0485 - Whisper - der Staubgeist
Menschen geworden sind?«
»Whisper braucht uns.«
»Für was?«
»Ich kann es nicht genau sagen, aber er hat uns wieder zu Menschen zusammengefügt.«
»Und wo sind die anderen?« fragte Suko.
»In der Wolke.«
»Als Menschen oder als Staub?«
»Noch als Staub.«
»Aber sie sollen wieder Menschen werden?«
»Ja.«
Ich hatte eine weitere Frage. »Auch die Häuser der kleinen Stadt sind verschwunden. Was ist mit ihnen? Werden sie ebenfalls wieder so wie ihr? Weißt du darüber Bescheid?«
»Nein, aber ich glaube es. Ich… ich kann es mir jetzt vorstellen, verstehen Sie?«
»Nur sehr schlecht, aber wir nehmen es hin. Es bleibt uns ja keine andere Wahl« Ich räusperte mich. »Whisper hat euch wieder zu menschenähnlichen Wesen werden lassen und euch mit einer Aufgabe betraut. Du kannst sie fortführen.«
»Dann laßt ihr mich gehen?«
»Sicher.«
»Und wohin?«
»Das mußt du wissen. Steh auf und geh zu diesem Ziel.«
Prevost überlegte noch. Als er zu einem Entschluß gekommen war, drehte er sich auf die Seite. Dies sah alles sehr mühsam aus, wir unterstützten ihn nicht. Er winkelte die Arme an, stemmte sich mit seinen gespreizten, grauen Händen ab und stand unter großen Mühen auf. Breitbeinig und schwankend blieb er stehen, seine Augen waren zu regelrechten grauen Glotzern geworden.
Ich dachte daran, wie ich ihn angefaßt hatte. Der Körper war hart wie Stein gewesen. Whisper hatte diesen Mann zu einer lebendigen Figur gemacht und ihm, wie den anderen, einen großen Auftrag gegeben. Ich war gespannt, wie er ihn erfüllen wollte.
Er blickte uns der Reihe nach an. Janine duckte sich hinter Sukos Körper. Sie fühlte sich von uns am unwohlsten, was auch verständlich war.
Ich wollte mehr von der Wolke sehen und schaute hoch zum Himmel. Sie hatte sich nicht zurückgezogen. Ein grauer, unheimlich wirkender Beobachter mit gelbem Maul wartete dort oben, war bereit, blitzschnell eine Hölle zu entfesseln.
Erst jetzt fiel mir auf, daß der normale Wind fast eingeschlafen war. Auch die Sonne hatte sich verzogen. Es ging auf den späten Nachmittag zu, sie hätte an sich noch am Himmel stehen müssen, aber die blasse Wolkenschicht verdeckte sie.
Das gefiel mir überhaupt nicht.
Julien Prevost nahm von uns keinerlei Notiz mehr. Er besaß ein Ziel und visierte es an.
Es sah so aus, als wollte er direkt auf Pierre Virni zuschreiten. Bevor er ihn erreichte, drehte er sich schwerfällig nach links und tauchte an der Hausecke in eine schmale Gasse ein, die ebenfalls zu den Bergen hinführte.
Jetzt, wo er nicht mehr zu sehen war, kam auch Leben in den Gastwirt. Er hob die Arme und schwenkte sie wie Dreschflegel. »Wir müssen etwas tun, hinterher oder…«
»Sie nicht!« sprach ich ihn an.
»Wieso?«
»Nein.« Ich redete schnell weiter, bevor er sich aufregen konnte.
»Auf keinen Fall werden Sie unsere Aufgabe übernehmen. Es kann für Sie lebensgefährlich werden.«
»Und für Sie nicht?«
»Doch, auch«, gab ich zu. »Aber wir können uns besser verteidigen. Bleiben Sie bei Abbé Bloch, und halten Sie, wenn es eben möglich ist, die Bewohner zurück.«
»Wie Sie meinen.«
Suko stieß mich an. »John, mir ist da etwas eingefallen. Wir besitzen noch eine Waffe, die wir nicht unterschätzen sollten.«
Mir fehlte im Moment der Durchblick, deshalb fragte ich: »Welche denn?«
»Der Würfel!«
Ich riß die Augen auf. Verflixt, Suko hatte recht. Der Abbé mußte uns den Würfel überlassen.
»Klar?« fragte Suko.
»Und wie.«
Ich drückte Virni zur Seite und huschte in die Gaststätte, wo der Abbé auf uns wartete. Er hatte mich an den Schritten erkannt, vielleicht auch am Atmen.
»Was ist geschehen, John?«
»Das kann ich dir jetzt nicht alles erklären, Abbé. Aber ich muß dich um einen Gefallen bitten. Ich brauche den Würfel. Bitte, wenn du dich überwinden könntest, ihn mir zu geben…«
»Geht es gegen Whisper?«
»Ja, alles deutet darauf hin. Ich habe mein Kreuz verloren. Es muß sich unter seiner Kontrolle befinden, aber wir brauchen eine mächtige Waffe. Das verstehst du doch?«
»Ja, ich begreife. Gern gebe ich ihn dir nicht zurück.« Er lächelte schmal und nestelte bereits an seiner Tasche, um den Würfel hervorzuholen. »Setze ihn richtig ein«, sagte er und streckte ihn mir entgegen.
»Danke«, sagte ich, als ich ihn an mich nahm. »Pierre Virni wird bei dir bleiben. Wir verfolgen Whisper!«
»Ich spüre ihn. Er schwebt bereits über uns. Das Böse bereitet sich auf die
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