048 - Blut für Lukretia
auf dem Boden gesessen. Die Menschen befanden sich in einem tranceartigen Zustand. Im Salon hatte sie einen jungen Inder gesehen, der in Begleitung einer hübschen blonden Frau war. Sie schliefen engumschlungen. Da war ihr Verlangen nach Blut erwacht. Sie hatte sich nicht zurückhalten können, den schlafenden Mann an sich gezogen, ihn in den Hals gebissen und gierig das warme Blut getrunken. Dann hatte sie sich dem jungen Mädchen zugewandt. Vom Blut der beiden berauscht, war sie an Bord getaumelt. Guido Sera war in der Zwischenzeit nicht untätig geblieben. Er hatte zwei Männern das Blut ausgesaugt. Lukretia riss Guido zurück, als er sich ein weiteres Opfer holen wollte.
Sie wartete geduldig darauf, dass sich der Dämon meldete. Nach einer halben Stunde war es soweit. Sie hörte die Stimme in ihrem Kopf. Sie sollte morgen Dorian und Coco auf das Schiff bringen. Dann ergriff eine magische Kraft Besitz von ihr. Alles verschwamm vor ihren Augen. Die Stimme befahl ihr, sofort zum Hotel zurückzufliegen. Lukretia war dem Befehl gefolgt und hatte Coco im letzten Augenblick gerettet. Während des Gesprächs mit Dorian und Coco im Hotel hatte sich der Dämon eingeschaltet und befohlen, dass sie noch heute abreisen sollten. Und wieder gehorchte Lukretia.
Sie fuhren zur Jacht. Guido brachte Dorian und Coco in ihre Kabine, während sich Lukretia um die Besatzung kümmerte. Doch sie brauchte keine Befehle zu erteilen. Die Männer handelten von selbst. Und wieder meldete sich der Dämon. Sie sollte Dorian und Coco betäuben, ihnen ein Schlafmittel in den Kaffee schütten und verhindern, dass sie ihre Kabine verließen. Auch diesen Befehl erfüllte Lukretia. Als sie die Tür zu der Kabine des Dämonenkillers versperrt hatte, blieb sie stehen und dachte nach. Sie hatte Dorian auf seine Fragen keine Antwort geben können, da sie keine wusste. Ihr war unbekannt, wem die Jacht gehörte. Ihr war auch ihr Ziel unbekannt. Dorian gegenüber hatte sie behauptet, dass Aden ihr Ziel sei, aber das traf nicht zu. Sie hatte keine Ahnung, wohin die Reise gehen würde.
Ja, sie wusste nicht einmal, auf welcher Seite sie eigentlich stand. Handelte sie auf Anweisung der Oppositionsdämonen, oder war Olivaro ihr Auftraggeber? Sie stieg die Treppe zum Deck hinauf und blieb stehen. Sie hatten das offene Meer erreicht. Sie wandte den Kopf, als sie Schritte hörte. Guido Sera blieb neben ihr stehen. Ihre Gier nach Blut wuchs. Ich muss mich beherrschen , dachte sie. Ich darf nicht wahllos Opfer unter der Besatzung suchen.
»Komm mit«, sagte sie zu Guido, der ihr wie ein gut dressierter Hund folgte.
Vor dem Salon blieb sie stehen. »Guido«, sagte sie scharf. »Du fällst keinen Menschen mehr an. Hast du mich verstanden?«
Ihr Begleiter nickte.
Lukretia öffnete die Tür des Salons und drehte das Licht an. Der Inder und die Frau lagen noch immer engumschlungen auf der Couch. Doch sie hatten sich verändert. Lukretia hatte nur einen Teil ihres Bluts gesaugt. Der Keim des schwarzen Blutes steckte in ihnen. In wenigen Minuten würden sie die Metamorphose durchlaufen haben und sich in Schattenwesen verwandeln, wie es mit Guido Sera vor zwei Jahren geschehen war. Meistens kümmerte sich Lukretia nicht um ihre Opfer. Beim ersten Schein des Tageslichts zerfielen sie zu Staub. Und das war ihr nur Recht.
»Kümmere dich um die Besatzungsmitglieder, deren Blut du gesaugt hast, Guido«, sagte Lukretia. »Sperre sie in eine Kabine und verdunkle die Luken. Hast du mich verstanden?«
Guido nickte erneut.
Der Inder bewegte sich langsam. Er hob den rechten Arm und löste sich aus der Umarmung der blonden Frau. Seine Lider flatterten. Seine Haut war grau geworden, das schwarze Haar wirkte stumpf. Deutlich zeichneten sich die Bisswunden an seinem Hals ab. Blutspuren waren auf seiner Jacke. Er schlug die Augen langsam auf. Ruckartig wandte er den Kopf. Mit blutunterlaufenen Augen blickte er überrascht auf Lukretia. Er öffnete den Mund, und sie lächelte zufrieden. Sein Gebiss hatte sich ebenfalls verändert. Es wies die charakteristischen langen Eckzähne auf.
»Ich bin deine Herrin«, sagte Lukretia. Unsichtbare Bande verknüpften sie mit ihren Opfern, denen keine andere Wahl blieb, als ihr zu folgen. »Sag mir deinen Namen!«
Der Inder setzte sich auf. »Ich bin Nadir Shah.«
»Gehört die Skanda dir?«
»Ja, es ist meine Jacht.«
Lukretia lächelte zufrieden. »Und wer ist das Mädchen?«
»Ann Mathers.«
Die junge Frau bewegte sich und setzte sich
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