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0473 - Botin des Unheils

0473 - Botin des Unheils

Titel: 0473 - Botin des Unheils Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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verantwortlichen Chefarzt deshalb zur Brust. Der hatte ursprünglich Anweisung gegeben, daß überhaupt niemand mit Enrique Landemon sprechen durfte. Auf dem Korridor hatte er Zamorra angebrüllt.
    »Mein lieber Doktor Clarendon«, säuselte Zamorra ihm entgegen. »Sie haben zum letzten Mal andere Menschen angebrüllt. Beim nächstenmal sorge ich dafür, daß man Sie aus Ihrem Sessel hebt, weil Sie Argumente mit Lauststärke verwechseln und mit dieser Lautstärke Ihren Patienten sicher keine Ruhe verschaffen… Brüllen ist ein Charakterfehler, und Menschen mit Charakterfehlern sollten in Krankenhäusern nicht in verantwortlicher Stellung beschäftigt werden…«
    Dr. Clarendon hatte gedroht, Zamorra von der Polizei entfernen zu lassen wie ein lästiges Insekt.
    Er hatte dabei übersehen, daß Zamorra bei der Polizei von Roanne einflußreiche Freunde hatte, weil er für diese Freunde schon oft verzwickte Kriminalfälle gelöst hatte - inoffiziell, unter der Hand, weil man »Dämonenjagd«, in kein Protokoll schreiben durfte, ohne vom Innenminister schallend ausgelacht und gefeuert zu werden.
    In ärztliche Befugnisse, Krankenhäuser und deren Befugnisse betreffend, hätten Zamoras Freunde allerdings auch nicht eingegriffen, aber allein die Erwähnung reichte aus, daß Dr. Clarendon sich vom weißen Götterthron herab in die Gefilde der Sterblichen begab.
    »Zehn Minuten«, hatte dann die Stationsschwester bedeutungsvoll gemurmelt, aber nach einer halben Stunde spielte sie immer noch nicht Zerberus. Offenbar hatte Dr. Clarendon einen Schattensprung getan, sie beiseite genommen und Zamorra eine Schonzeit eingeräumt.
    Enrique Landemon war hellwach und topfit. Er klagte nicht mal über Kopfschmerzen und Übelkeit, obgleich er eigentlich querkant über dem Eimer hätte hängen müssen, wenn Zamorra den Mann und seinen Alkoholkonsum richtig einschätzte; auch in zwei oder vielleicht drei Wochen gewöhnte man sich nicht derart an das hochprozentige Teufelszeug, daß man solche Mengen klaglos vertrug und sich auch noch nach mehr als einer halben Flasche Schnaps ohne sprachliche und gedankliche Probleme mit anderen Menschen unterhalten konnte.
    Landemon lag in seinem Bett wie ein kleines Häufchen Elend. Unter der weißen Decke schaute nur ein blasses Gesicht hervor. Aus unglaublich kleinen Augen sah der Förster Zamorra an.
    »Wer?« fragte Zamorra trocken.
    Enrique Landemon runzelte die Brauen. »Was meinst du Zamorra?«
    »Ich meine, daß du ganz gewaltigen Mist gebaut hast, Förster«, sagte Zamorra. »Warum willst du dich unbedingt selbst zerstören?«
    »Wovon redest du?«
    Zamorra wurde deutlicher. Er rief Landemon sein mehrtägiges Fehlverhalten vor Augen. Landemon seufzte.
    »Du hast leicht reden, Zamorra«, murmelte er. »Du steckst in einer festen und krisensicheren Beziehung. Aber…«
    »Wer ist die Rothaarige?« wollte Zamorra wissen.
    »Woher kennst du ihre Haarfarbe?« stieß Landemon hervor.
    Zamorra grinste ihn fröhlich an. »Erzähle ich dir bei einer Tasse Kaffee im Château. Wer ist sie? Oder willst du es mir nicht sagen? Nur kann ich dir dann nicht helfen.«
    »Warum willst du mir überhaupt helfen?« fragte Landemon. »Dich geht das doch alles gar nichts an. Du bist ein Dämonenjäger, Professor!«
    »Eben deshalb«, geruhte Professor Zamorra ihn zu erschrecken.
    Landemon wurde noch etwas blasser. »Du meinst…?«
    »Ich will nur Fakten, Mann«, sagte Zamorra. Er griff nach der Hand des Patienten, die seitlich unter der Decke des Bettes hervor ragte, auf dessen Kante Zamorra sich locker niedergelassen hatte. Im gleichen Moment tauchte Dr. Clarendons Zerberus in Gestalt der Stationsschwester auf. »Die zehn Minuten sind um…«
    »Raus!« kreischte Landemon auf. »Raus, oder ich vergesse mich!«
    Die Tür flog zu.
    »Du frühstückst ja schon wieder verdammt fit«, stellte Zamorra fest. »Hast du mal daran gedacht, daß du mit einer akuten Alkoholvergiftung hier eingeliefert wurdest und Gevatter Tod wohl eher zufällig von der Schippe gesprungen bist…«
    »Ich weiß, daß du mich gerettet hast«, sagte Landemon zu Zamorras Verblüffung. Woher wußte der Mann das? Zamorra selbst hatte kein Aufheben darüber gemacht, und er wußte, daß auch sonst keiner der Anwesenden darüber gesprochen hatte; ganz gleich, zu wem. Und Landemon selbst war ohne Besinnung gewesen. Er konnte nicht wissen, was er wußte…
    Trotzdem wußte er es!
    Ein Beweis mehr für Zamorra, daß hier etwas nicht mit rechten Dingen

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