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0485 - Whisper - der Staubgeist

0485 - Whisper - der Staubgeist

Titel: 0485 - Whisper - der Staubgeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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gewundert, wenn plötzlich Sand aus seinen Ärmeln und Hosenbeinen gerieselt wäre.
    Ohne überhaupt Notiz von mir zu nehmen, wollte er mich passieren, aber das ließ ich nicht zu.
    Kaum befand er sich mit mir auf einer Höhe, streckte ich meinen Arm aus und hielt ihn am Ellbogen fest.
    Sofort stand er still.
    Ich konzentrierte mich auf meine rechte Hand. Unter den zupackenden Fingern spürte ich die Härte seines Körpers. Hart wie Stein.
    Da gab es keine Muskeln mehr, kein weiches Fleisch, nur eben die unnatürliche Härte, als hätte man das Material bei großer Hitze in einem Ofen gebrannt.
    Er hob den rechten Arm an und drehte sich trotz meines Griffs nach links. Dabei schlug er zu.
    Von einer Steinpranke wollte ich mich nicht gerade erwischen lassen, deshalb duckte ich mich schnell, so daß die Pranke über meinen Kopf hinwegfuhr.
    Er selbst stolperte, riß ihm noch das Bein weg, und er fiel auf den Rücken.
    Wir hörten den dabei entstehenden dumpfen Laut. Ich rechnete auch damit, daß diese Gestalt zerbröseln oder zerbrechen würde. Zu meinem Erstaunen blieb sie ganz.
    In der Tür stand Virni und hatte uns beobachtet. Er wollte kommen, ich aber winkte ab.
    Dafür kam Suko. Er hatte seine Dämonenpeitsche gezogen und einen Kreis über den Boden geschlagen, so daß die drei Riemen hervorgerutscht waren.
    Julien Prevost traf keinerlei Anstalten, sich zu erheben. Aus seiner Rückenlage schaute er zu uns hoch. Noch immer waren seine Augen völlig glanzlos und nur grau.
    Suko blieb neben ihm stehen. Der Inspektor schaute mich fragend an, als er seinen rechten Arm mit der Peitsche hob.
    Ich konnte ihm keinen Ratschlag geben, das mußte er mit sich selbst abmachen.
    Bevor die drei Riemen noch nach unten und auf den Körper klatschen konnten, hörten wir die Stimme. Sie klang sehr leise, dennoch verstanden wir die Worte.
    »Bitte nicht…«
    Mir rann es kalt über den Rücken, als ich die Worte vernahm.
    Janine Remi erging es nicht anders. Sie war bleich geworden und preßte ihren Handballen gegen die Lippen.
    Wenn er sprechen konnte, mußte er mich auch verstanden haben und würde sicherlich auch eine Antwort geben können. »Weshalb nicht?« fragte ich. »Warum darf mein Freund nicht zuschlagen?«
    »Er… er würde mich töten.«
    »Bist du nicht schon tot?«
    »Nein, wir sind nicht tot, auch wenn es so aussieht. Er hat uns geholt. Whisper spielt mit uns. Er verfolgt ein großes Ziel. Dazu hat er uns gebraucht.«
    »Was will er?« fragte ich.
    »Die Zerstörung«, hörten wir die schwache Antwort. »Er will nur zerstören.«
    »Wen?«
    »Das Tal, die Felsen, die Berge. Er ist gekommen, um Vernichtung zu säen. Ihr habt… ihr dürft nicht bleiben. Ihr sollt nicht bleiben. Man hat ihn geschickt …«
    Wir wurden aus seinen Worten nicht klar. Suko hob die Schultern, sein rechter Arm war wieder herabgesunken. Die drei Peitschenriemen ringelten sich wie tote Schlangen auf dem Boden, und eine bessere Erklärung als ich wußte er auch nicht.
    »Was ist in Alcoste passiert?« fragte ich. »Und wie ging es mit euch weiter?«
    Auch bei seiner nächsten Antwort blieb er auf dem Rücken liegen.
    »Wir wurden überrascht. Es kam der Sturm, und wir dachten an ein Gewitter. Doch es war keines. Es war das tiefe Grauen, das man uns aus dem Süden geschickt hatte. Es kam über uns als Orkan, und wir konnten uns nicht dagegen wehren. Ich befand mich hinter dem Haus, weil ich im Garten arbeitete. Da hörte ich das Heulen und Pfeifen, vermischt mit einem donnernden Tosen. Ich wollte noch wegrennen, aber ich schaffte es nicht mehr. Der Orkan war stärker. Ich sah, wie er mein Haus auflöste. Ja, es löste sich auf. Die Mauern wurden zu Staub und in den Sand hineingeweht. Ich konnte es nicht fassen, als es mich erwischte. Auch ich mußte mit ansehen, wie ich verging. Ich wurde zu Staub…«
    Der Mann schwieg, und wir dachten über seine Worte nach.
    »Unglaublich war wohl wahr«, erklärte Suko.
    Ich aber wollte mehr wissen. »Wie ging es weiter? Was fühlten Sie, Monsieur Prevost?«
    »Leere, nur Leere. Ich war nicht mehr ich selbst, ich bestand nur noch aus Staub. Aber jedes Staubkorn lebte. Jedes noch so winzige Teil trug ein Stück Leben von mir. Es gab mich nicht mehr, aber es gab mich doch, nur nicht so wie sonst. Aus dem Menschen ist der Staub geworden, und der Staub lebte. Ich konnte fühlen und denken. Ich war nur kein Körper mehr, verstehen Sie?«
    »Einigermaßen. Aber jetzt leben Sie. Wie kommt es, daß Sie wieder zu einem

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