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0478 - Der Friedhof der Lebenden

0478 - Der Friedhof der Lebenden

Titel: 0478 - Der Friedhof der Lebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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ihm eine Plastikkarte entgegen. »Auch jetzt nicht? Ich an Ihrer Stelle würde die Chance wahrnehmen. Sie haben den Tag frei.«
    »Wie Sie meinen, Mylady«, sagte der Chauffeur, nahm seine Mütze ab, drehte sie so zusammen, daß Zamorra sich fragte, wie er sie inklusive des doch recht harten Mützenschirms später wieder faltenfrei bekam, und schlenderte davon.
    »Jetzt hat er dir nicht mal gezeigt, wo sich die Betriebsanleitung des Wagens befindet«, bemerkte Nicole spöttisch.
    »Das wäre der erste Cadillac, den du oder ich nicht fahren können«, erwiderte Zamcrra trocken. »Sag mal, Uschi, was war das für eine Karte, die du ihm da gezeigt hast?«
    Sie händigte ihm den scheckkartengroßen Ausweis zur Ansicht aus. »Diese Karten weisen mein Schwesterchen und mich als miteigentümerische Mitglieder der Geschäftsleitung der TI aus«, sagte sie. »Rob hat vorgesorgt. Einmal hat man ja versucht, ihm die Firma abzunehmen, als wir für ein Jahr untergetaucht waren und zwischenzeitlich für tot erklärt wurden. Sollte ihm künftig etwas zustoßen, sind wir auf jeden Fall versorgt. Da wir als Miteigentümer gelten, kann uns niemand mehr ausbooten. Und es ist auch eine Vorsorge für den Fall, daß er einmal etwas länger braucht, um ins Leben zurückzukehren, wenn er dem Tod die Hand schüttelt.«
    »Was wißt ihr darüber ?« fragte Zamorra interessiert. Robert Tendyke galt als der Mann mit den vielen Leben. Zamorra selbst hatte ihn schon einmal tot gesehen, mit einer Kugel im Rücken. Nur kurz darauf war die Leiche völlig spurlos verschwunden, und Tage später tauchte Rob Tendyke an einem ganz anderen Ort der Weltgeschichte lebend wieder auf. Zamorra entsann sich auch der Worte Rhet Rikers, die dieser in der »Zukunft« über Tendykes Tod zu ihm gesagt hatte.
    »Nichts, Zamorra, und wir drängen ihn auch nicht dazu, Farbe zu bekennen. Er hat sicher seine Gründe dafür, daß er sein Geheimnis für sich behalten möchte.«
    Zamorra nickte. »Okay, euer Problem. Aber gestattet, daß ich mich immer wieder ein wenig neugierig zeige.«
    »Einsteigen«, ordnete Nicole diktatorisch an. »Ich kenne mich mit Cadillacs am besten aus, ich fahre. Quartieren wir uns erst einmal ein, danach suchen wir Cascal auf - möglicherweise mit einem Taxi. Das ist unauffälliger als dieser scheinbar unvermeidbare Luxusschlitten.«
    Eine halbe Minute später zwängte sich die weiße Lang-Limousine in den hektischen mittäglichen Straßenverkehr.
    ***
    Daß er nur wenige Stunden geschlafen hatte, war Yves Cascal nicht anzumerken, als er das Hotelfoyer betrat und nach einem Gast namens Julian Peters fragte.
    Er hatte in zweierlei Hinsicht Glück; zum einen war Julian Peters anwesend, und zum anderen gehörte dieses Hotel zu jener Kategorie, in der die nicht unvermögenden Gäste zur Tarnung auch mal in Räuberzivil herumliefen - und deren Besucher stufte man mit in die gleiche Kategorie ein. Man ging einfach davon aus, daß »der wirkliche Pöbel« sich erst gar nicht durch die Eingangstür traute.
    Aber nach oben wollte man Yves Cascal auch nicht lassen. Der Concierge telefonierte und teilte Mister Julian Peters höflich mit, daß ein Besucher ihn im - »Foyer oder Bar, Sir?« -erwartete.
    »Bar«, verlangte Cascal und wunderte sich, daß die mittags schon geöffnet hatte. Aber wenn sich ihm diese Möglichkeit bot, hatte er es dort für ein Gespräch auf jeden Fall ruhiger als in der palmenumwucherten Sitzgruppe im Foyer.
    Wenig später tauchte Julian Peters auf.
    Im ersten Moment hätte Cascal ihn fast nicht erkannt. Julian wirkte zwar jungenhaft, aber seine Kleidung verlieh ihm eine ungewohnte Seriosität. Er hätte durchaus als zwanzig Jahre älter und leitender Manager eines aufstrebenden Weltkonzerns durchgehen können.
    »Ombre«, sagte er. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Nicht für mich«, sagte Yves Cascal, der nicht sonderlich glücklich darüber war, daß auch Julian Peters seine Identität kannte. Aber vermutlich war das nicht zu vermeiden gewesen, allein durch die Bindung zwischen Julian und Angelique. Abgesehen davon mochte Julian seine Informationsquellen haben. Bloß eine schied mit Sicherheit aus: Professor Zamorra. Mit dem hatte Cascal zwar auch liebend gern nichts zu tun, aber er hielt Zamorra für ehrlich. Der Dämonenjäger hatte ihm geschworen, den Mund zu halten, und Cascal konnte sich nicht vorstellen, daß Zamorra diesen Schwur brach.
    »Nicht für mich, Peters«, wiederholte Cascal. »Sondern für meine Schwester

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