048 - Blut für Lukretia
Vampirgeschöpf antwortete nicht.
Er öffnete eine Kabinentür und knipste das Licht an. Die Kabine war klein. Ein Doppelbett nahm fast den ganzen Platz ein. Ein Einbauschrank bedeckte eine Wand, gegenüber lag eine schmale Tür, die in eine Duschkabine führte. Dorian warf die Koffer auf das Bett und trat zur Luke. Außer dem nachtschwarzen Meer war nichts zu sehen.
Guido Sera schloss die Tür hinter sich, und Dorian und Coco waren allein.
»Ein besonderes Prunkstück ist diese Jacht nicht«, sagte Dorian missmutig. »Es gibt nicht einmal Telefon.«
»Weshalb sollen wir in der Kabine bleiben?«, fragte Coco.
»Das frage ich mich auch.« Dorian zog seine Jacke aus. »Ich glaube nicht, dass dieses Schiff einem von Lukretias Freunden gehört. Ich habe eine ganz andere Ahnung.«
»Du glaubst, dass sie die Besatzung beeinflusst hat?«
»Genau – das ist meine Vermutung.«
Ein leichtes Vibrieren durchlief das Schiff. Die Motoren wurden angeworfen.
»Ich komme mir wie ein Gefangener vor«, sagte Dorian und versuchte vergeblich die Luke zu öffnen. Sein Ärger steigerte sich immer mehr. Es missfiel ihm, nicht zu wissen, woran er war.
»Wir hätten lieber auf eigene Faust die Flucht fortsetzen sollen«, sagte er, während Coco die Koffer ausräumte und die Kleider in den Einbauschrank hing.
»Jetzt können wir nichts mehr ändern«, meinte Coco. »Du hast die Hilfe der Oppositionsdämonen gewünscht und …«
»Ich konnte nicht ahnen, dass sie mir eine Vampirin als Beschützer schicken würden«, stellte Dorian missmutig fest. Er blickte noch immer aus der Luke. Die Jacht setzte sich langsam in Bewegung. Lichter spiegelten sich auf dem dunklen Wasser. Das Tuten einer Schiffssirene war zu hören.
»Die beiden geköpften Toten gehen mir nicht aus dem Sinn«, sagte Coco. »Wo wohl unser unbekannter Freund stecken mag?«
Dorian winkte ungeduldig ab. »Deine Fragen sind sinnlos, da wir keine Antwort darauf finden.«
»Du hast auch schon bessere Laune gehabt.«
»Das kannst du wohl sagen. Ich sehe mich an Bord um.«
»Das würde ich an deiner Stelle lieber sein lassen«, hörte Dorian Lukretias Stimme. Die Vampirin trat in die Kabine.
Dorian wandte den Kopf. »Weshalb?«
»Niemand braucht zu wissen, dass ihr euch an Bord befindet. Ich habe die Besatzung unter Kontrolle.«
»Ich habe dich schon einmal gefragt, Lukretia, wem die Jacht gehört. Diesmal will ich eine Antwort!«
»Das hat dich nicht zu interessieren«, entgegnete die Vampirin. »Ihr seid an Bord. Nur das zählt. Und in einer halben Stunde haben wir das offene Meer erreicht. Hier haben wir nichts zu befürchten. Ich würde jede Annäherung eines anderen Schiffes sofort bemerken.«
»Das wage ich stark zu bezweifeln.«
»Ich habe keine Lust, mit dir zu streiten, Dorian«, sagte Lukretia ungeduldig. »Ich erfülle nur meine Aufgabe, und ich wäre dir dankbar, wenn du sie mir nicht erschweren würdest.«
Das Schlingern und Stampfen der Jacht wurde stärker. Guido Sera servierte Kaffee. Guido verbeugte sich und verschwand geräuschlos aus der Kabine. Dorian trank seine Tasse in einem Zug aus.
»Um es ganz offen zu sagen, Lukretia: Ich traue dir nicht.«
»Ich sage dir auch etwas ganz offen – ich habe mich nicht um die Aufgabe gerissen, euch nach London zu bringen. Aber mir blieb keine andere Wahl. Wenn ich ehrlich sein soll, dann wäre es mir lieber, ihr wäret schon heute tot.«
»Fein«, sagte Dorian, der etwas von seiner guten Laune zurückgewonnen hatte. »Jetzt spielen wir endlich mit offenen Karten. Es wurde auch schon Zeit. Weshalb wurdest du gezwungen, uns zu helfen?«
»Vor einem Jahr steckte ich in einer üblen Situation. Ich war auf die Hilfe eines mächtigen Dämons angewiesen. Er half mir. Dafür musste ich ihm versprechen, ihm irgendwann bedingungslos zu helfen. Ein Jahr lang geschah nichts. Erst gestern vernahm ich seinen Ruf und erhielt den Auftrag, euch zu schützen und sicher nach London zu geleiten. Dieser Auftrag war ein Schock für mich. Ich wusste ganz genau, welch unermesslichen Schaden du über die Schwarze Familie gebracht hast. Ich hatte mir immer geschworen, dich zu töten, wenn du mir einmal begegnen würdest. Aber alles kam ganz anders. Jetzt muss ich dir helfen. Und ich hasse mich dafür.«
»Eine ergreifende Geschichte«, spottete der Dämonenkiller. Sein Gesicht wurde ernst. »Ich glaube dir kein Wort, Lukretia.«
»Das ist mir gleichgültig«, sagte die Vampirin kühl. »Von mir bekommt ihr keine
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