048 - Amöba saugt die Menschen aus
Scheinwerfer auf der Dmitri Schostajow wieder auszuschalten.
»Es kam
zweimal in der Dunkelheit in die Nähe des Schiffes. Es ist noch immer in der
Nähe, davon bin ich überzeugt .« Dommajews Stimme klang erstaunlich ruhig, obwohl er einer Weltsensation auf der Spur war.
»Vielleicht kommt das Ding auch ein drittes Mal wieder. Wir haben etwas von ihm
zurückbehalten, einen Teil seines riesigen Körpers. Es muß also verletzt
irgendwo in der Nähe liegen .«
»Dann wünsche
ich Ihnen viel Glück, Professor«, klang Pjotr Droganoffs Stimme aus dem Lautsprecher. »Wenn Sie auf der Dmitri Schostajow sind, ist garantiert immer etwas los. Das letzte Mal schon zeigten Sie sich
überrascht über die kopfgroßen Amöben; jetzt scheinen Sie tatsächlich das
Muttertier aufgestöbert zu haben. Wenn es allerdings größer ist als das Schiff,
dann müssen Sie sich schon etwas einfallen lassen, wie wir das Vieh in
heimatliche Gefilde kriegen. Für Amöba kann ich Ihnen
auf jeden Fall keine Extrakabine reservieren !« Und
damit hatte das Ding auch schon seinen Namen weg:
Amöba .
●
Larissa
packte am frühen Morgen die notwendigen Utensilien zusammen. Spät am Abend
schließlich fuhr sie von Moskau ab. Am Bahnhof in Noworossisk nahm sie ein Taxi, das sie zu dem einsam gelegenen Haus brachte. Der Chauffeur
trug der jungen Medizinstudentin das Gepäck bis zur Haustür.
»Kann ich
noch etwas für Sie tun ?« fragte der Mann.
Larissa
lächelte und drückte dem Mann drei Zehn-Rubel-Münzen in die Hand.
»Gute Nacht,
Fräulein! Und vielen Dank!«
»Gute Nacht!«
Larissa kramte den Haustürschlüssel aus ihrer Handtasche und schloß auf.
Überall war es dunkel und still. Auf Zehenspitzen schlich sie in den Korridor,
stellte den Koffer am Treppenabsatz hin und drückte dann leise die Tür wieder
ins Schloß. Knackend rastete der Riegel ein.
Nicolaj
schlief bereits. Und der Hausdiener hatte einen Schlaf wie ein Murmeltier.
Die Stufen
knarrten und ächzten unter Larissas Tritten. Sie seufzte. Wenn Nicolaj nur
nicht erwachte.
Aber alles
blieb ruhig.
Als sie oben
angekommen war, schaltete sie erst einmal die Flurbeleuchtung ein, um nicht
irgendwo anzustoßen. Unwillkürlich hob sie den Blick, und ihr fiel auf, daß die
Tür - eine Treppe höher - einen schiefen Schatten gegen Wand und Decke warf.
Nicolajs
Zimmertür! Sie stand offen?
Unwillkürlich
hielt Larissa den Atem an. Dann öffnete sie den Mund und wollte rufen, es dann
wieder unterlassen - rief schließlich aber doch.
»Nicolaj?«
Ihr Ruf war leise, aber in der Stille des Hauses wirkte er doch lauter als
beabsichtigt.
Ihr
Herzschlag stockte. Als würde eine unsichtbare Hand sie nach vorn schieben,
näherte sie sich dem Treppenabsatz.
»Nicolaj?«
Diesmal rief sie eindringlicher, lauter und ängstlicher.
Die
Beklemmung in ihr nahm zu, und sie fühlte ihr Herz wie einen Fremdkörper in
ihrer Brust. Larissa erreichte die oberste Stufe und warf von dort aus einen
Blick in das düstere Zimmer. Sie wollte schon weitergehen, als sie wie unter
einem Peitschenhieb zusammenzuckte.
Eine Stimme
im Haus! Dumpf und fern. Sie kam aus dem Keller. Jemand mußte dort sehr laut
sprechen, wenn Larissa es hier oben noch deutlich hören konnte.
»... wie Sie
wollen. Es war Ihre letzte Chance, Dommajew !«
Dommajew ? Hatte sie
sich wirklich nicht verhört?
Siedendheiß pulsierte
das Blut durch ihre Adern. Larissa hatte mit einemmal das Gefühl, in einem Geisterhaus zu sein.
Was ging hier
vor? Was war geschehen? Ihr Vater befand sich doch auf der Dmitri Schostajow ]
Kälte- und
Hitzeschauer rasten durch ihren Körper, als sie rasch die Stufen nach unten eilte.
Der
Wortwechsel im Keller nahm immer deutlichere Formen an.
Larissa
hastete die ausgetretenen Stufen hinunter, kam an der Kellertür an und stellte
zu ihrem Entsetzen fest, daß sie weit offenstand. In der Feme des
gewölbeähnlichen, feuchtkalten Ganges vor ihr nahm sie einen schwachen
Lichtschein wahr.
Das Mädchen
biß die zitternden Lippen aufeinander. Larissa war unfähig, einen logischen
Gedanken zu fassen, und wurde nur von einem einzigen Trieb erfüllt: Neugierde!
Sie mußte nachsehen, was hier im Haus vorging.
Wie in Trance
näherte sie sich der Tür, hinter der sich das Labor befand. Die Tür war nur
angelehnt.
Statt des
dunklen Scheins, der normalerweise im Labor herrschte, strahlte ein helles,
gleißendes Licht von der Decke. Aus Erfahrung wußte Larissa, daß ihr Vater nur
in den seltensten Fällen
Weitere Kostenlose Bücher