0479 - Eine Puppe aus Manhattan
»Was haben Sie mit mir vor?« fragte ich ihn. Ich versuchte ruhig und sachlich auszusehen, aber meine Gedanken vollführten, inzwischen einen ziemlich wilden Tanz.
Der Dialog, dessen Zeuge ich geworden war, ließ an den Absichten der Gangster keinen Zweifel.
Ich war mit Rod allein, aber er war ein fixer, schlagstarker Bursche, und mit meinen gefesselten Händen hatte ich nicht die geringste Chance, ihn auszuschalten. Außerdem war Pinky noch immer in der Nähe. Die Geräusche, die er vor der Tür verursachte, ließen darauf schließen, daß er in einer Kiste herumkramte.
Mir fiel plötzlich ein, daß mein Sitzplatz auf der Betonerhöhung eine ideale Abschußrampe für einen gezielten Angriff mit dem Kopf bildete.
Rod war nur zwei Meter von mir entfernt. Das war genau die richtige Distanz, um die erforderliche Fahrt zu gewinnen. Ich stieß mich mit beiden Beinen ab und sauste mit eingezogenem Kopf auf ihn los. Ich hatte vor, mit meinem Schädel seine Magengrube zu rammen, aber er drehte sich blitzschnell zur Seite, so daß ich ihn nur streifte und dann ziemlich unsanft zu Boden ging.
Er trat mi t dem Fuß nach mir und traf meinen Kopf, gleich zweimal hintereinander.
Pinky kam herein. Er hielt einen Schraubenschlüssel in der Hand. In seinen Augen funkelte es. »Was hat es gegeben?«
»Er wollte sich nur ein bißchen Bewegung verschaffen«, meinte Rod spöttisch.
Ich stand auf und trottete zurück an meinen Pla.tz. Pinky stellte rasch den Fuß vor, um mich stolpern zu lassen. Ich stieg darüber hinweg und setzte mich, als sei nichts geschehen.
Rod grinste. Er spielte sich nicht auf, aber er genoß seinen kleinen Triumph.
Ich versuchte, die gefesselten Hände zu bewegen. Die Schnüre schnitten schmerzhaft in mein Fleisch. Die kleinste Bewegung tat weh.
Pinky ließ den Kopf des schweren Schraubenschlüssels in die linke Handfläche klatschen, wieder und wieder, im monotonen, drohenden Rhythmus.
»Vielleicht sollte ich ihm damit eins über den Schädel ziehen!« knurrte er und starrte mich feindselig an. »Nur so, aus erzieherischen Gründen!«
Rod lehnte sich mit dem Rücken an die schmutzige Wand. »Quatsch nicht soviel und fang endlich an!« sagte er, ohne mich aus den Augen zu lassen.
Pinky schob den Schraubenschlüssel in den Hosenbund. Er ging bis zum Ende des etwa zwanzig Quadratyard großen Kellerraums und hob einen Stahldeckel hoch. Darunter wurde der runde, verschraubte Verschluß des Öltanks sichtbar. Es handelte sich um den Einstieg für eventuell notwendig werdende Reparaturen oder Reinigungen.
Pinky machte sich an die Arbeit. Er geriet dabei richtig ins Schwitzen. Die Schrauben waren fest angezogen und zum Teil eingerostet. Er hatte Mühe, sie zu lösen, aber unverdrossen drehte er eine nach der anderen ab.
In meiner Magengegend machte sich ein Gefühl breit, als hätte sich darin ein Bleiklumpen angesiedelt. Sein Gewicht schien zuzunehmen, je länger ich über das nachdachte, was hier vorbereitet wurde.
Der Öltank war vermutlich gefüllt. Aber selbst, wenn er nur eine kleine ölmenge enthielt, war jeder, der dort unten landete, verloren. Dafür würden schon die Gase sorgen. Den Rest erledigten dann das öl und der Zeitfaktor.
Ich hob fröstelnd die Schultern. Es war schlimm genug, zu begreifen, daß Pinky und Rod nicht vor dem Äußersten zurückschreckten, aber es war noch schlimmer, die Methode zu erkennen, die sie sich für das brutale Verbrechen ausgedacht hatten.
Der Kragen klebte mir am Hals. Es war warm hier unten. Ich schaute mich um. Entlang der Wand standen einige windschiefe Mülltonnen. Sie schienen leer zu sein. Unterhalb der Decke hing eine Anzahl von Leitungs- und Heizrohren; die meisten davon waren von einer dicken Isolierschicht umgeben und weiß getüncht.
Der Raum hatte nur eine Tür. Die Lampe, die gleich neben dieser Tür an der Wand befestigt war, wurde von einem Blechgitter geschützt. Zusammen mit der Glühbirne, die von der Decke herab hing, sorgte sie für eine kalte, grelle Beleuchtung der makabren Szene.
Ich wartete auf einen rettenden Einfall, auf irgendeinen Gedanken, der sich für eine Situationsänderung verwerten ließ, aber ich wartete vergebens.
Pinky hatte es geschafft. Mit schweißglänzendem Gesicht drehte er die letzte Schraube ab. Er richtete sich auf und fuhr sich mit dem Hemdsärmel über die Stirn. »Ich wollte schon immer mal einen G-man verheizen!« sagte er mit höhnischem Grinsen. »Daß ich das mal auf diese Weise schaffen würde,
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