0476 - Kalis tödlicher Spiegel
werden, bevor er weiteres Unheil anrichten kann.«
»Das sehe ich ein.« Bill hatte eine Idee. »Kann man die Diener der Göttin Kali an irgendwelchen besonderen Merkmalen erkennen?«
Singal nickte. »Ja, Mr. Conolly, einige von ihnen, vielleicht auch alle besitzen Spiegelaugen. Ein Beweis, daß Kalis Geist in ihnen wohnt. Wenn wir den Spiegel zerstören, ist auch ihre Existenz beendet. Ich weiß nicht, ob sie sterben werden, zumindest sind sie erlöst.«
Der Reporter atmete tief aus. »Das hört sich ja alles unwahrscheinlich an, Mr. Singal.«
»Das ist es bei Kali immer.«
Bill nickte. »Ja, ich habe sie kennengelernt.«
»Sind Sie abkömmlich?«
»Jetzt?«
»Ja.«
Bill dachte an seine Familie, aber die war Überraschungen schließlich gewöhnt. »Wie Sie meinen, Mr. Singal. Wann können wir fliegen?«
Der Inder lächelte. »Es ist einiges vorbereitet, so hoffe ich. Deshalb war es wichtig, mit Ihrem Freund John Sinclair zu reden. Er hat gute Beziehungen.«
»Das stimmt.« Der Reporter winkte dem Wirt, um die Rechnung zu begleichen. Ein paarmal schüttelte er den Kopf. Er kam sich vor wie jemand, den man ins eiskalte Wasser geworfen hatte.
Draußen wartete Suko. Er lächelte Bill knapp an. »Keine besonderen Vorkommnisse«, meldete er und deutete auf den Verkehr, der auf der Fleet Street herrschte.
»Dann können wir gehen«, sagte Singal.
»Und wohin?« fragte Bill.
»Wir fahren zum Airport, denke ich.«
Conolly lachte. »Vorher möchte ich noch meine Familie davon unterrichten.«
»Wenn es sein muß, bitte…«
***
»Mandra! Mandra Korab! Mein Gott, ist es denn möglich!« Die Erleichterung, die ich verspürte, war deutlich meiner Stimme zu entnehmen. Auch der Inder freute sich, auch wenn man es ihm nicht so anmerkte wie mir. Er hatte sich besser in der Gewalt.
Während ich auf ihn zulief, stand er langsam auf. Dann umarmten wir uns, ich klopfte ihm auf die Schulter und schaute ihn an. »Gut siehst du aus, mein Junge. Hast du dich erholen können?«
»Es geht.«
»Und noch immer Ärger mit Kali?«
»Jetzt erst recht. Bitte, John, nimm Platz!« Er deutete auf einen Stuhl, »und entschuldige, daß dich meine Männer etwas ungewöhnlich behandelt haben.«
»Zumindest standen sie mir zur Seite, als man mich attackierte. Jemand wollte mir unbedingt den Kopf einschlagen oder von den Schultern schlagen.«
»Da hast du schon einen Vorgeschmack dessen bekommen, was uns bevorsteht.«
»Und immer noch rätsele ich herum.«
»Was ich verstehen kann.«
Mandra mußte mir eine Erklärung geben. Ich ließ ihm Zeit. Er schaute vor sich auf den schlichten Schreibtisch. Mein Freund trug europäische Kleidung, wenn auch auf seinem dunklen Haar einen kunstvoll geschlungenen weißen Turban. Mandra hatte ein scharfgeschnittenes Gesicht. Er hätte auch als Filmstar seinen Weg machen können, ähnlich wie der Ägypter Omar Sharif. Nicht wenige Frauen flogen auf den Inder, der ziemlich zurückhaltend war. Wenn es jedoch sein mußte, mauserte er sich zu einem harten Kämpfer.
»Was machen die Dolche?« fragte ich.
»Es gibt sie noch.«
»Das ist gut.«
»Ja, das meine ich auch. Nur habe ich vom Rad der Zeit nichts mehr gehört.«
»Hast du denn danach geforscht?«
»Natürlich, weil ich das Gefühl habe, daß es für uns sehr wichtig werden könnte.«
»Da möchte ich nicht widersprechen.« Ich schlug die Hände zusammen. »Verlassen wir das Gebiet der Spekulationen und kommen wir zu dem neuen Fall. Weshalb hast du mir vorher nicht Bescheid gegeben, daß du dich in London aufhältst?«
»Ich durfte es eigentlich nicht.«
»Das begreife ich nicht.«
»Es ist eine geheime Angelegenheit«, erklärte er mir. »Ich bin offiziell gar nicht hier, ich darf offiziell nicht hier sein, obwohl schon einiges durchgesickert ist, wie der Angriff auf dich beweist.«
»Darüber habe ich mich gewundert.«
»Man will dich töten!«
Ich blieb gelassen und winkte ab. »Das wollen viele.«
»Richtig. Aber diesmal stehen auch Suko und Bill Conolly auf der Liste. Kalis Diener haben ein Instrument der Macht in die Hände bekommen, durch das sie sich schrecklich an den Menschen rächen können, die ihnen Schwierigkeiten bereitet haben.«
»Was ist das?«
»Ein Spiegel!«
Ich hütete mich, darüber eine negative Äußerung zu verbreiten, weil ich selbst schon erlebt hatte, wie wichtig Spiegel sein können. Ich kannte Spiegel, die völlig normal aussahen, tatsächlich aber Tore zu anderen Welten und Dimensionen waren. Das
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