0481 - Laurins Amazonen
Parapsychologe ab.
Nur eine Viertelstunde später tauchte Ted Ewigk zur Verblüffung Aldebarans auf. Dem Zwerg verschlug es die Sprache. Er behauptete, es sei ein übler Trick, mit dem er hereingelegt werden solle, bis Ewigk und Zamora ihm die Regenbogenblumen im Kellerlabyrinth des Châteaus und gleichermaßen im Keller unter Ted Ewigks römischer Villa vorführten. Jene Blumen, zwischen denen eine eigentümliche Verbindung bestand, die man benutzen konnte, um innerhalb weniger Sekunden von einer Blumengruppe zur anderen versetzt zu werden -vorausgesetzt, man hatte eine konkrete Vorstellung vom gewünschten Ziel. Auf diese Weise waren Teds Haus und das Château sich trotz der gewaltigen Entfernung näher als die Tore eines Fußballfeldes.
»Praktisch wäre es, wenn in Laurins Reich, vielleicht sogar in seinem Rosengarten, ebenfalls Regenbogenblumen wüchsen«, überlegte Zamorra. Aber Aldebaran schüttelte heftig den Kopf, nachdem er sich diese Pflanzen eingehend angesehen hatte, die groß genug waren, um einen Zwerg wie ihn in ihren Blütenkelchen verschwinden zu lassen. »Solche ungewöhnlichen Blumen gibt es bei uns nicht; ich wüßte davon. Sind sie fleischfressend?«
Zamorra lächelte. »Bislang haben wir noch keine derartigen Erfahrungen gemacht«, gestand er. »Nun, Aldebaran, glaubt Ihr nunmehr, daß Ted Ewigk nicht der Anführer der Feinde sein kann? Er kann schwerlich zugleich hier und in Laurins Reich sein.«
Der Zwerg sah den Reporter, der aussah wie ein Wikinger auf Raubzug, nachdenklich an. »Aber diese unglaubliche Ähnlichkeit!« murmelte er. »Wie ist das möglich?«
»Scheint, als hättest du neuerdings einen Doppelgänger, Ted«, stellte Zamorra fest.
Ewigk zuckte mit den Schultern. »Was machen wir, Zamorra? Helfen wir dem Unsichtbarkeitsfanatiker und räuchern die Räuberhöhle aus?«
»Meint Ihr mit diesem unaussprechlichen Wort etwa meinen König?« fuhr der Zwerg auf und legte die Hand auf den Schwertgriff.
Ted nickte amüsiert.
»Ich werde Euch Frechling in dünne Scheiben schneiden!« schrie Aldebaran empört und zog seine Klinge. Zamorra legte ihm die Hand auf die Schulter.
»Er meint’s doch nicht böse«, sagte er. »Es ist eine ehrenvolle Bezeichnung.«
»Pah«, murmelte der Albe. »Ich will’s glauben, weil Ihr es sagt, Herr Montagne, doch die Erfahrung lehrt, daß unverständliche Wörter dieser Art meist Beleidigungen sind. Was ist nun, brechen wir endlich auf, meinen König zu retten?«
Zamorra nickte.
»Wir brauchen einen Schlachtplan«, sagte Ted Ewigk.
»Ich habe einen«, verkündete Nicole. Erwartungsvoll sahen die anderen sie an. »Und wie sieht der aus?«
»Wir gehen hin geben Teds Doppelgänger eins auf die Mütze und gehen wieder heim.«
Aldebaran hob die buschigen Brauen. »Perfekt«, ächzte er.
***
Es wäre fast zu einfach gewesen, nach Lyon zu fahren, von dort nach Innsbruck zu fliegen und mit einem Leihwagen über Grenze und Brennerautobahn nach Bozen zu fahren, um von dort aus zum Karer Paß in den Dolomiten und somit zu Laurins Rosengarten vorzustoßen. Aber was sonst wundersamerweise immer funktionierte, klappte diesmal nicht - alle Flüge dieses und des kommenden Tages zwischen Lyon und Innsbruck waren für die nächsten 36 Stunden restlos ausgebucht. Hinzu kam, daß Aldebaran natürlich keinen Paß besaß und Flughafenkontrollen wesentlich strenger durchgeführt wurden als die an den Landesgrenzen, welche in letzter Zeit eher lasch geworden waren. Also beschloß Zamorra zähneknirschend, die Strapaze einer Autofahrt auf sich zu nehmen. »Am besten nehmen wir den Cadillac«, schlug Nicole vor. »Mit dem können wir offen fahren und den erfrischenden Fahrtwind genießen, und groß und bequem ist er auch noch!«
»Und säuft auf den Bergstrecken soviel Benzin, daß wir einen eigenen Tankwagen als Begleitfahrzeug bestellen müssen«, wehrte Zamorra ab. »Außerdem ist dein Schlachtschiff für die kurvenreiche und schmale Strecke von Bozen zu Karer Paß viel zu breit und unhandlich. Wenn uns da nur ein Fiat Panda entgegenkommt, ist die Straße schon nicht mehr breit genug! Wir nehmen den BMW!« Und dann machte er sich zum ersten Mal Gedanken darüber, wie eigentlich der Zwerg bis zur Loire gekommen war.
»Natürlich zu Fuß!« erwiderte Aldebaran und deutete auf seine Schnallenschuhe, die zwar sorgfällig blankgeputzt waren, aber einen etwas ausgetretenen Eindruck machten. »Glaubt Ihr etwa, ich habe mir Flügel wachsen lassen und sei
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