0475 - Meine Totenbraut
blieb nur das Heben der Schultern übrig. »Tut mir leid, ich kann euch und mir selbst nicht weiterhelfen. Mir ist diese Stimme völlig unbekannt gewesen. Suko hatte recht. Ich habe ebenfalls einen französisch angehauchten Klangton aus ihren Worten hervorgehört.«
Suko nickte. »Wieder einmal Frankreich. Bald können wir die Zelte hier abbrechen und umziehen.«
»Dann wird sie möglicherweise etwas mit den Templern zu tun haben«, sagte Glenda.
»Damit rechne ich auch.«
»Könnte uns Abbé Bloch weiterhelfen, John?«
»Wenn ich mehr wüßte, ja. Aber ich kenne nicht einmal ihren Namen. Sie behauptete, eine Geliebte von mir gewesen zu sein. Genaue Angaben hat sie auch nicht gemacht. Das hätten Jahre oder Monate sein können.«
Glenda schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, so daß ihre kleine Tasse tanzte. »Ich begreife das nicht.« Sie hob die Schultern und breitete die Arme aus. »Ihr könnt mich für dumm oder nicht aufnahmefähig halten, aber eine Totenbraut ist für mich etwas so Abstraktes, daß ich, soll ich den Begriff näher definieren, das Wort einfach nur analysiere. Die Braut eines Toten. Nur bist du nicht tot, John. Du lebst, deshalb kannst du keine Totenbraut haben.«
»Stimmt!« sagte Suko.
Ich sah die Dinge etwas anders. »So reden wir, Freunde. Vielleicht hat die unbekannte Anruferin eine völlig andere Vorstellung vom Begriff Totenbraut.«
»Den sollte sie dir aber erklären, John«, sagte Glenda.
»Darauf warte ich. Meines Erachtens wird sie mich noch einmal anrufen. Jetzt hat sie mich neugierig gemacht, mich gewissermaßen gereizt und angetörnt. Der nächste Anruf könnte mehr Informationen bringen. Da werde ich mich auch anders verhalten.«
»Du willst ihn doch nicht abwarten?« sagte Suko.
»Nein, wir fahren nach Hause.«
»Soll ich mit dir kommen?« fragte Glenda.
Ich überlegte. »Wäre nicht schlecht.« Ich konnte mir ein Lächeln dabei nicht verkneifen.
Die dunkelhaarige Glenda wehrte sofort ab. »Keine Nachtischgedanken, John. Wenn wir zusammen den Abend und die Nacht verbringen, wirst du mir etwas über deine Geliebte erzählen. Außerdem müssen wir uns noch etwas für den Hunger mitnehmen. Wie ich dich kenne, John, hast du außer Bier bestimmt nichts Eßbares im Haus.«
»So ist es.«
Ich winkte den Ober herbei und beglich die Rechnung. Suko war mit einem Dienstwagen gekommen. Er und ich verstauten das Gepäck. Suko sagte dabei: »Auch Shao war einmal die Geliebte eines Dämons, John.«
Ich schlug den Deckel zu. »Meinst du, daß ich als Geliebte eine Dämonin gehabt hätte?«
»Sogar als Braut.«
»Hör auf, Mensch!«
Glenda kam mit zwei Tüten bepackt zu uns. Sie nahm sie mit auf den Rücksitz.
Suko fuhr. Es dauerte ziemlich lange, bis wir unser Ziel erreicht hatten. London war mal wieder dicht. Die Stadt erstickte um diese Zeit im Verkehr. Nach der Kälte- und Eiswelle hatten die Leute wieder ihre Fahrzeuge hervorgeholt. Jetzt strömte warme Luft in die Stadt. Sie hatte Regen und Dunst mitgebracht und den hart gefrorenen Boden aufgetaut. Glatteisgefahr bestand nicht mehr.
Ich drehte den Kopf. »Was hast du denn Feines geholt?«
»Laß dich überraschen.«
Ich lachte leise. »Du weißt ja, Glenda, wir sind im Hotel verwöhnt worden. Einige Vorspeisen vom Wagen, das Hauptgericht und…«
»Das bekommst du nicht. Außerdem hast du sicherlich ein Kilo zugenommen.«
»Und du?«
»Darüber rede ich nicht.«
Suko lenkte den Wagen in die Tiefgarage, von der aus wir direkt mit dem Lift hochfahren konnten.
Wir nahmen Glendas Koffer auch mit zu mir in die Wohnung.
Es war alles so schrecklich normal. Nichts zeigte sich verändert. Bis auf den Staubfilm, der auf den Möbeln lag und Glenda ein Kopfschütteln abnötigte. »Hier müßte mal ordentlich sauber gemacht werden.«
»Bitte, fang an!«
»Das hättest du gerne, wie?« Sie nickte mir heftig zu und verschwand in der Küche.
Suko hatte sich gesetzt, schaute mich an und verzog die Mundwinkel zu einem Lächeln. »Wie fühlt man sich denn so, wenn man von seiner Geliebten oder Braut angerufen wird?«
»Bescheiden. Es war meine Totenbraut, vergiß das nicht.« Auch ich setzte mich.
»Hast du noch immer keine Erklärung?«
»Nein.«
»Aber es beunruhigt dich?«
Ich nickte. »Das kann man wohl sagen. Ich habe nachgedacht, vieles Revue passieren lassen, aber eine Totenbraut ist mir nicht in den Sinn gekommen. Ich kann mich wenigstens nicht daran erinnern, verstehst du?«
Suko nahm es mit Humor. »Du hast
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