschen sanken auf ihren Sitzen zusammen. Und der Abbé saß vor Grauen steif.
Er konnte sich nicht rühren, weil er das Schreckliche noch nicht begriffen hatte.
Der Killer, der Henri erschossen hatte, lief um den Wagen herum und riß die Fahrertür auf. Er preßte dem Abbé die Waffe gegen die rechte Wange und sagte nur: »Steig aus!«
Bloch gehorchte. Wie in Trance bewegte er sich, löste den Gurt und schwang sich aus dem Wagen, stets verfolgt von der schallgedämpften Mündung.
Der Killer faßte ihn mit einem Klammergriff im Nacken an. Zwei Handbreiten darunter drückte er dem Abbé die Mündung der Waffe ins Kreuz. Er dirigierte ihn dorthin, wo ein großer schwarzer Wagen stand, bei dem jetzt wieder das Abblendlicht eingeschaltet worden war.
Abbé Bloch wurde in den Fond geschoben. Die Tür knallte zu. Erst jetzt erwachte der Templer aus seiner Erstarrung, senkte den Kopf und schüttelte ihn, als könnte er dieses gewaltige Grauen einfach nicht begreifen.
Er nahm nicht einmal den Mann wahr, der ebenfalls im Fond hockte und dem Fahrer ein Handzeichen gab, endlich zu starten.
Erst als der Wagen anrollte, meldete er sich. »Hallo, Abbé Bloch. So sehen wir uns wieder…«
Der Templer nickte, und er gab eine Antwort, wie sie nur höchst selten aus seinem Munde kam.
»Van Akkeren, Sie sind ein verdammter Bastard!«
***
Die Welt hatte uns wieder!
Eine normale Welt, die dennoch nicht so normal war, denn wir befanden uns in der Vergangenheit.
Ich wußte nicht, in welch einem Jahrhundert, aber es war kein Winter, das spürte ich an der lauen Luft, die mich umfächerte.
»Manchmal erlebt man eben Dinge, die darf man nicht erzählen, ohne von anderen verrückt gehalten zu werden«, hörte ich Sukos Stimme, drehte mich um und schaute in sein verwundert aussehendes Gesicht.
»Ja, das stimmt wohl.«
»Hat man auch mit dir gesprochen, John?«
Ich nickte.
»Dann weißt du ja, was wir zu tun haben.«
»Nichts weiß ich, gar nichts.«
»Doch! Zurück in die Zukunft.«
»Leider sind wir nicht im Kino.« Ich holte tief Luft, die wunderbar nach Gewürzen schmeckte und für meine Lunge wie ein Labsal war. »Wir müssen einen alten Fluch löschen und die Schandtürme der Templer finden.«
Suko hob die Schultern. »Dann machen wir uns mal auf die Suche. Vielleicht finden wir auch
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