0475 - Meine Totenbraut
könnten mit einer dunklen Nacht rechnen.« Er ließ sich auf den Sitz fallen.
Ich hämmerte die Tür zu, mein Freund kurbelte noch die Scheibe herunter. »Gib auf dich acht, John. Das hier ist ein verdammt böses Spiel, habe ich das Gefühl.«
»Und paß du auch auf.«
»Sicher. Zum Glück kann ich schwimmen.«
Er startete. Ich trat zur Seite, sah Sukos Winken und schaute auf das Heck des Wagens, das sich langsam in die erste Kurve hineinschob. Ich wartete so lange, bis ich auch das Geräusch des Motors nicht mehr hörte und ging wieder zurück in das Schloß, um auf meine Totenbraut zu warten…
***
Die ersten Minuten ließen sich noch ertragen, danach überkam mich das Gefühl der Leere und Einsamkeit. Es regte sich nichts. Kein Mensch hielt sich mehr in dem alten Gemäuer auf, das zu einem Romantik-Hotel umgebaut werden sollte.
Es war eine Ruhe, die ich als trügerisch empfand. Hin und wieder hörte ich aus verschiedenen Richtungen ein Knacken und das leise Summen eines Generators, der für die Stromerzeugung zuständig war. Die Arbeiter hatten alles liegen- und stehenlassen und die Baustelle Hals über Kopf verlassen.
Wenn ich darüber nachdachte, kam ich mir vor wie in einer modernen Filmkulisse, die jemand in ein altes Schloß gestellt hatte. Es war einfach unwirklich, draußen nahm die Dunkelheit immer mehr zu, ich war der einzige Mensch weit und breit, spürte den Atem der Natur, der durch die offene Tür in die Halle drang, und drehte langsam meine Runden. Dabei lauschte ich dem Klang meiner eigenen Schritte, passierte den provisorischen Schreibtisch, wo die Unterlagen durcheinander lagen, und hob mit einer spielerisch anmutenden Bewegung den Telefonhörer ab.
Es erklang kein Freizeichen…
Ich verfolgte die Schnur, man hatte einen provisorischen Anschluß erstellt, sie war durchtrennt worden. Meine Totenbraut wollte auf Nummer Sicher gehen.
Ich war bewaffnet. Beretta, Kreuz, auch den Dolch hatte ich mitgenommen. Ungewöhnliche Dinge für eine Trauung, aber soweit wollte ich es nicht kommen lassen.
Ich schaute in die Höhe.
Gleißendes Licht erfüllte die Decke des Raumes. Sie wirkte wie eine große Kuppel.
Mein Blick wanderte weiter und erfaßte die Treppe. Wenn ich sie so ansah, verstärkte sich bei mir der Eindruck, auf einer Bühne zu stehen. Ich schritt der Treppe entgegen. Lichtstrahlen trafen meinen Rücken und warfen von meiner Figur ein Schattenbild, das mich bei meinem weiteren Weg begleitete.
Vor der ersten Stufe der breiten Treppe blieb ich stehen. Sie schwebte frei, hinter dem ersten Absatz, waren zwei Bretter quer von Wand zu Wand genagelt worden, um anzuzeigen, daß ein Durchgang nicht erwünscht war.
Margaretha Dufour ließ sich nicht blicken. Die Totenbraut, die es mit Sukos Abreise so eilig gehabt hatte, spielte mit mir. Ein Psycho-Krieg hatte begonnen, den ich nicht verlieren wollte. Nicht ich wollte etwas von ihr, sondern sie von mir, also würde sie sich melden, auf welche Weise auch immer.
Ich dachte über ihr Schicksal nach. Welches Ereignis konnte sie zu dem gemacht haben, was sie jetzt war? Sicherlich ein schwarzmagisches, aber hatte Hector de Valois sich tatsächlich eine Frau nehmen wollen, die mit der anderen Seite in Verbindung stand?
So etwas konnte ich mir einfach nicht vorstellen. Da mußten noch andere Dinge eine große Rolle gespielt haben.
Noch sah ich sie nicht, war jedoch überzeugt, von ihr aus dem Unsichtbaren beobachtet zu werden.
Vielleicht war sie gleichzeitig ein Gespenst und ein Zombie, möglich war schließlich alles. Überraschungen hatten meine Gegner immer auf Lager.
Da platzte der erste Scheinwerfer!
Ich hörte das Splittern, wurde aus meinen Gedanken gerissen, duckte mich unwillkürlich und kreiselte herum, genau in dem Augenblick, als auch der zweite Scheinwerfer zu Bruch ging.
Es war merklich dunkler geworden. Die beiden letzten Scheinwerfer warfen ihre Lichtstrahlen von mir weg, aber auch sie sollten nicht mehr lange brennen.
Das Geräusch des splitternden Glases und der zerstörten Lampen regte mich kaum noch auf, ich wurde von den Überresten nicht getroffen. Statt dessen wartete ich auf Margaretha Dufour.
Sie ließ sich Zeit, machte es spannend und wollte wahrscheinlich das diffuse Graulicht in der Halle ausnutzen, um ihren Auftritt noch spektakulärer zu gestalten.
Dann hörte ich sie. Ich wurde nicht angesprochen, nur ein leises Lachen vernahm ich. Es war über mir aufgeklungen. Ich drehte den Kopf, schaute zur Treppe
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