0475 - Meine Totenbraut
seinen Hals, fühlte nach und fand tatsächlich die Stellen, wo ihn die Hände erwischt hatten.
Sie brannten!
Vielleicht waren die Streifen rot oder dunkel, die ein Muster auf die Haut gelegt hatten. Jedenfalls hatten sie einen magischen Keim eingepflanzt, gegen den Suko vergeblich ankämpfte.
Die Totenbraut tat so harmlos, doch Suko hatte erlebt, wie grausam und gefährlich sie tatsächlich war.
Er stand auf.
Dabei kam er sich vor wie ein Greis, weil er so schwach war und noch zitterte.
Wieder fiel sein Blick über den See. Dort bewegte sich das Wasser in Wellen, rollte gegen das Ufer, schäumte, roch faulig und trotzdem frisch und begann an einer gewissen Stelle zu kreiseln und Schaumblasen zu produzieren.
Zuerst glaubte Suko an eine Täuschung. Er schrieb dieses Bild seinem Zustand zu, der nicht eben der beste war. Möglicherweise gaukelte man ihm Halluzinationen vor, aber das war echt.
Vielleicht auf der Seemitte oder auch ein Stück davor, geriet das Wasser in Bewegung. Der Schaum vermehrte sich. Dicke Blasen entstanden, die zerplatzten, um noch in der gleichen Sekunde neu zu entstehen. Das Rauschen empfand der Inspektor ebenfalls als unnatürlich. Irgend etwas mußte sich in dem Wasser befinden, das mit immenser Kraft aufstieg.
Suko vergaß seinen Zustand, er spürte auch das Brennen im Hals nicht mehr, für ihn zählte nur dieser außergewöhnliche und unerklärliche Vorgang.
Welches Geheimnis wollte der See freigeben? Was lauerte in seiner Tiefe und stieg jetzt hoch?
Suko dachte daran, daß man ihn nicht ohne Grund hier ans Ufer geschickt hatte. Möglicherweise sollte er vernichtet werden. Andere Kräfte übernahmen die Kontrolle, und die Totenbraut hatte ihn auf hinterlistige Art und Weise geschwächt.
Wellen rollten heran, schlugen gegen das Ufer, drangen auch in den Wald aus Schilf, so daß sich die Stäbe bewegten und gegeneinander schabten. Die schlagenden und schabenden Laute bildeten eine hart und fremd klingende Begleitmusik.
Der Schaumteppich nahm an Größe zu, die Kreise vermehrten sich, das Wasser »kochte«.
Plötzlich geschah es.
Suko, der Zuschauer, schrieb es zunächst seinem Zustand zu. Jemand gaukelte ihm etwas vor, die Kräfte der unheimlichen Margaretha reichten eben so weit, aber er hatte sich nicht getäuscht.
Der See entließ das Grauen!
Eine riesige dunkle Wand schnellte aus dem Wasser, peitschte die Wellen noch einmal hoch und war von schaumigen Fontänen begleitet, die wieder zusammensackten und auch den Schlamm mit sich rissen, den sie vom Grund hochgewirbelt hatten.
Nein, es war keine Wand, die Suko zu sehen bekam. Dieses grauenvolle Geschöpf, der Beherrscher des Sees, war ein Monstrum der Hölle. Ein Abgesandter aus dem Dämonenreich, ein Günstling des Teufels und gleichzeitig eine Kreatur, die morden wollte.
Es besaß einen dunkelgrün schimmernden Körper, gewaltige Arme, die durch Schwimmhäute mit dem Körper verbunden waren. Auch Schultern zeichneten sich ab. Sie wirkten wie eine gerade Linie, waren jedoch von einem mächtigen Schädel unterbrochen, der in der Schultermitte hochwuchs und ein Gesicht zeigte, das Ähnlichkeit mit dem eines Gorillas besaß.
Stumpf, grausam, ausgestattet mit einem gewaltigen Maul. Es war weit aufgerissen. Gefährliche, überlange Reißzähne blitzten wie stählerne Messer. Dazwischen befand sich eine knallrote Zunge.
Sie lag wie eingerollt im Schlund.
Auf der Stirn wuchsen kammartige Gebilde, unterbrochen von spitzen Hörnern. Sie erinnerten an verkehrt herum aufgestellte Elefantenzähne. Hände erinnerten an lange Zinken, die Krallen waren auch ebenso spitz.
Das aus dem See gestiegene Monstrum war eine Mischung aus Gorilla und Vampir, jedenfalls ein Riese.
Die Augen konnte Suko nicht erkennen, weil sie sehr klein waren und zwischen Hautfalten verschwanden.
Der Anblick des Monstrums ließ Suko das Brennen am Hals vergessen, aber nicht die Schwäche. Er ging davon aus, daß sich diese Kreatur nicht nur im Wasser aufhalten konnte, sondern auch an Land sehr beweglich war.
Und genau dort stand er.
Das Monster blieb noch im Wasser. Seine Füße waren nicht zu sehen, nur eben der häßliche Schädel und der Oberkörper. Die Bestie bewegte die Beine unter Wasser weiter.
Sie hatte auch ein Ziel, das Ufer!
Dort stand Suko!
***
»Willkommen zur Hochzeit«, vernahm ich die flüsternde Stimme der Totenbraut, sah das dünne Lächeln auf ihren blassen Lippen und hörte das Kichern. »Nun sind wir allein.«
Sie hatte sich nicht
Weitere Kostenlose Bücher