0482 - Die mörderischen City-Gnome
er über seine Augen.
»Wir leben«, sagte er leise. »Wir leben. Habt ihr die beiden im Führerhaus schreien gehört?« Der Reihe nach blickte er die Rocker an. »Habt ihr alles gehört? Da hat das Reich der Toten zugeschlagen und sie sich für immer geholt.«
»Und was geschieht mit uns?« fragte Malik mit leicht kreischender Stimme.
»Wir überleben.«
»Wie kannst du dir so sicher sein?«
»Ich weiß es eben. Man ist mit mir in Kontakt getreten, das dürft ihr nicht vergessen.« Er lachte wieder, rieb sich die Hände und rutschte auf die Tür zu.
Die anderen drei schufen ihm den nötigen Platz. Von innen war die Tür nicht zu öffnen, das wollte Modena auch nicht. Er duckte sich etwas und drückte sein Ohr gegen das Metall.
»Nichts zu hören«, sagte er nach einer Weile.
»Aber das grüne Licht da oben ist geblieben«, meldete Dyan Cato.
»Es wird auch noch bleiben.«
Danach richteten sich acht Augen auf die Tür, denn sie hatten bemerkt, wie sie zitterte.
Plötzlich sprang sie auf und schwang noch nach.
Die Rocker schauten jetzt in eine für sie fremde Welt.
Ein Märchenland, eine Phantasiewelt, bestehend aus einer glasigen Masse, die an Gelierzucker erinnerte. Durchsichtig und dennoch nicht zu durchschauen, klar und doch voller Gegensätze.
Dyan Cato, hatte seinen Kopf vorgestreckt. »Ist das das Reich der Toten?«
»Ja«, sagte Ricky.
Cato grinste verzerrt. Vor einer Woche noch, da hatten sie ihn immer mit seinem Spitznamen Bronson angesprochen. Das war vorbei und lag auch einfach zu lange zurück. Er konnte sich kaum noch daran erinnern, daß er zusammen mit Ricky in das Krankenzimmer des Franzosen eingedrungen war, um den Mann zu töten.
»Wer macht den Anfang?« fragte Ben. Er dachte an Ricky und schaute diesen auch an, aber der Rockerchef schüttelte nur den Kopf.
»Keiner von uns. Sie werden uns holen.«
»Wer ist sie?«
»Die andere Welt…« Er räusperte sich. »Sie hatte sogar die Kraft, die Tür zu öffnen, demnach wird sie auch zu uns kommen und uns einfach ergreifen.«
»Werden wir dann getötet?« fragte Malik.
»Weshalb sollten wir? Man hat uns doch geholt. Bestimmt kommen wir wieder zurück, besser als zuvor, gestärkter, versteht ihr das?«
Sie verstanden es nicht, wagten aber nicht zu widersprechen. Selbst Cato Bronson hatte Furcht. Auf seiner Stirn lagen dick die Schweißperlen. Der Mund stand halboffen. Wenn er atmete, erschienen Bläschen auf seinen Lippen.
Ricky Modena hatte nicht zuviel versprochen. Sie brauchten nicht hinauszugehen, urplötzlich spürten sie alle, daß etwas um sie herum war und sich ihrer annahm.
Dies mit Leib und Seele. Sie waren nicht mehr sie selbst, das andere hatte von ihnen Besitz ergriffen, und sie konnten sich nicht dagegen wehren. Ein jeder schaute auf den anderen. Er wollte sehen, was alles genau geschah, und die Kraft hob sie vom Boden an, als wären sie ihrer eigenen Aktivitäten beraubt worden.
Sie tauchten in die grüne Masse ein, als würde man sie in eine gläserne Wand schieben.
Und alles wurde anders.
Nicht die Welt der Toten hielt sie umfangen, auch nicht das Jenseits, sondern ein Reich, das viele Legendenforscher zwischen Himmel und Hölle, zwischen Diesseits und Jenseits angesiedelt hatten.
Aibon…
***
Kulissenhaft ragten die zerfetzten Stahlträger, die eingestürzten Mauerreste, die Leitungen, die Trümmer und Balken in den düsteren Londoner Himmel.
Eine nicht erklärbare Explosion hatte diese Insel innerhalb der Großstadt London geschaffen, und es war niemand da, der sich darum kümmerte.
Die Experten berieten, sie wollten neue Untersuchungskommissionen zusammenstellen, und das kostete Zeit.
Zeit, die das andere, das Unheimliche, das Nichterklärbare nutzen konnte, um an die Oberfläche zu gelangen.
Es war längst da, es hatte sich gezeigt. Eine grüne glasige Masse, die den Untergrund eingenommen und damit ein Tor freigegeben hatte, um eine Welt in die andere zu lassen.
Insgesamt eine trostlose Kulisse, die auch durch das Wetter noch grauer gemacht wurde..
Es gingen nur wenige Menschen an der Unfallstelle vorbei. Diejenigen, die sie passierten, warfen scheue Blicke auf die Trümmerlandschaft; als spürten sie, das dort etwas Fremdes lauerte, das sie verschlingen würde.
So dachte der Fahrer des Wagens nicht, der seinen Dienstrover in die schmale Straße hineinlenkte und sich im Schrittempo dem Grundstück näherte.
Der Mann hinter dem Lenkrad war Suko. Er hatte seinen Plan sofort in die Tat umgesetzt,
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