0475 - Meine Totenbraut
an. Schließlich bestätigte sie durch ihre Antwort meine Worte. »Ja, ich glaube dir, sie muß einfach deine Feindin gewesen sein. Ein jeder, der das Kreuz besitzt, ist ihre Feindin.«
»Du kennst das Kreuz?«
»Hector de Valois zeigte es mir.«
»Schau her!« Ich faßte die um den Hals hängende Silberkette mit spitzen Fingern an und holte das Kreuz hervor. Offen ließ ich es vor meiner Brust hängen.
Margaretha kam nicht näher. Sie schaute es sich an, und sie schien auch keine Angst vor dem Gegenstand zu haben. Schließlich nickte sie. »Ja, das ist es«, sagte sie mit fast singender Stimme. »Das ist das Kreuz des Hector de Valois, der einmal mein Geliebter gewesen ist. Du bist also sein Nachfolger.«
»Und was bedeutet dies?« erkundigte ich mich.
»Daß ich mich nicht geirrt und ich mir genau den Richtigen ausgesucht habe. Die Prophezeiung ist eingetroffen, jetzt kann ich meine Hochzeit nachholen. Man hat viel in mir zerstören können, aber nicht die Liebe zu dem Mann, der das Kreuz besitzt. Seinetwegen habe ich die schützenden Mauern des Klosters verlassen. Seinetwegen ging ich in die Falle, die mir Diablita stellte, denn sie war vor Hass, Wut und Eifersucht wie blind. Sie wollte nur noch den Tod. Verstehst du? Ich sollte nicht mehr leben. Sie wollte mich vernichten, aber sie hat es nicht geschafft.«
»Welchen genauen Grund hatte sie?« erkundigte ich mich.
»Der Grund hieß Hector de Valois. Diablita hatte sich in ihn verliebt, was ich sogar verstehen kann. Ja, sie liebte ihn, er war ein attraktiver Mann, und manchmal habe ich das Gefühl, daß er noch lebt oder nicht mehr unter der Erde liegt.«
»Das stimmt auch!«
Jetzt hatte ich sie überrascht. »Wieso?«
»Er ist zu einem silbernen Skelett geworden. Wir haben ihn gefunden, ich suchte sein Grab, und es waren die Templer, die mich unterstützten und sein Skelett wegbrachten.«
»Wohin?« rief sie.
»In die Kathedrale der Angst. Du wirst nichts mehr mit ihm anfangen können. Es ist besser, wenn man ihn in Ruhe läßt.«
Sie schüttelte den Kopf. »Sag mir, weshalb er zu einem silbernen Skelett geworden ist? Warum verging er nicht zu Staub?«
Ich hob die Schultern. »Das gehört zu den Rätseln, die ich gern noch lösen möchte.«
»Ja, natürlich, du hast recht, man muß es lösen. Vielleicht können wir das zusammen…«
Ich unterbrach sie. »Was war mit Diablita? Sie hat dich in eine Falle gelockt?«
Es dauerte eine Weile, bis Margaretha reden konnte. Sie schien aus einem tiefen Schlaf zu erwachen, schaute an mir vorbei und nickte bedächtig. »Ja, so war es, John. Als ich das Kloster verließ, wartete bereits die Kutsche. Die Oberin hatte mir mitgeteilt, daß Hector de Valois sie geschickt habe. Das stimmte nicht. Diablitas Schergen lauerten auf mich und zerrten mich in die Kutsche, wo sie über mich herfielen und mich entehrten. Es war eine grausame Zeit, die ich nie vergessen kann. Ich wurde irgendwann bewußtlos. Als ich wieder zu mir kam, fand ich mich gefesselt auf einem Bett wieder. Man wollte mit mir die Hexenprobe machen. Diablita und ihre Schergen schleuderten mich in den See, aus dessen Tiefe das Monstrum stieg. Aber ich wurde dem Teufel nicht geopfert. Diablitas Strafe sah anders aus. Ich sollte ein totes Leben führen, niemals Ruhe finden, immer auf der Suche sein und zwischen den Zeiten wandern. Nur hatte sie vergessen, daß meine Liebe unendlich groß war. Ich verlor eigentlich die Spur. Ich wußte von dem Kreuz, und ich wußte auch, daß ich nicht verloren war, solange es noch existierte. Ich wollte meine Hochzeit haben, und ich spürte, daß du es bist, den ich heiraten muß. Denn du hast das Kreuz bekommen.«
»Aber ich bin nicht Hector de Valois. Er ist tot, das mußt du begreifen.«
»Er ist in dir wiedergeboren. Du stehst nicht allein. Da du der Träger des Kreuzes bist, mußt du auch mit ihm Verbindung gehabt haben. Stimmt es?«
»Vielleicht.« Ich hatte nicht die volle Wahrheit gesagt. In der Tat hatte eine Verbindung zu Hector de Valois bestanden. Sein Gesicht hatte sich sogar auf meinem Kreuz gezeigt, als wir es mit dem Totenschiff der Templer zu tun bekamen.
»Es stimmt. Wer das Kreuz besitzt, kann nicht schlecht sein. Deshalb werden wir beide den Bund eingehen.«
»Nein!« widersprach ich. »Das ist unmöglich. Ich bin ein Lebender, du bist eine Tote. Ein Mensch kann keine Tote heiraten.«
Sie versteifte sich. »Nein, ich bin keine direkte Tote. Ich kann reden, ich kann…«
»Du lebst nicht so wie
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