0475 - Meine Totenbraut
Löwenherz. Er kannte sich aus, er wußte von den Reisen, die sein Kreuz hinter sich hatte. Er war ein besonderer Mensch, der in die Tiefe der Dinge hineinblickte. Er wußte mehr als die meisten.«
Ich blieb stehen, und auch Margaretha verhielt ihren Schritt. »Was wußte er denn?«
»Er hat mir nicht alles sagen können…«
»Sprach er mit dir auch über Aibon oder den Dunklen Gral?«
Ihre roten Augen wurden groß. »Ja, beides erwähnte er und meinte, es wäre sehr wichtig.«
»Hat er dir mehr darüber gesagt?« Jetzt fieberte ich einer Antwort entgegen, denn das Geheimnis des Dunklen Grals wollte ich unter allen Umständen auflösen.
»Dazu kam es nicht mehr. Er mußte verreisen, aber er versprach mir, mich nach der Hochzeit über diese Dinge aufzuklären.« Sie lachte elfenhaft leise. »Doch das ist vorbei, außerdem habe ich dich. Du wirst mir mehr darüber sagen können.«
Ich schüttelte den Kopf. »Leider nein, meine Liebe, so gern ich es getan hätte. Mir ist es bisher leider nicht gelungen, in all diese Geheimnisse einzudringen.«
»Hast du es versucht?«
»Ja, aber es war zu schwierig. Vielleicht bin ich auch noch nicht reif genug, weil ich zu wenig weiß.«
»Auch das hätte er sagen können, und er sprach auch von dem Seher, der ähnliche Dinge sagte.«
Ich faßte sie an der Schulter an und spürte die kalte Haut. »Wußte Hector de Valois, wer sich hinter dem Seher befand. War es eine, oder waren es mehrere Personen?«
»Hector wußte Bescheid.«
»Rede bitte.«
Sie wollte nicht. »Hector sagte mir, daß dies Dinge wären, die ich nicht begreifen würde. Deshalb hat er auch mit mir darüber nicht gesprochen. Sie hätten mich zu sehr erschüttert. Vielleicht sogar in meinem Glauben, ich weiß es nicht.«
Es war manchmal zum Heulen. Wieder hatte ich dicht vor dem Ziel gestanden und war zu keinem Ergebnis gekommen. Was der Dunkle Gral bewirkte und welche Verbindung es zwischen ihm und Aibon gab, blieb weiterhin im Dunkel der Geschichte und auch der Spekulationen.
Margaretha faßte mich wieder an. »Wir müssen endlich weitergehen und den Altar erreichen. Komm bitte.«
Mir blieb nichts anderes übrig, als mit ihr zu gehen. Trotz der Düsternis gelang es mir, den Altar zu erkennen. Von den Bankreihen und ungefähr in der Mitte gab es tatsächlich einen Altar. Er war sehr schmucklos. Kein Blumenstrauß zierte ihn, kein Bild, auch kein Gefäß. Nur die blanke, staubbedeckte Platte, vor der wir beide stehenblieben und sich Margaretha sogar noch verneigte.
»Das tat ich als Kind auch immer«, erklärte sie und löste sich gleichzeitig von mir.
»Wo willst du hin?« fragte ich.
Margaretha, schon im Düstern fast verschwunden, blieb stehen. Als sie sich drehte, sah sie wirklich aus wie ein Gespenst. So geisterhaft bleich schimmerte ihr Körper durch den dünnen Stoff des Kleides.
»Ich möchte etwas holen, Geliebter. Bleib du nur stehen und warte ab. Ich bin rasch wieder zurück.«
Sie entfernte sich. Ich lauschte dem Klang ihrer Schritte nach, die bald nicht mehr zu hören waren.
Was hatte sie vor? Jetzt hätte ich verschwinden können, aber ich dachte an Suko und wollte ihn nicht unnötig in Gefahr bringen. Zudem stellte ich mir die Frage, was ich mit meiner Totenbraut anstellen sollte. Ich mußte sie irgendwie loswerden, nur über den Weg war ich mir nicht im klaren.
Hätte ein normaler Dämon vor mir gestanden, ein Vampir, Zombie oder Werwolf, wäre die Sache klar gewesen.
Aber so…
Außerdem hätte ich sie wohl kaum aus der Welt schaffen können, auch wenn sich Suko nicht in ihrer Gewalt befunden hätte. Ich sah sie in diesem Fall nicht als Feindin an, zwar auch nicht als Verbündete, möglicherweise als informatives Neutrum.
Es war in der Kapelle nicht still. Geräusche hörte ich immer. Und wenn es nur das hastige Trippeln kleiner Füße war, die über den staubbedeckten Boden huschten.
Wahrscheinlich waren es Ratten.
Ich suchte nach ihnen, drehte mich dabei, aber sie zeigten sich nicht und blieben verschwunden.
Unter den Bänken war genügend Platz vorhanden, wo sie sich verstecken konnten.
Ich blieb auch nicht stehen, umrundete den Altar mehrere Male, holte auch meine Lampe hervor und ließ den hellen Halogenstrahl durch die Kapelle streichen.
Er stach in die aufgewirbelten Staubwolken hinein, glitt auch über die Trümmer und tastete einmal den davonhuschenden Körper einer graubraunen Ratte ab. Sie verschwand hinter einem Balken.
Über mir sah es gefährlich aus. Die
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