0471 - Schandturm der Templer
Nachtluft hinein und bemerkte aus dem rechten Augenwinkel den Schein, der sich über den Himmel gelegt hatte.
Ein roter Schein.
Ähnlich wie Blut…
Obwohl sie es eilig hatte, stoppte sie ihre Schritte. Ihr Atem ging heftig. Schweiß bedeckte ihre Haut, er vermischte sich mit dem Schauer, und Dominique drehte sich langsam um. Vor ihren Augen wurde es manchmal schwarz. Die Aufregungen der letzten Minuten und der hastige Lauf sorgten dafür.
Dann legte sie den Kopf in den Nacken. Ihr Herz schlug viel schneller. Eine Hand preßte sie unter die linke Brust, und sie sah das mächtige Zeichen zwischen den Türmen.
Ein gewaltiges T!
So groß wie die Schandtürme, dabei so rot wie die Farbe des Blutes.
Das T der Templer!
Bisher hatte sie davon nur gehört. Wenn die Menschen aus dem Ort die schlimmen Geschichten erzählten, hatte sie oft genug den Worten gelauscht. Dabei hatte sie sich gefürchtet. Die Angst war stets in ihren Körper gekrochen, doch nie hatte sie dieses Gefühl so stark gespürt wie jetzt.
Schrecklicher hatte sie sich das Zeichen nicht vorstellen können. Es stand zwar sehr klar in der Luft, trotzdem tat sich etwas in seinen Umrissen. Die Konturen waren nicht so scharf. An dem Buchstaben liefen dicke Tropfen herab, als hätte ein großer Pinsel erst vor kurzem das Zeichen gemalt, wobei die Farbe noch trocknen mußte.
Als Kind hatte sie bei schrecklichen Zeichen stets ein Kreuzzeichen geschlagen. Danach war es ihr jedesmal besser ergangen, da hatte sich das Gefühl der Furcht zurückgezogen.
Nicht so in dieser Nacht!
Außerdem fürchtete sie sich davor, das Zeichen zu schlagen. Sie hatte Schuld auf sich geladen und war dem Dämon Baphometh gefolgt. Dominique steckte in einem Zwiespalt.
Sie wußte auch, daß die Männer und Frauen aus dem Dorf das Zeichen sehen würden. Auch sie verspürten Furcht, das wußte Dominique, doch sie konnten sich auch wehren und dem Grauen entgegentreten.
Sie ging zurück und streckte dabei abwehrend ihre Arme aus. Doch sie hatte gleichzeitig, ohne es zu wissen, einen schweren Fehler begangen. Dominique spürte ihn erst, als jemand seine Hand auf ihre Schulter legte und das Mädchen nach rechts drückte.
Sie schrie.
Der Laut hallte über den Burghof und übertönte gleichzeitig die schweren Schritte der anderen. Wie aus dem Nichts waren sie plötzlich da und kreisten Dominique ein.
Vielleicht hätte sie noch eine Chance zur Flucht gehabt. Jetzt war es zu spät.
Die Angst überschwemmte sie. Das Zittern rann durch ihre Knochen. Dominique schaute nach vorn und auch zur Seite. Sie suchte nach einem Ausweg, aber sie standen da wie ein Ring aus Steinen.
Sie hatten Fackeln mitgebracht, zündeten sie an, so daß die tanzenden Feuer aus ihren starren Gesichtern böse Fratzen machten.
»Was wollt ihr?« schrie Dominique. »Was wollt ihr denn von mir?« Sie deutete schräg in die Höhe.
»Seht ihr nicht, was sich dort abspielt? Da ist das Zeichen. Das T für die Templer. Sie sind eure Feinde, nur sie allein. Nicht ich!«
Man ließ Dominique nicht mehr weitersprechen. Zu dritt stürzten sie sich auf sie.
Das Mädchen leistete nicht einmal Widerstand. Es war einfach sinnlos. Sie sah noch die Arme, die zahlreichen Hände und spürte die ersten brutalen Schläge.
Dann brach sie zusammen.
Dabei schrie sie nicht einmal. Sie wußte, daß es vorbei war und daß sie diesmal verloren hatte.
Es waren nur wenige, die sich um Dominique kümmerten. Die anderen Männer drangen in das Schloß ein, um sich ihrer weiteren Aufgabe zu widmen…
***
Zuerst war es die Kühle, die wie lange, streichelnde Finger in mein Gesicht fuhr und dafür sorgte, daß ich aus der dumpfen und tiefen Bewußtlosigkeit wieder erwachte.
Zwinkernd und zögernd öffnete ich die Augen, spürte die Schmerzen im Kopf und wußte nicht, wo sich das Zentrum befand, denn alles brannte. Von der Stirn bis zum Hinterkopf.
Ich stöhnte, wollte mich dennoch bewegen und stellte fest, daß es nicht ging.
Ich hing fest!
Zunächst blieb ich ruhig. Die Ruhe war wichtig. Nur so konnte ich mich konzentrieren und mich mit meiner bescheidenen Lage befassen. Ich hatte Kontakt zum Boden, aber hinter mir und eng gegen den Rücken gepreßt, spürte ich einen gewissen Widerstand.
Was konnte das sein?
Ich dachte nach, was mir allerdings schwerfiel, denn hinter der Stirnplatte spielten sich Szenen ab, die mir das Wasser in die Augen trieben. Es war ein bohrender, hämmernder und zuckender Schmerz, der auch die Ohren erreichte.
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