0485 - Die Mutanten von Erysgan
man nun Mut oder nur Fatalismus brauchte, um sich etwas anzuvertrauen, das mit dem Wort „Anpassungspunkt" sicher nur unklar beschrieben war, wurde mir klar, daß derartige Überlegungen müßig waren. Ich mußte eine Entscheidung treffen, und ich mußte sie schnell treffen, wenn sie Sinn haben sollte.
Ich riß mich zusammen und folgte dem Zwerg. Die Felsen links und rechts schienen plötzlich zusammenzurücken, dann verschwanden sie und machten einer grauen Substanz Platz, die mich gleich einem dicken Nebel umhüllte und dennoch nicht die Sicht nahm. Zumindest konnte ich meine Hand noch sehen, wenn ich den Arm streckte. Irgendwo vor mir war diffuse Bewegung, eine Art rhythmisches Wallen, als umströmte die graue Substanz ein sich bewegendes Objekt von ungefähr einem Meter Höhe.
Ein Meter?
Poncruter war rund neunzig Zentimeter groß. Sah ich die Strömungen, die er bei seiner Fortbewegung innerhalb der grauen Substanz erzeugte? Doch warum konnte ich ihn selber nichtsehen?
Ich schaltete die Außenlautsprecher des Kampfanzuges auf maximale Lautstärke.
„Poncruter!"
Keine Antwort.
Also ging ich schneller, um den Mutanten einzuholen. Doch so schnell ich mich auch bewegte, der Abstand zu dem seltsamen Wallen blieb unverändert. Nach einiger Zeit zweifelte ich daran, daß ich überhaupt vorwärtskam.Wie sollte man das feststellen wenn es keine Anhaltspunkte dafür gab!
Ob Atlan und Remotlas mir gefolgt waren?
Ich wandte mich um und hatte im nächsten Moment das Empfinden, als drehte sich die Umgebung mit mir. Jedenfalls blieb das eigenartige Wallen beständig vor mir, als kreise das, was es verursachte, um mich. Von anderen Anzeichen irgendwelcher Bewegungen war nichts zu sehen, aber wie sollte ich erkennen können, ob ich hinter mich sah oder nicht!
War das die optimale Anpassung?
Seltsamerweise empfand ich keine Furcht; ich war eher verärgert, und allmählich wurde ich zornig. Es kostete mich große Überwindung, nicht einfach den Schutzschirm meines Kampfanzuges zu aktivieren und das Flugaggregat einzuschalten. Nichts ist so deprimierend, als wenn man nicht weiß, ob das eigene Tun den geringsten Sinn besitzt.
Ich blickte auf meinen Armbandchronographen, um wenigstens einen konkreten Anhaltspunkt zu haben. Es war mein eigener Chronograph, ich hatte ihn über die Ereignisse auf dem ARRIVANUM und im PerdaschistenRaumschiff des nun toten Recimoran hinübergerettet und war froh darüber, denn die Umrechnung der Daten eines ganjasischen Chronographen war stets eine komplizierte Angelegenheit.
Auf der Erde schrieb man den 16. April des Jahres 3438, und es war 11:53:09 Uhr Standardzeit.
Verblüfft blieb ich stehen.
Gegen 12.15 Uhr Standardzeit des 15. April hatten wir den verfallenen Bunker an der Oberfläche betreten. Wir konnten doch unmöglich fast vierundzwanzig Stunden unterwegs sein.
Ich war sicher, daß inzwischen nicht mehr als höchstens acht Stunden vergangen waren.
Erneut schaute ich auf die elektronische Anzeige.
Diesmal war es 16:31:49 Uhr Standardzeit!
Ich fühlte, wie es mich abwechselnd heiß und kalt überlief.
Wie schnell verrann die Zeit eigentlich in dieser grauen Substanz, wenn es sich überhaupt um eine Substanz handelte?
Innerhalb der wenigen Überlegungen konnten doch unmöglich fast fünf Stunden Standardzeit verstrichen sein!
Ich blickte auf die Kontrollen, die mir meine Atemfrequenz, den Grundumsatz und den Pulsschlag anzeigten. Die Werte waren normal! Ich selber unterlag also nicht dem beschleunigten Zeitablauf. Konnte mein Chronograph defekt sein? Nein, dieses Präzisionsinstrument versagte höchstens bei Anwendung brutaler Gewalt.
Verwirrt sah ich nach vorn.
Dieses eigenartige Wallen war immer noch da, und es hatte sich in den verflossenen fünf Stunden, in denen ich mich nicht bewegt hatte, keinen halben Meter von mir entfernt, wenn überhaupt.
Fünf Stunden.
Ein neuer Blick auf den Chronographen bewies mir, daß seit dem ersten Blick. darauf bereits rund acht Stunden verstrichen waren. Die Anzeige wies 19:47:28 Uhr Standardzeit aus.
Ich nahm mir vor, nicht länger als bis vierundzwanzig Uhr untätig zu bleiben. Danach würde ich etwas unternehmen, wenn ich auch noch nicht wußte, was.
Wieder sah ich nach vorn.
Diesmal hatte sich etwas verändert. Das seltsame Wallen war verschwunden. An seiner Stelle entdeckte ich ein pulsierendes blaues Leuchten, das viele Kilometer entfernt zu sein schien.
Ich traute jedoch meiner Entfernungsschätzung nicht, sondern ging
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