0483 - Das Girl, das zuviel wußte
Sie hatten ein viereckiges Stück des Zementbodens in der anderen Ecke der Halle freigelegt, und Bertie machte sich jetzt an irgendeinen Holzbalken am Boden zu schaffen. Dann hörte ich ein hölzernes Knirschen, und eine dickwandige Falltür klappte auf.
Fast sofort füllte sich der Raum mit dem fauligen Gestank der Abwässer.
***
Eag war an der Wand stehengeblieben. Er starrte zu Jones und mir herüber. Sein kantiges Gesicht war farblos, seine Zunge fuhr nervös über die Lippen. Bertie schien bessere Nerven zu haben. Er lachte und kam geduckt auf mich zu. Seine Hände schwangen wie Pendel vor ihm her. Dann hatte er mich erreicht. Seine Rechte schoß vor, ich wich aus, sprang zurück. Jones hinter mir trat etwas zur Seite, um Bertie Platz zu machen, und beobachtete uns. Ich lockte Bertie noch näher heran, ließ ihn einen schwachen Treffer landen und knallte ihm einen linken Haken gegen das Kinn. Bertie brüllte auf und warf sich auf mich. Er versetzte mir einen Schlag, dem ich nicht mehr ausweichen konnte und der mich an der Schulter traf. Ich taumelte auf Jones zu, der noch weiter auswich, aber nicht eingriff. Ich fintete kurz und versetzte Bertie noch einen Geraden. Bertie ging fast zu Boden, fing sich aber erstaunlich schnell wieder und hielt plötzlich das Messer in der Hand, auf das ich schon gewartet hatte.
Hinter mir hörte ich Jones scharf die Luft einziehen. Er war von dem Kampf gefesselt. Langsam wich ich vor Berties Messer zurück. Er hielt es mit der Schneide nach oben. Ich kam näher zu Jones hin. Dann drehte ich mich plötzlich um, mein Schuh traf Jones’ Arm, sein Revolver entlud sich donnernd und flog dann in weitem Bogen an die Wand.
Ich warf mich auf Jones, bevor Bertie kapiert hatte, was geschehen war. Aber der Überraschungsangriff dauerte nicht lange. In Jones' hagerem Körper steckte die geschmeidige Kraft eines Panthers. Und er kämpfte mit allen Tricks, die man zwischen Bronx und Brooklyn lernen kann. Aber er war sich seiner Sache immer noch sicher. Der Kampf machte ihm Spaß, und ich merkte, daß er noch nicht sein Letztes gab.
Ich machte dem Spaß ein Ende.
Meine Rechte traf ihn aus nächster Nähe, ohne Schwung, aber mit voller Kraft gegen das Kinn, riß ihm den Kopf hoch und gab mir genug Platz, um ihn mit einer nachgezogenen Linken zu Boden zu strecken.
Keine Sekunde zu früh. Bertie fiel mit einem Messer über mich her, und der blanke Stahl schoß um Millimerterbreite an meinem Ohr vorbei. Ich warf mich zurück, erwischte Bertie mit der Schulter und brachte ihn zum Taumeln. Dann wartete ich, bis er wieder herankam, ließ ihn mit der rechten Hand ausholen und packte sein Handgelenk. Aber noch bevor ich ihm das Messer aus der Hand drehen konnte, war Jones wieder da. Ich wechselte schnell den Griff, um Bertie mit einem Judotrick über meine Schulter zu werfen. Er krachte wie ein Felsbrocken auf den Zementboden und traf im Fallen Jones, der nicht mehr schnell genug ausweichen konnte.
Jones richtete sich im Zeitlupentempo auf. Ich sah in seinen Augen einen gelben Funken aufflackern, was den katzenhaften Eindruck noch verstärkte. Für Jones war das Spiel zu Ende, er wollte nur noch töten.
»Eag, los!« kommandierte er.
Eag war die ganze Zeit über an der hinteren Wand stehengeblieben und hatte uns beobachtet. Er bewegte sich auch jetzt nicht. Jones kam nicht mehr dazu, ein zweites Mal zu rufen. Meine Faust traf sein Gesicht, als er gerade wieder den Mund aufmachte.
Aber Eag war aufgewacht. Langsam kam er auf uns zu. Seine Hand schwebte in halber Höhe, ich kannte die Bewegung. Eag hatte eine Waffe unter der Achsel.
Bertie rappelte sich langsam wieder vom Boden auf, ich versetzte ihm schnell einen Schlag, um ihn daran zu hindern. Den Moment nützte Jones aus. Sein Haken traf mich mit voller Wucht und brachte mich neben Bertie auf den Boden. Jones war sofort über mir. Er kniete sich auf meine Arme. Ich atmete schnell aus, um ihm den Eindruck zu geben, am Ende zu sein, und schleuderte mich dann herum. Aber Jones gab nicht nach. Mit der Zähigkeit einer Katze hielt er meine Arme fest und verstärkte den Druck seiner Hände. Ich riß die Knie hoch. Sein Griff lockerte sich, und ich konnte ihn abwerfen.
Aber, ich hatte Bertie unterschätzt. Er hatte sich schwächer gestellt, als er war, denn kaum war ich Jones losgeworden, als Bertie schon hinter mir war und meine Arme umklammerte, bis die Schultergelenke knackten.
»Los, gib es ihm!« keuchte er. Jones baute sich vor mir auf.
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