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0473 - Botin des Unheils

0473 - Botin des Unheils

Titel: 0473 - Botin des Unheils Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Fenrir sich neuerdings orientierte, wollte er keine Erkältung riskieren, indem er mit durchnäßter Kleidung im windigen Regenwetter vielleicht stundenlang zu Fuß in der Landschaft unterwegs war. Das war ihm die Sache nun doch nicht wert.
    Er fragte sich nur, weshalb Nicole eine Verbindung zwischen jenen beiden rätselhaften Frauenfiguren zu sehen glaubte. Weiblicher Instinkt?
    Oder spielte da noch etwas mit, von dem sie beide nichts ahnten…?
    »Nun gut«, brummte Zamorra. »Fenrir wird ja irgendwann mal wieder hier aufkreuzen, und wenn dann die Wetterlage besser ist, werde ich ihm folgen oder ihn begleiten - und ich hoffe ja, daß er uns seinen neuen Unterschlupf auch von sich aus bekanntgibt.«
    ***
    Aubenas, 1982:
    Diesmal hatte es länger gedauert, bis Noami Varese es wieder riskierte, eine Beziehung zu einem anderen Menschen einzugehen. Ganze fünf Jahre, in denen sie zurückgezogen gelebt hatte und jeden Kontakt mit anderen Mensehen mied. Abermals war sie umgezogen, weiter nach Norden, in einen mittelgroßen Ort, in dem sie niemand kannte und in dem sie auch keinen Grund hatte, sich von jemandem »entdecken« zu lassen. Eine anonyme Großstadtwohnung wäre ihr noch lieber gewesen, Paris, oder Lyon, wo niemand sich um den anderen kümmerte, Einzelpersonen, die in ihren Wohnungen verstarben, monate- oder jahrelang nicht gefunden wurden. Aber die großen Städte waren laut und behagten ihr nicht, denn sie suchte die Ruhe, um sich ihren allmählich versponnen werdenden Gedanken hinzugeben. Außerdem waren diese Großstadtwohnungen unbezahlbar. Da Naomi menschenscheu war, fand sie nur schlecht Arbeit und besaß deshalb auch stets nur recht wenig Geld. Es reichte gerade so zum Leben. Hin und wieder malte sie Bilder, von denen sie einige verkaufte - schwermütige Bilder, die auf eine zerrissene Psyche hindeuteten. Aber nur wenigen gefielen diese Bilder so, daß sie sie sich an die Wand hängen wollten, und so zerstörte Naomi den unverkäuflichen Rest immer bald wieder; sie selbst konnte mit diesen Bildern nichts anfangen, sobald der letzte Pinselstrich getan war. Dann hatte sie jeweils einen Gemütszustand verarbeitet und konnte und wollte sich kein zweites Mal hineinversetzen. Irgendwann begann sie dann aber wieder mit einem neuen Bild - und wieder war es die gleiche Thematik, der gleiche Hintergrund, die gleiche innere Destrukivität.
    Mit der Zeit, das begriff sie, würde sie sich auf diese Weise zugrunderichten. Die Einsamkeit behagte ihr nicht. Körperlich wie geistig wurde sie ausgezehrt, und sie fand keine neue Kraft, weil es niemanden gab, der ihr diese Kraft schenken konnte - es durfte niemanden geben. Sie waren nicht sicher, ob der Fluch nicht immer noch wirkte, und sie wollte es nicht darauf ankommen lassen. Doch vor der einzigen brauchbaren Alternative schreckte sie ebenfalls zurück: vor dem Selbstmord.
    Doch dann war da jemand. Sie wollte ihm gar nicht begegnen an jenem regnerischen Abend, sie wich ihm aus auf den gegenüberliegenden Bürgersteig. Einer breiten Pfütze wollte sie ebenfalls ausweichen, stolperte dabei und lag mitten auf der Fahrbahn. Da war das Brummen eines Motors, da waren Lichtreflexe von Scheinwerfern auf dem Asphalt, kreischende Bremsen. Der Wagen schleuderte, jagte quer drehend immer noch auf Naomi zu, und plötzlich war da der junge Mann, dem sie bewußt hat aus dem Weg gehen wollen, riß sie von der Straße hoch und schleuderte sie zur Seite. Es gab einen dumpfen Schlag, jemand schrie, dann stand der Wagen, und ein entsetzter Fahrer stieg aus, der am ganzen Körper zitterte. Er starrte die beiden Menschen an, zuckte hilflos mit den Schultern - und sprang dann wieder in sein Auto um davonzurasen. Fahrerflucht. Naomi war zu überrascht, als daß sie sich das Kennzeichen oder auch nur Typ und Farbe des Wagens hätte merken können - es konnte ebensogut ein roter Ferrari wie ein schwarzer VW Golf sein.
    Naomi beugte sich über den Mann, der ihr das Leben gerettet und dabei selbst von dem Auto erfaßt worden war. Obgleich er verletzt war und Schmerzen hatte, leuchtete es in seinen Augen auf, als er Naomi über sich gebeugt sah - bis auf ein paar Schrammen unversehrt; seine Rettungsaktion war ihm gelungen.
    Wenig später tauchte ein Krankenwagen auf; jemand hatte den Unfall vom Fenster seiner Wohnung aus beobachtet und Polizei und Ambulanz verständigt. Er hatte sich auch das Kennzeichen des Unfallfahrers gemerkt; einige Monate später wurde der Fahrer von einem Gericht zur

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