0471 - Schandturm der Templer
nicht mehr. Er hatte genug gerufen. Wurden die Schmerzen zu stark, zuckten hin und wieder seine Mundwinkel.
Der Gang war eng und lang. Auch nicht eben. Manchmal stieg er an, dann fiel er wieder ab. Auf solchen Strecken rollte die Kugel vor. De Floyran wurde mehr als einmal an der Hacke getroffen.
Sie passierten einige Türen, hinter denen die Kammern für Gefangene lagen. Manche Türen waren aus dicken Holzbohlen gezimmert worden, andere bestanden zur Hälfte aus Eisengittern. In den Räumen zwischen den Stäben sah de Floyran manchmal die Gesichter der Gezeichneten. Sie wirkten mehr tot als lebendig.
Sein Verlies lag ziemlich am Ende des Ganges, wo die Decke bereits niedriger wurde und der Gestank von Fäkalien sich gesammelt hatte. Spinnweben zitterten in der Luft und strichen auch durch die Gesichter der Männer. Keiner von ihnen bemerkte dies.
Einer der Soldaten schloß die Tür auf. In den rostigen Angeln knarrte es, als sie aufgedrückt wurde.
Faulig riechende Luft strömte de Floyran entgegen. Harte Fäuste umklammerten seine Schultern und drückten ihn nach vorn. Sie warfen ihn wie einen Hund ins Verlies. Schon bald klebte fauliges Stroh an den Lumpen, die er am Körper trug.
Ein hartes Lachen begleitete das Schließen der Tür, dann ließen Sie ihn allein.
Esquin de Floyran lag auf dem kalten Steinboden und rührte sich nicht. Er starrte gegen die Decke, die sich über ihm als graues Schmutzviereck abmalte. Durch seinen Kopf strömten zahlreiche Gedanken, die er nicht richtig einsortieren konnte, aber er war davon überzeugt, nicht mehr auf der Streckbank zu liegen, obwohl er sich manchmal so vorkam, wenn er an seine schmerzenden Gelenke dachte.
Fackeln brannten nicht. Durch ein schmales Gitterfenster unter der Decke sickerte graues Licht. Es reichte aus, um das Verlies einigermaßen auszufüllen.
»Tag!« flüsterte der Gefangene. »Es ist Tag…« Er konnte es kaum glauben, denn in der langen Zeit hier im Schloß hatte er nie gewußt, ob es Tag oder Nacht war. Außerdem hatte die Folterkammer kein Fenster besessen.
De Floyran drehte den Kopf und lächelte. Er freute sich darüber. In seiner Lage nahm man den kleinsten Hoffnungsschimmer auf. Zunächst einmal blieb er liegen. Es ging ihm zwar nicht viel besser, aber sie kamen nicht mehr, um ihn zu foltern. Das war schon viel wert. Der Steinboden war kalt. Die Feuchtigkeit drang durch seine dünnen Lumpen, erreichte die Haut und ließ ihn zittern.
Irgendwann, der Zeitbegriff war ihm verlorengegangen, fand er dann die Kraft, sich zu setzen. Er mußte sich umschauen. Vielleicht gab es irgendwo ein Lager aus muffigem Stroh. Unter dem Fenster hatten sie das Stroh zusammengekehrt. Dort fand er tatsächlich so etwas wie ein Lager, und so kroch er hin.
Er konnte nur kriechen. Die Kugel schleifte er dabei hinter sich her. Der Mann hörte das Rollen des schweren Eisenstücks, das erst zur Ruhe kam, als er sein Lager erreichte.
De Floyran wälzte sich herum und lag auf dem Stroh. Es stank erbärmlich, aber es war wenigstens weich und auch nicht so kalt wie der Steinboden.
Auf dem Rücken blieb er liegen. Die Arme lagen auf seinem Bauch. Beide Gelenke waren mit der Kette verbunden, die ihm nur einen kleinen Spielraum ließ.
Sie war so kurz, daß er seine Arme nicht ausbreiten konnte. Das wollte er auch nicht. Er wollte schlafen, sich erholen. Da sie ihn aus der Folterkammer herausgeholt hatten, mußten sie etwas mit ihm vorhaben. Vielleicht hatten sie sich endlich überlegt, wie wichtig seine Aussagen gewesen waren.
Mühsam drehte er den Kopf zur Seite und schaute auf die Tür. Daneben bewegte sich plötzlich etwas. Zuerst hatte er das dunkle Halbrund vor der Wand für einen Fleck gehalten.
Nun richtete sich dort ein Schatten auf.
Nein, ein Mensch.
Und der sprach Floyran an. »Hat man Euch auch so mild behandelt wie mich, Monsieur?«
***
Esquin de Floyran sagte zunächst einmal nichts. Er blieb starr liegen, schaute auf seinen Leidensgenossen, atmete und röchelte in einem. Die Überraschung war gelungen.
»Wer… seid Ihr, Monsieur?«
»Ein armes Schwein wie Ihr. Aber lassen wir die Förmlichkeiten weg. Ich heiße Bertrand.«
»Und ich bin Esquin.«
»Gut, mein Freund, gut.« Bertrand lachte. »Wie lange, glaubst du, kannst du noch das Tageslicht sehen?«
»Ich weiß es nicht.«
»So lange, bis man dich holt. Und daß sie kommen werden, daran gibt es keinen Zweifel.«
»Was machen sie dann mit uns?«
Bertrand lachte kichernd. Dazwischen
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