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0479 - Der Blutjäger

0479 - Der Blutjäger

Titel: 0479 - Der Blutjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Wohnung verblutete.
    »Raus!« riß Rhiannons energische Stimme ihn aus seinen masochistischen Gedanken, und ihm wurde klar, daß sie schießen würde. Er konnte sie nicht irritieren. Es sei denn, er setzte abermals Druidenmagie ein.
    Doch das wollte er nicht. Er hatte einmal einen Fehler gemacht, indem er ihr mit seinen Tricks imponieren wollte, und er hatte dann versucht, es wiedergutzumachen, indem er ihr half und zugleich klarmachte, daß es für ihn praktisch normal war, sich dieser übersinnlichen Kräfte zu bedienen. Wenn er diese Kräfte aber ausgerechnet jetzt, in dieser Situation, abermals einsetzte, würde er die Tür zu Rhiannons Herz nie mehr offen finden.
    »Gib mir eine Chance«, flüsterte er.
    »Du hattest sie und hast sie verspielt«, fauchte sie. »Hau ab, Mann. Ich kann deine verdammte, verbrecherische Engelsvisage nicht mehr sehen!«
    Vorsichtig bewegte er sich zur Wohnungstür. »Da draußen«, sagte er, »steht ein Rolls-Royce. Der parkte heute schon einmal hier. Ist das normal?«
    Sie lachte spöttisch. »Du schaffst es nicht, mich abzulenken und auszutricksen. Du nicht - ich kenne dich jetzt. Ich zähle bis fünf, dann bist du draußen oder tot. Eins - zweieinhalb -vier…«
    Gryf war nicht sicher, ob er ihren skurrilen Humor akzeptieren konnte, den sie in diesem Moment durch ihre Zählweise zeigte. Er zog es vor, zu verschwinden. Als er im Treppenhaus stand, hörte er, wie der Schlüssel gleich zweimal herumgedreht und anschließend die Sperrkette eingehakt wurde.
    »Rhiannon«, sagte er laut. »Ich muß dir noch etwas sagen.«
    Sie hatte ihn hören müssen. Aber sie reagierte nicht darauf. Gryf kam sich vor wie ein Narr.
    ***
    Rhiannon sicherte die Pistole und ließ sie sinken. Kopfschüttelnd lehnte sie sich an die Wand neben der Tür. Sie hörte Gryfs Stimme, reagierte aber nicht darauf. Langsam kehrte sie in ihre Wohnlandschaft zurück, hebelte die Patrone wieder aus dem Waffenlauf - eine notwendige, reine Sicherheitsmaßnahme, um nicht versehentlich einen ungewollten Schuß auszulösen, und versteckte die Waffe wieder dort, wo sie hingehörte. Jetzt, da Gryf sich außerhalb der Wohnung befand, fühlte sie sich instinktiv geborgener als zuvor. Sie verdrängte die Möglichkeit einfach aus ihren Gedanken, daß er mit seiner ihr unheimlichen Art der blitzschnellen Fortbewegung plötzlich wieder mitten in ihrer Wohnung sein konnte.
    Irgendwie traute sie ihm das einfach nicht zu.
    Sie fühlte sich eigenartig. Es gelang ihr nicht, den Zustand zu beschreiben, in dem sie sich befand. Normal war er jedenfalls nicht. Dabei hatte sie doch -relativ - wenig getrunken. Ein paar niedrigprozentige »Draculas«, ein gut gefülltes Glas Whisky und ein Glas Wein. Sie fühlte sich davon nicht beschwingt, nicht abgehoben und freischwebend.
    Etwas war falsch.
    Fast hätte sie auf Gryf geschossen. Sie war nahe daran gewesen, und seltsamerweise hielt sie sich in ihrer Fantasie an dem Bild fest, das ihr sein aus der Schußwunde sprudelndes Blut zeigte!
    »Um Himmels Willen!« entfuhr es ihr, und sie hatte Mühe, ihre Stimme zu dämpfen; schließlich brauchten die Nachbarn im Haus nicht unbedingt jede Einzelheit mitbekommen, die sich hier abspielte. Als verrücktes Huhn war sie ohnehin schon verschrien. »Was ist mit mir los? Warum finde ich plötzlich Gefallen an dieser blutigen Vorstellung?«
    Und ausgerechnet bei Gryf mit dem wälisischen Nachnamen! Ausgerechnet bei dem Mann, der sie auf eine eigenartige Weise beeindruckte. Nach Lage der Dinge mußte sie in ihm jemanden sehen, der sich mit recht kriminellen Methoden an sie herangemacht hatte, aber sie sah in ihm auch den großen Jungen, auf den sie ihr ganzes Leben lang gewartet hatte, um sich in ihn verlieben zu können. Mußte er ihr nun ausgerechnet mit diesen verrückten Zaubertricks kommen? Und mußte er erst die Agenturbilder gestohlen haben, um an sie heranzukommen?
    Sie verstand das nicht. Sie wollte es auch nicht verstehen. Sie wünschte sich, diesem Mann vertrauen zu können, aber wie sollte sie das fertigbringen?
    Unwillkürlich trat sie ans Fenster. Wie vorhin Gryf, zog auch sie jetzt den Vorhang ein paar Zentimeter weit auf, um hinauszusehen. Vielleicht war Gryf schon unten auf der Straße.
    Aber das war nur dieser auffällige Rolls-Royce, von dem Gryf gesprochen hatte. Eine Wahnsinnsmaschine. Ein aufregend großes, luxuriöses Fahrzeug, und plötzlich erwachte in ihr der Wunsch, sich mit diesem Wagen oder in ihm fotografieren zu lassen. Die

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