0473 - Jerry Cotton läßt schön grüßen
Captain?«
»Phil, mir fällt etwas ein. Als ich vorhin Jerry traf, war sein Wagen nicht in der Nähe. Immerhin kommt es selten vor, daß Jerry ohne seinen Jaguar unterwegs ist.«
»Was wollen Sie damit sagen, Hywood?«
»Es ist schließlich ein Punkt, der mich stutzig machen könnte.«
»Mich auch, Hywood«, bekräftigte ich seinen Verdacht. »Aber Sie wissen doch genau, daß es Jerry war, mit dem Sie gesprochen haben?«
»Mein Gott, wir haben nur ganz kurz miteinander gesprochen. Er hatte es eilig und ich auch. Angenommen, es war jemand, der in die Rolle Jerrys geschlüpft ist. Immerhin nicht er hat mich angesprochen, sondern ich habe ihn angesprochen. ›Hallo, Jerry, wie geht’s?‹ habe ich ihm zugerufen. Seine Antwort war ganz kurz, ich kann es jetzt nicht mehr genau sagen, ob er meinen Namen genannt hat. Wie gesagt, wir hatten es beide eilig…«
»Und der Jaguar war nicht in der Nähe?«
»Nein. Er hätte mir auffallen müssen, denn sein Schlitten ist ja einfach nicht zu übersehen.«
Ich schüttelte den Kopf. Jetzt wußte ich wirklich nicht mehr, was ich machen sollte. Ich dachte an das geheimnisvolle Lächeln Mr. Highs, als ich mit ihm über Jerrys Urlaub gesprochen hatte. Irgend etwas verschwieg mir der Chef. Vielleicht, um mir die Ermittlungen zu erleichtern. So etwas weiß man bei einem verzwickten Fall nie so genau. Well, der Chef würde sich schon etwas dabei gedacht haben und Jerry sich auch. Ich beschloß, es bei dieser Feststellung zu belassen und mich nur noch um die Entführung des Kindes zu kümmern. Das war jetzt das Wichtigste.
***
Cid Thunder, der Taschendieb, verschluckte sich so, daß er den größten Teil seines Whiskys in die Gegend spuckte. Merkwürdigerweise wurde er darüber nicht wütend, sondern brach in ein lautes Lachen aus.
Die anderen Gäste an dem großen Ecktisch in der hinteren Ecke des »Yellow Donkey« in der Elizabeth Street, unweit des Shatham Square, folgten mit ihren Blicken Thunders Zeigefinger. Dann brachen auch sie in ein brüllendes Gelächter aus. Quer durch das finstere Lokal ging eine reichlich merkwürdige Gestalt. In einem grauen Flanellanzug ging ein etwa 35jähriger breitschultriger Mann. Sein Gang war elastisch, seine Bewegungen verrieten, daß er trainiert sein mußte. Im krassen Gegensatz dazu stand jedoch seine Aufmachung oberhalb und unterhalb des Anzuges. Die Füße steckten in einem Paar total verrückter Lackschuhe mit silbernen Schnallen und hohen Absätzen. Auf dem Kopf trug der Fremde eine Beatlefrisur. Abgerundet wurde das verrückte Äußere noch durch ein lila Samtschleifchen, das sich an der Stelle befand, wo normale Menschen eine Krawatte tragen.
Der Fremde ließ sich durch das brüllende Gelächter der Stammgäste im »Gelben Esel« nicht beirren. Er ging auf einen freien Tisch zu. Prüfend strich er mit einem Finger über die fleckige Holzplatte. Das Ergebnis schien ihn nicht zu befriedigen. Er zog sein Taschentuch hervor und wischte über die Platte. Erst dann setzte er sich.
Geduldig wartete er, bis Jo Gardner, der Wirt des »Yellow Donkey«, zu ihm heranschlurfte.
Gardner machte vor dem neuen Gast einen höhnischen Kratzfuß und fragte (Scheinheilig: »Was darf ich Ihnen bringen, Sir?«
Der Fremde schien den Spott nicht zu bemerken.
»Bitte, einen Whisky mit Soda, aber einen Scotch, und ein Steak.«
»Aber gewiß doch, Sir, einen kleinen Scotch mit viel Soda und ein bezaubernd zartes Steak.«
Die Stammgäste am Tisch nebenan krümmten sich vor Lachen.
Gleich darauf brachte der Wirt einen durchaus normalen Whisky mit einem angemessenen Quantum Soda.
»Das Steak kommt in zwei Minuten, Sir«, sagte er.
»Vergessen Sie nicht, dafür zu sorgen, daß das Besteck sauber ist!« forderte der Fremde.
Das Lachen am Nebentisch war inzwischen verklungen. Gespannt warteten die Stammgäste ab, wie sich die Sache weiterentwickeln würde.
Zwei Minuten vergingen. Dann servierte Jo Gardner das Steak.
Er mußte jedoch noch einmal in die Küche zurück. Der Fremde hatte eine Serviette verlangt.
»Oh, ein ganz vornehmer Herr«, krähte Cid Thunder.
Dann aber verschlug es ihm die Sprache. Der Fremde nahm die Serviette in Empfang und steckte sie vorsichtig zwischen Hals und Hemdkragen, so daß sein lila Schleifchen geschützt war.
Was dann folgte, stellte alles in den Schatten, was jemals im »Gelben Esel« vor sich gegangen war.
Der Fremde begann das Steak zu verzehren. Er benutzte jedoch Messer und Gabel nicht dazu, um nach guter
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