048 - Die Bande des Schreckens
Miss...«
»Alice Cravel«, sagte sie. »Mein Bruder und ich sind die Besitzer von Little Heartsease.«
»Little Heartsease!« Long nahm es mit Bestürzung zur Kenntnis und fragte von neuem: »Sind Sie ganz sicher, daß der Name Nora Sanders gefallen ist?«
»Vollkommen sicher.«
»Kennen Sie sie?«
»Ich kenne sie mehr dem Namen nach. Sie ist Sekretärin von Miss Revelstoke, die gewöhnlich die Golfwoche in Little Heartsease verbringt. Wir erwarten sie nächsten Montag. Besonders gut kenne ich Miss Sanders nicht, sie war aber schon voriges Jahr in Little Heartsease. Sie ist sehr hübsch.« Nachdenklich biß sich der Wetter auf die Unterlippe. »In welchem Theater waren Sie heute abend?« Ohne zu zögern nannte das Mädchen ein bekanntes Theater.
Little Heartsease! Nicht nur Nora Sanders, auch Joshua Monkford würde dort wohnen. Der Bankier hatte zwei Zimmer bestellt, eines davon für ihn, Long. In Heartsease sollte Monkford den Tod finden. Der Wetter glaubte nicht an Zufälle, vor allem nicht an so auffallend unwahrscheinliche Zufälle. Er ließ ein Taxi kommen und brachte das Mädchen nach Hause. Danach fuhr er nach Scotland Yard zurück. Unterwegs beschäftigte ihn der mißglückte Entführungsversuch an Miss Cravel, der eigentlich Miss Sanders gegolten hatte. Wie konnte man die beiden verwechseln? Nora war kleiner, ihre Gesichtsfarbe ganz anders, und was hätte sie um Mitternacht in Berkeley Square zu suchen gehabt.
Früh am nächsten Morgen fuhr er nach Berkshire und erreichte das Klubhotel zu einer Stunde, als die Gäste erst allmählich an ihr Morgenbad dachten.
Long fragte nach dem Besitzer und erfuhr, daß Mr. Cravel zeitig aufgestanden sei, augenblicklich frühstücke er in seinem Privatbüro. Ein großer, ernst aussehender junger Mann in tadellos sitzendem Cut kam ihm entgegen.
»Ja, ich habe von dem Vorfall gehört«, sagte Cravel. »Meine Schwester rief mich noch in der Nacht an. Sie sind Inspektor Long? Ich glaube, ich habe nächste Woche ein Zimmer für Sie reserviert.« Er war völlig gelassen. Nicht einmal die Gefahr, in der sich seine Schwester befunden hatte, schien ihn sonderlich aufzuregen. »Meine Schwester und ich, wir haben keine Feinde, aber viele gute Freunde. Darum ist dieser Anschlag ganz unerklärlich. Es muß ein Irrtum sein. Ich nehme an, daß die Täter nicht festgenommen wurden, wie? - Eben. Es überrascht mich nicht. Wollen Sie Ihr Zimmer sehen? Es liegt neben dem Mr. Monkfords.«
»Ich möchte gern wissen, was für Gäste nächste Woche hier erwartet werden.«
»Ich kann Ihnen meine Liste zeigen«, sagte Cravel und schlug eine Mappe auf, der er einen großen, mit zierlicher Schrift beschriebenen Papierbogen entnahm. Der Inspektor überflog die Liste der zu erwartenden Gäste.
»Miss Revelstoke ist eine regelmäßige Besucherin, nicht wahr?«
»Ja, natürlich, sie interessiert sich zwar nicht gerade fürs Golfspiel, aber sie liebt Gesellschaft. Die Dame, deren Name gestern beim Überfall auf meine Schwester fiel, ist ihre Sekretärin.«
Der Wetter schwieg und verfolgte die Liste weiter.
»Jackson Crayley - ist auch er ständiger Besucher während der Golfwochen?«
»Er war voriges Jahr hier. Ich möchte sagen, daß Mr. Crayley einer unserer Freunde ist, wenn man überhaupt von seinen Gästen als von Freunden sprechen darf. Eigentlich ist er ein Freund meiner Schwester, denn... Nun ja, sie sind sehr gute Freunde. Wir haben ihn in Marlow besucht, meine Schwester und ich.«
Im weiteren Verlauf des Gesprächs teilte Mr. Cravel mit, daß Miss Alice den Empfang der Gäste besorge und die Rechnungen erstelle, wobei ihr ein Büroangestellter und ein Buchhalter behilflich seien.
Er führte den Wetter in den zweiten Stock hinauf, um ihm die Zimmer zu zeigen.
»Dies hier wird Mr. Monkfords Zimmer sein.« Cravel öffnete die Tür zu einem wunderbar eingerichteten Apartment. »Es ist etwas größer als das Ihre nebenan.«
Auf diesem Gang befanden sich nur zwei Schlafzimmer und ein Salon. Die beiden Zimmer waren bis zur halben Höhe mit dunkler Eiche, der Salon dagegen mit hellem Holz getäfelt. Jedes Zimmer hatte ein mit Steckkontakt angeschlossenes Telefon und ein eigenes Badezimmer.
Der Wetter öffnete das vergitterte Fenster in Monkfords Zimmer und schaute hinaus. Unten sah er ein ungefähr zwanzig Yard langes Glasdach. Das Dach des Speisesaals, wie der Hotelier bemerkte. Ein günstiger Umstand, fand Long, denn dadurch war es so gut wie unmöglich, daß dem Bankier von
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