0479 - Ganjo-Alarm
Höhle, und er konnte nichts sehen. Aber die Impulse, die ihm antworteten, wurden intensiver.
Und dann stieß er plötzlich gegen ein Hindernis.
Seiner Berechnung nach mußte es etwa zehn Meter von der Stelle entfernt sein, an der er geschlafen hatte. Nur lag dazwischen der enge Schlauch, den er durchschwommen hatte.
Das Hindernis war keine Felswand wie er zuerst vermutet hatte. Dazu war es zu regelmäßig und seltsam. Dann entsann er sich, so etwas Ähnliches schon einmal gefühlt und gesehen zu haben. Die Gayszatus bauten aus besonders kräftigen Fischgräten Käfige, in denen sie gefangene Eisfische hielten, die längere Zeit an der Luft leben konnten.
Sie wurden im die Käfige gesteckt, damit sie nicht davonliefen. Mit ihren starken Flossen konnten sie beachtliche Strecken auf dem Eis zurücklegen, und wenn sie dann ein Wasserloch fanden, waren sie verschwunden.
Hamart wurde an diese Gitterkäfige erinnert, als er im Dunkeln herumtastete und die armdicken Stäbe fühlte. Aber es waren keine Stäbe aus Knochen. Sie bestanden aus einem anderen und viel härteren Material. Der Mutant konnte nicht wissen, daß sie aus bestem Stahl waren.
Bist du in dem Käfig? fragte er.
Schon seit zwei oder drei Tagen, und ich habe nichts zu essen. Als ich diesen Teil der Höhle betrat, glitt das Gitter herab, und ich war gefangen. Kannst du mich befreien?
Es war Hamart klar, daß er es allein nicht schaffe.
Dazu war er viel zu schwach. Aber Guyl würde helfen können, wenn er ein oder zwei seiner Tentakel durch den Zugang streckte, bis er damit das Gitter erreichen konnte. Er war stark genug, es aus seiner Verankerung zu reißen. Draußen in der dämmerigen Vorhöhle würde man dann auch endlich sehen, wem man aus der Klemme geholfen hatte.
Hamart bereitete den Gefangenen auf das Erscheinen Guyls vor, damit er keinen Schock erlitt.
Soweit er das undeutliche Gedankenbild beurteilen konnte, das er empfing, mußte - der unbekannte und halb verhungerte Bursche hinter den Gitterstäben eine Art Fisch sein. Immerhin ein Fisch mit einer schwachen telepathischen Begabung.
Als er sicher war, daß der Hilfesuchende ihn verstanden hatte und keine Furcht mehr vor dem Kraken verspürte, teilte er Guyl mit: „Ich glaube, jetzt kannst du es versuchen. Aber sei vorsichtig, damit du ihn nicht zerdrückst. Er muß klein und schwach sein, aber das Gitter ist stark und fest."
„Keine Sorge, ich habe seine Impulse auch empfangen. Das schaffen wir schon. Der Kleine ist ein Draafir, etwa so groß wie du. Ein Fisch, der sonst in großen Tiefen lebt und nur selten zur Oberfläche empor kommt. Aber ich habe noch nie davon gehört, daß ein Draafir Telepath ist."
Hamart wich seitwärts aus, als er die heranschwebenden Tentakel verspürte und machte Platz. Guyl schickte ihm ein Gedankenbild, so daß er wußte, was vor ihm in der Dunkelheit geschah. Er sah es so deutlich, als sei die Höhle hell erleuchtet.
Die beiden Tentakel glitten mit den Spitzen durch die Gitterstäbe hindurch und erfaßten zwei von ihnen.
Zum Glück waren sie weit genug voneinander entfernt, sonst hätte Guyl drücken müssen. Und das wiederum wäre für den unglücklichen Draafir gefährlich geworden.
Mit einem kräftigen Ruck zog Guyl an, aber er hatte sich das wohl zu einfach vorgestellt. Das Gitter rührte sich nicht. Es mußte fest im Felsen verankert sein.
„Scheint eine Falle zu sein", meinte der Krake.
„Ich möchte nur wissen, wer sie baute. Chamyros bestimmt nicht."
Er versuchte es abermals, und diesmal stellte sich ein Erfolg ein.
Die Stäbe bogen sich nach außen durch.
Nach zwei weiteren Versuchen kam der Gedankenimpuls Dronals: Ich kann hindurch! Ich bin frei!
Hamart schwamm zu ihm und berührte die kalte, glatte Haut des Draafir. Dabei dachte er: Bleibe bei mir, ich bringe dich in die Vorhöhle zu unserem Freund, dem du deine Freiheit zu verdanken hast! Komm!
Guyl hatte seine beiden Tentakel längst zurückgezogen und erwartete sie in der vorderen Höhle, deren Eingang nur wenige Meter unter dem Wasserspiegel lag. Draußen am Himmel stand noch die weiße Sonne, und ihr schwacher Silberschein drang bis in die Höhle hinein.
Zum ersten Mal in seinem Leben sah Hamart einen Draafir.
Der Fisch glich einem irdischen Delphin, war aber kräftiger und runder gebaut. Trotzdem wirkte er elastisch und biegsam. Sicher war, daß er sich dem hohen Druck der Tiefsee leicht anpassen konnte.
Jetzt, wo sie sich sehen konnten, wurde die Unterhaltung leichter.
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