0473 - Botin des Unheils
zuging!
»Du hättest mich besser abkratzen lassen, Mann«, sagte Landemon jetzt. »Dann wäre mir viel erspart geblieben. Aber du Trottel mußtst mich ja unbedingt retten, und nun geht der ganze Scheiß schon wieder los…«
Ein »Dankeschön« hat Zamorra nicht erwartet. So etwas machte ihn immer ein bißchen verlegen, weil es für ihn einfach selbstverständlich war, zu helfen, wo andere sich schulterzuckend abwandten und meinten, das sei doch nicht ihre Sache oder es sei doch ohnehin zu spät, noch etwas zu tun. Bestes Beispiel waren die Leute in Mostaches Wirtschaft gewesen, die statt des bestellten Rettungswagens bereits den Bestatter alarmiert sehen wollten. Wenn es nach ihnen gegangen wäre, befände sich Landemon jetzt in einem Zinksarg statt in einem Krankenhausbett.
Dabei empfand Zamorra nicht einmal Genugtuung. Er hat etwas geschafft, okay. Warum sollte er sich darüber weitere Gedanken machen?
Aber Gedanken machte er sich darüber, daß Landemon sterben wollte. »Warum, Mann?« fragte er. »Selbst in der beschissensten Situation gibt’s immer wieder irgendeine Kleinigkeit zum Lachen, und allein um die zu genießen, lohnte sich, zu leben! Und -Enrique, willst du deinem Feind wirklich den Triumph gönnen, daß du tot bist? Mann, hast du eigentlich überhaupt keinen Ehrgeiz?«
Landemon schluckte.
»Den habe ich verloren«, murmelte er. »Es bringt doch alles nichts mehr… was nützt denn noch der sogenannte Ehrgeiz, wenn du von vornherein weißt, daß alles, was du anpackst, schiefgeht? Hast du schon mal was von ›Murphy’s Gesetz‹ gehört?«
Zamorra nickte. »Alles, was schiefgehen kann, geht auch schief und das Frühstücksbrötchen fällt garantiert immer mit der Marmeladenseite nach unten auf den Flockati-Teppich«, faßte er dieses ›Gesetz‹ zusammen. »Und du glaubst nun, daß das bei dir voll zuschlägt, Enrique?«
»Ich weiß es doch. Schau mich an -hier liege ich. Ich bring’s doch nicht mal fertig, mich mit dem Schnaps umzubringen, weil zur Not auch noch einer wie du daher kommt und mich rettet…«
»Willst du mir nicht erzählen, was deine Probleme sind?« fragte Zamorra. »Vielleicht hilft es dir schon, darüber zu reden und vielleicht gibt es auch eine Lösung. Hat es etwas mit dieser Rothaarigen zu tun?«
»Ich bin mir nicht sicher«, gestand Landemon. »Aber auf jeden Fall ging die Pechsträhne los, als ich sie kennenlernte. Schau dir meinen Fuß an -kannst du dir vorstellen, daß man sich beim Gewehrreinigen dermaßen dämlich anstellt? Eine Kugel in den Kopf jagen, das schon eher, wenn man so blöd ist, einen Blick in den Lauf zu tun und noch ’ne Patrone drinsteckt… aber in den Fuß? Gestern… war doch gestern, oder habe ich mehr als 24 Stunden geschlafen? Da kracht mir so ein Trottel in den Wagen, haut ab, und ich kann ihn nicht mal anzeigen, weil ich selbst mit ’ner Menge Promille am Lenkrad saß. Sein Kennzeichen habe ich mir auch nicht merken können, weil ich zu beduselt war und alles zu schnell ging, also bleibe ich auf meinem Schaden sitzen…«
»Aber ein paar Tage vorher bist du noch nach Feurs gefahren und hast dir da Schnaps gekauft«, hielt Zamorra ihm vor. »Ist dir klar, daß du da ebenso einen Unfall hättest bauen können? Sei froh, wenn der Wagen ein Schrotthaufen ist. Dann kommst du wenigstens vorläufig nicht mehr in Versuchung, dich alkoholisiert ans Lenkrad zu setzen… und einen anderen Wagen wirst du später ja wohl noch finden.«
»Und wovon bezahlen? Ich habe ja kaum noch genug Geld, um die nächsten Wochen hinter mich zu bringen. Den Krankenhausaufenthalt kann ich jedenfalls schon mal nicht bezahlen.«
»Bist du etwa nicht versichert?« stieß Zamorra entgeistert hervor. »Mann, du bist ein Beamter!«
»Gewesen… man hat mich suspendiert.«
»Weshalb? Das geht doch auch nicht so von heute auf morgen…«
»Ich mag nicht drüber reden«, brummte Landemon. »Ich habe da ein wenig Mist gebaut und Pech gehabt… und nun habe ich den Salat. Du glaubst doch nicht im Ernst, daß mir noch einer ’nen Job gibt… mir bleibt höchstens, als Schiffsjunge auf einem Kohle- oder Bananenfrachter in Marseille anzuheuern oder zur Legion zu gehen, und beides ist nicht meine Welt. Verdammt, Zamorra, warum hast du mich gestern nicht in der Kneipe liegengelassen?«
»Du bist ein Idiot«, stellte Zamorra fest. »Ich weiß zwar nicht, was du verbockt hast, wenn du es mir nicht sagen willst, und ich schätze, ich will es auch gar nicht wissen, aber
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