048 - Die Bande des Schreckens
nicht voraussehen können - Gott sei Dank! Nur...« Das letzte Datum kam ihr in den Sinn, der 1. August, und heute war der 23. Juli! »Was wird am 1. August geschehen?«
»Eben! Niemand weiß etwas über die Bande des Schreckens, etwas Handgreifliches, außer mir, und ich weiß so gut wie nichts. Man spürt sie dann und wann, glaubt sie zu erkennen. Der alte Shelton hat eine Million aus den Banken herausgeholt, aber die großen Ausgaben für sechs verschiedene Leben haben alles verschlungen. Vielleicht hat er auf Pferde gesetzt. Auch Schwindler haben irgendeine Schwäche. Seine Boten bezahlte er sehr gut. Es war kostspielig, Leute nach Amerika zu schicken, um Geld auf Kreditbriefe abzuheben. Einmal schickte er im Sonderzug einen Mann von New York nach Sacramento, der nur in den großen Städten haltmachte, um zu kassieren, und dann der nächsten Stadt entgegenbrauste. Geschickt -aber es hat Geld gekostet. Trotzdem - eine Million ist eine Menge. Hinter ihm stand die ganze Zeit die Bande des Schreckens. Mr. Monkford hatte einen Bruder, der eine Woche, nachdem ich Shelton verhaftete, nach Ilfracombe auf Urlaub fuhr. Er ertrank. Man fand ihn eines Morgens im Badeanzug am Strand. Mr. Monkford glaubte an einen Unglücksfall. Das war es auch. Sie erwischten eben den falschen Monkford!«
»Ermordet?« fragte sie starr.
»Sie erwischten den Falschen«, wiederholte Long und kniff für einen Moment die Augen zusammen. Etwas schien ihn zu belustigen. »Sie fahren um sechs Uhr fünfzehn mit dem Zug in die Stadt? Ich auch, doch fahre ich Dritter, das ist demokratischer... «
Er beugte rasch den Kopf in der Richtung zum dichten Ufergebüsch vor. Die eine Hand fuhr in die Tasche, die andere hielt krampfhaft den Zweig fest.
Ihr Herz schlug schneller. Starr blickte sie nach dem Gebüsch, von wo sie gedämpftes Rascheln zu hören meinte.
Der Kahn drehte sich. Die Ursache entdeckte sie bald - das Gelenk der Hand, die den Zweig hielt, drehte sich ebenfalls. Dann hörte die Bewegung auf, und Long erhob sich so leicht, daß das Boot kaum schaukelte. Er stand jetzt genau zwischen ihr und dem Gebüsch, hinter dem sie das Geräusch vermutet hatte, und schien zu horchen. Ebenso schnell, wie er aufgestanden war, setzte er sich wieder und ruderte den Kahn in die Mitte des Stromes.
Er sprach lange nicht, gab auch keine Erklärung, sondern ruderte weiter, anscheinend dem gegenüberliegenden Ufer zu.
»Haben Sie unseren Nachbarn schon gesehen?« fragte er nach einer Weile. »Sie sollten seine Bekanntschaft machen - er ist eine Sehenswürdigkeit von Marlow. Ich nenne ihn Herkules. Die Leute in der Umgebung haben einen anderen Namen für ihn. Er hielt sich damals in der Bank auf, als ich Shelton abfaßte, und obschon er recht schlaff aussieht, hat er doch kräftig zugegriffen. Diese phlegmatischen Männer sind manchmal doch ganz tüchtig. Als ich in Cambridge war... « Er brach ohne ersichtlichen Grund ab. Sie hatten die Uferpartie mit dem unübersichtlichen Gestrüpp hinter sich gelassen. Ein wunderschöner Anblick bot sich ihnen. Das Haus am Ende des unvermeidlichen Rasens war kleiner als Benham Abbey. Die viereckige, sattgrüne Rasenfläche diente jedoch nur als Rahmen für den mittendrin angelegten Garten - einen der schönsten, die Nora je gesehen hatte. Karmesinrot, Gold, Kobaltblau und tiefdunkler Purpur mischten sich zu einem harmonischen Wirrwarr. Das Haus war fast vollständig mit hellroten Kletterrosen und Glyzinien überwachsen. Zu beiden Seiten des Rasenplatzes liefen schattige Laubengänge vom Fluß bis zum Haus. Nah beim Ufer stand ein aufgespannter, rot-weiß gestreifter Sonnenschirm. Darunter lag ein Mann in einem Rohrstuhl ausgestreckt. Mühsam stand er auf, als der Kahn am Ufer anlief. Er war hager und hatte ein längliches, kränklich wirkendes Gesicht. Er klemmte ein Monokel ins Auge, um die Besucher zu betrachten.
»Hallo, Long!« rief er langgezogen, als sie ans Ufer stiegen, und streckte dem Inspektor seine schlaffe Hand entgegen, während er seine hellen Augen auf das Mädchen richtete.
»Ich möchte Sie mit Miss Sanders bekannt machen - das ist Mr. Crayley!«
»Jackson Crayley -«, verbesserte der andere. »Wie geht's? Setzen Sie sich, bitte!«
Seine Hand fühlte sich so leblos an, daß Nora die Empfindung hatte, einen Handschuh zu drücken.
»Ich glaube, Miss Sanders würde gern Ihren Garten ansehen.« »Er ist herrlich!« sagte das Mädchen begeistert.
»Ja-a! Nicht schlecht.« Es schien Crayley zu
Weitere Kostenlose Bücher