048 - Blut für Lukretia
schnaubte Buanarotti. »Aber … Haben Sie gute Nerven?«
»Ja.«
»Dann sehen Sie selbst.«
Lukretia stellte sich neben Coco und sah sich Buanarotti genau an. »Geh nicht in das Zimmer. Es könnte sich um eine Falle handeln.«
»Was reden Sie da für einen Unsinn?«, brummte Buanarotti.
»Was haben Sie gesehen, Buanarotti?«, fragte Dorian.
»Vor zwei Stunden öffnete ich die Särge – da war alles in Ordnung. Ich ging dann fort und kam vor einigen Minuten zurück. Und in der Zwischenzeit …«
Dorian ging an Buanarotti vorbei und warf einen Blick in das Zimmer. Die Särge standen nebeneinander vor dem Doppelbett. Die Sargdeckel lehnten an einer Wand. Ohne zu zögern ging der Dämonenkiller ins Zimmer und blieb vor den Särgen stehen. Jetzt konnte er auch das Entsetzen Buanarottis verstehen. Jemand hatte den beiden Toten die Köpfe abgeschlagen. Es war ein schauriger Anblick.
Carlo Buanarotti trug einen hellen Sommeranzug. Die Arme hatte er über der Brust gekreuzt, und zwischen den Händen lag sein abgeschlagener Kopf. Das Haar des Toten war schwarz, die Haut gebräunt und die Augen weit aufgerissen, dunkel und gebrochen. Der Mund war zu einem bösartigen Grinsen verzogen. Maria Buanarotti sah nicht anders aus. Auch sie hielt ihren Kopf zwischen den Händen. Ihr schwarzes Haar war aufgesteckt, und die blauen Augen waren weit aufgerissen. Der Dämonenkiller hatte genug gesehen.
»Irgendjemand hat in Ihrer Abwesenheit die Toten geköpft.«
Buanarotti nickte. »Wer tut so etwas Entsetzliches?«, fragte er mit versagender Stimme.
»Keine Ahnung«, sagte Dorian. Es kam ihm völlig unsinnig vor. Er hatte vermutet, dass Olivaro die beiden Toten erwecken würde, um sie auf ihn und Coco zu hetzen. Und einen Untoten tötete man am besten, indem man ihm den Kopf abschlug. Mit geköpften Toten war nicht viel anzufangen.
»Ich werde die Polizei verständigen«, sagte Buanarotti.
»Ich würde mich lieber mit der Hotelverwaltung in Verbindung setzen«, empfahl ihm der Dämonenkiller.
»Das werde ich auch tun.« Buanarotti hatte sich wieder etwas beruhigt.
»Und lassen Sie die Särge nicht aus den Augen!«, rief Dorian Buanarotti hinterher, als der in sein Zimmer ging und hinter sich absperrte.
»Wir packen und verschwinden«, sagte Coco.
»Hast du bemerkt, ob dieser Buanarotti von einem Dämon beeinflusst ist, Lukretia?«, fragte Dorian.
Die Vampirin schüttelte den Kopf. »Nein, ich habe nichts bemerkt.«
»Na gut. Dann brechen wir sobald wie möglich auf.«
Sie nahmen sich ein Taxi. Es war kurz nach Mitternacht, als sie den Government Dockyard erreichten. Sie stiegen aus und betraten den sechshundert Meter in das Hafenbecken reichenden Pier. Hier lagen viele Schiffe vor Anker. Einige Hafenarbeiter kamen ihnen entgegen, beachteten sie jedoch nicht.
»Wo liegt das Schiff?«, fragte Dorian.
»Wir sind gleich dort«, antwortete Lukretia.
Während der Fahrt zum Hafen hatte sich Dorian immer wieder umgeblickt, doch sie waren nicht verfolgt worden. Er hatte dem Taxifahrer sein Amulett entgegengehalten, doch dieser hatte nicht darauf reagiert.
»Wir sind da«, sagte Lukretia endlich. Sie zeigte auf eine dunkle Jacht.
Sie betrat den Bootssteg – Guido Sera und Coco folgten ihr, während Dorian sich noch einmal umblickte.
Der Pier war verlassen. Von einem der Schiffe drang laute Musik und Gelächter herüber. Die Jacht war etwa zwanzig Meter lang und erinnerte Dorian an Jeff Parkers Schiff, das vor langer Zeit bei seiner Flucht vor Asmodi untergegangen war. Dorian betrat die Jacht. Er hatte eine tiefe Abneigung gegen Schiffsreisen, was auch kein Wunder war. Er konnte sich an keine erinnern, bei der ihm nicht etwas Unangenehmes zugestoßen war. Er konnte die Abenteuer mit dem von Asmodi geschaffenen Moloch und dem von Olivaro erweckten Tangaroa nicht aus dem Gedächtnis verdrängen.
»Wo steckt die Besatzung?«, fragte Dorian, als sie an Bord waren. »Wem gehört die Jacht?«
»Die Jacht gehört einem Freund«, meinte Lukretia ausweichend. »Guido wird euch die Kabine zeigen. Ihr dürft sie nicht verlassen. Unter keinen Umständen, habt ihr mich verstanden?«
Dorian runzelte die Stirn. Das gefiel ihm keineswegs. Guido Sera stieg die Treppe zum Kabinendeck hinunter. Dorian und Coco folgten ihm. Als sich der Dämonenkiller einmal umdrehte, war Lukretia verschwunden. Die Jacht schaukelte leicht, als sie einen schmalen Gang entlanggingen.
»Warum machst du kein Licht, Guido«, fragte Dorian, doch das
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