0473 - Jerry Cotton läßt schön grüßen
daß es dort wie in einem Ameisenhaufen wimmelte. Ich bemerkte auch die bleichen Gesichter unserer Leute, die Nachtdienst gehabt hatten und die man schon wieder aus den Betten geholt hatte.
Ein paar Zurufe klangen an mein Ohr. Ich achtete in diesem Moment nicht darauf.
Endlich erreichte ich die Tür zu unserem Büro. Ich riß sie auf.
»Jerry!« brüllte ich.
Dann erst sah ich, was los war.
Mein Schreibtisch war wie immer mit allerlei Papieren übersät. Bleistifte, Kugelschreiber, Notizblöcke und das sonstige Zubehör der nicht vermeidbaren, trotzdem von mir nicht gerade geschätzten Schreibtischarbeit gaben sich das übliche Stelldichein.
Der zweite Schreibtisch aber war so leer, als habe es noch nie einen Menschen gegeben, der jemals daran gesessen hätte. Sogar das Messingschild, das blankgeputzte mit dem Namen »Jerry Cotton«, war fort. Der Tisch war leer, der Papierkorb war leer, und erst recht der Schreibtischsessel. Das Möbel sah aus, als sei es zu verkaufen.
Mitten auf der Schreibtischplatte lag ein Zettel.
Mit zwei Schritten war ich dort.
Es war Jerrys Handschrift.
Jerry Cotton läßt schön grüßen.
Bin in Urlaub, Phil.
***
Robert Hush, Reporter und Klatschkolumnenlieferant zahlreicher Blätter des In- und Auslandes, warf seinen siebenundzwanzigsten Nickel in den unersättlichen Schlitz des »Einarmigen Banditen« in der Hotelhalle des »Five Roses« in Las Vegas.
Der Erfolg seines Bemühens war nicht sonderlich beachtenswert.
Hush war auch keineswegs plötzlich dem Spielteufel verfallen. Er opferte seine Nickel nur deshalb, weil er im Spiegelglas der Frontscheibe des Spielautomaten genau ein Pärchen in der Rezeption des Hotels sehen konnte. Ihn selbst aber konnte dabei niemand beobachten.
Irgendwie kam ihm der athletisch gebaute, gut aussehende Mann mit dem scharf geschnittenen Gesicht bekannt vor. Im Moment wußte Hush allerdings nicht, in welche Kategorie er diesen neuen Gast mit dem auffallenden Mädchen an seiner Seite einordnen sollte. Der Reporter beobachtete weiter. Er wußte, wenn er selbst herausfand, um wen es sich bei dem neuen Gast handelte, sparte er zehn Dollar. Die waren im anderen Fall fällig, um vom Portier den Namen zu erfahren.
Der Klatschfachmann opferte noch ein paar Nickel. Er schrak zusammen, als der Automat plötzlich klirrend und scheppernd einen größeren Gewinn ausspuckte.
»Jack Pot«, zeigte er an.
Robert Hush schätzte mit einem schnellen Blick die Münzen ab. Zehn Dollar waren es auf jeden Fall. Da konnte er sich weitere Anstrengungen seines Gehirns ersparen.
Er hätte auch kaum noch Gelegenheit gehabt, von selbst auf den Namen des Fremden zu kommen. Der war inzwischen mit seiner Eintragung im Gästebuch fertig und ging hinter dem Gepäckboy in Richtung zum Lift.
Robert Hush beobachtete noch einen Moment die aufregende Kehrseite der Begleiterin des Fremden. Das Kleid der blonden Schönheit war nach Coureges gemustert und geschnitten, allerdings um eine Spur zu eng. Dafür war es auch eine Spur zu kurz, was wiederum durch den aufregenden Hüftschlag ausgeglichen wurde.
Irgendwo in der Hotelhalle ertönte einer jener bekannten anerkennenden Pfiffe.
Hush beschloß, sofort nach dem Pfeifer zu fahnden. Immerhin konnte es sein, daß dessen Name und sein Benehmen auch für eine Klatschspalte interessant waren. Zuerst aber ging Hush zum Portier.
Lässig angelte er den dafür bereitsteckenden Zehndollarschein aus seiner Brusttasche. Er schob ihn über die Theke, der Hand des Portiers entgegen. Doch der zog seine Hand ohne den Schein zurück und schüttelte den Kopf.
»Nanu?« wunderte sich der Reporter.
»Zwanzig!« murmelte der Portier wie beiläufig.
»Wieso denn?«
Der Portier grinste und deutete vielsagend zu dem Spielautomaten, an dem der Reporter eben kassiert hatte.
Hush verstand es. Ihm blieb keine andere Wahl. Wenn er etwas erfahren wollte, mußte er auf die Forderung des Mannes hinter der Theke eingehen. So trat er das Rückzugsgefecht an.
»Ist die Information denn auch zwanzig wert?«
»Sie wissen, daß ich meine Einheitspreise habe«, sagte der Portier. »Wenn ich nach dem Informationswert urteilen würde, müßte ich Ihnen jetzt hundert abnehmen.«
Seufzend holte der Reporter den nächsten Zehndollarschein aus der Tasche. Blitzschnell waren beide Scheine verschwunden. Ebenso blitzschnell hatte der Portier plötzlich hinter der Theke zu tun.
Robert Hush bekam dadurch Gelegenheit, einen Blick in das Gästebuch zu werfen.
Er sah die
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