0471 - Schandturm der Templer
Pferde oder waren zu Fuß. Einige von ihnen hielten brennende Fackeln in den Händen.
Wenn diese bewegt wurden, zeichnete der Feuerschein einen roten Hauch durch die Schwärze der Finsternis.
Einige starrten zu uns hoch, schrieen und winkten.
Aus dem Hintergrund ritten drei Reiter herbei. Womit sie bewaffnet waren, konnte ich nur raten, aber ihren Haltungen war zu entnehmen, daß sie Bögen trugen und die Sehnen auch gespannt hielten. Also lagen Pfeile darauf.
Sie schossen, sobald sie den besten Schußwinkel erreichten.
Die Pfeile sah ich erst später, als sie fast die Burgmauer erreicht hatten und regelrecht darüberhinwegflogen.
Ich verkrampfte mich. Suko mußte es ähnlich ergehen. Dominique aber reagierte durch einen lauten Schrei.
Die Pfeile trafen nicht. Ich hörte das Ratschen, wenn sie mit ihren Spitzen gegen das Gestein prallten.
Einer zupfte am Stoff meines rechten Hosenbeins, besaß aber nicht mehr genügend Schwung, um hindurchzufahren und mich zu verletzen.
Die konnten uns nicht gefährlich werden.
Sie schossen noch einmal. Ein Pfeil flog zwischen Dominique und mir hindurch, ein anderer traf über meinem Kopf den Pfahl, der mich hielt.
Dann war auch die zweite Angriffswelle vorbei. Ich sprach das Mädchen mit lauter Stimme an und mußte mehrmals rufen, bevor es überhaupt reagierte und den Kopf wandte.
»Ihr hättet fliehen sollen!« schrie sie mir zu. »Jetzt werdet ihr auch sterben.«
»Wer will uns töten?«
»Baphomeths Rache!«
»Nicht die Menschen aus Belpech?«
»Nein, doch ja«, verbesserte sie sich. »Sie schauen nur zu. Sie wissen ja Bescheid, was sich hier abgespielt hat.«
»Wo sind die Ritter?«
»Ich weiß es nicht mehr. Sie haben doch in den Gebetsstühlen gesessen.«
»Nein, sie erwachten wieder zum Leben. Sie konnten ihre Stühle verlassen. Es sind Zombies geworden.«
»Was ist das?«
»Lebende Tote!«
Dominique schwieg. Wahrscheinlich hatte meine Antwort sie regelrecht geschockt.
Die vier untoten Ritter waren unsere Feinde. Gleichzeitig auch ein Hoffnungsschimmer. Da sie lebten, hatten sie eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen. Ich wünschte mir, daß sie in einem unmittelbaren Zusammenhang zu uns stand, schließlich hatten ihre Geister uns geholt, und die Körper waren aus der Kapelle in Soho geflohen.
Ich dachte darüber nach, wie sie dort wohl hineingekommen waren, als Tote oder Untote. Da war noch vieles unklar, aber man ließ mir keine Zeit, die Gedanken weiter zu verfolgen, denn ein bekanntes Geräusch klang in meiner Nähe auf.
Ich hatte es schon einmal gehört, als sich die Gefahr uns sehr genähert hatte.
Jetzt war dieses hohl klingende Pfeifen wieder da.
Und da sah ich ihn.
Es war der Kopf des Verräters!
***
Er war wieder sehr schnell und umkreiste uns wie ein Planet die Sonne. Ausgerechnet jetzt hatte ich nicht die Hände frei. Dieser verdammte Schädel konnte mit uns machen, was er wollte.
Ich verfolgte ihn, so gut es ging.
Abrupt stoppte er, dabei blieb er in der breiten Lücke zwischen Dominique und mir stehen. So weit über dem Boden, daß er sich in Gesichtshöhe befand und wir ihn sehr gut erkennen konnten.
Ein verzerrtes Gesicht, ein halb geöffneter Mund, fratzenhaft und widerlich der Anblick. Graues Haar, verfilzt, verdreckt und von innen grünlichrot leuchtend.
Es war ein Monsterschädel, kein Schrumpfkopf, aber mit Höllenfeuer getauft.
Ich blickte an ihm vorbei auf Dominique. Das Mädchen verging fast vor Angst. Sie hatte sich jahrelang vor diesem Anblick gefürchtet, und jetzt war sie wehrlos.
Der Schädel schien darüber nachzudenken, wen von uns er zuerst angreifen sollte.
Auch von den im Burghof befindlichen Menschen mußte er gesehen worden sein. Entsprechende Kommentare und Rufe ließen darauf schließen.
Dann passierte es.
Der Schädel schüttelte sich, drehte sich um die eigene Achse, und noch immer war nicht klar, wen er sich ausgesucht hatte.
Bis er Kurs auf Dominique nahm.
Sekunden später begann das Grauen!
***
Ich habe schon viel in meinem Leben gesehen und erlebt. Aber diese Momente werde ich nie vergessen. Die Tat an sich war schon fürchterlich, und als ebenso schlimm empfand ich die Tatsache, daß ich in der Nähe stand, gefesselt war und nicht eingreifen konnte.
Der Schädel übte eine schreckliche Rache. Ausgerechnet an dem Menschen, der ihm nichts getan hatte.
»Nicht!« brüllte ich. »Verdammt, komm zu mir! Ich werde dich…« Meine Stimme erstickte, als ich sah, wie sich Dominique wand, trotzdem
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