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0485 - Whisper - der Staubgeist

0485 - Whisper - der Staubgeist

Titel: 0485 - Whisper - der Staubgeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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nicht sterben und gehen trotzdem den Weg, der jedem vorbestimmt ist.«
    »Bist du denn gestorben, Urgroßvater?«
    Der Alte zögerte einen Moment mit seiner Antwort. »Eine sehr gute Frage, mein Kind, ja, sehr gut.« Er hob seinen Kopf etwas an.
    »Ich sitze vor euch, also lebe ich – oder nicht?«
    »Es sieht so aus«, sagte ich.
    »Wahrscheinlich bin ich tot und lebe trotzdem, wie auch die anderen Menschen in Alcoste«, hörten wir. »Alles liegt nur an ihm.«
    »An Whisper?«
    »So heißt er.«
    »Wer ist er?« fragte ich den alten Mann. »Von Ihrer Urenkelin hörten wir, daß Sie schon vorher Bescheid wußten, als Sie die graue Wand am Himmel sahen.«
    Der alte Mann nickte bedächtig. Er saß gut im Licht, so daß wir seine Haut erkennen konnten. Sie hatte die Farbe von grauem Staub angenommen. Wenn er sich bewegte, bekam ich jedesmal den Eindruck, als würde er im nächsten Moment zusammenfallen. Der Staub klebte auch in seinem schütteren Haar, hatte sich eingenistet in den Furchen und Falten des Gesichts und lag als Schicht auf seinen Händen. Zudem bedeckte er auch die Kleidung.
    »Ja, ich hörte von Whisper. Er ist ein finsterer Dämonengeist, der in einem anderen Teil der Welt geboren wurde. In der großen Wüste hat man ihn beschworen. Er kommt, vernichtet, frißt, speit wieder aus. Ob Mensch, Tier oder Gebäude, vor ihm ist nichts sicher. Er kann die Menschen zerstören, er kann sie töten, er kann sie auflösen, aber sie leben trotzdem weiter. Jedes noch so kleine Staubkorn ist ein Mensch. In ihm ist alles vereint, was den Menschen normalerweise ausmacht. Mehr weiß ich über ihn nicht.«
    »Doch wer hat ihn geholt?« rief Suko.
    »Ein Mächtiger muß es gewesen sein. Jemand, der noch über dem Staubgeist steht.«
    »Der Teufel?«
    Remi schaute Suko an. »So sagt man gewöhnlicherweise.« Er schnaubte. »Ich bin sehr alt geworden, über neunzig Jahre, aber ich habe meine Augen nicht verschlossen. Ich weiß, was in dieser Umgebung vorgegangen ist. Ich habe ebenfalls von der Kathedrale der Angst gehört, obwohl sie nicht unmittelbar bei Alcoste gelegen hat. Sie war immer ein Hort des Bösen gewesen. Nicht umsonst hat an einer Säule die Warnung gestanden. Terribilis est locus iste. Dieser Ort ist gefährlich. Ja, er war gefährlich. Dann sind Menschen gekommen und haben ihm den Bösen weggerissen. Das kann der Teufel nicht vertragen. Die Hölle wurde herausgefordert, ist verloren. Das sage nicht nur ich, auch andere sind dieser Ansicht. Aber man will auf die Alten nicht mehr hören.«
    Mir glitt das Thema zu sehr ab. Ich wollte wissen, weshalb der Ort Alcoste neu entstanden war, und zwar an dieser Stelle, mit all seinen Bewohnern.
    Als ich die entsprechende Frage formuliert hatte, warteten wir gespannt auf eine Antwort. »Ihr verlangt viel«, flüsterte der Alte, »aber ich will versuchen, euch eine Erklärung zu geben. Whisper hat sich Helfer gesucht und sie auch gefunden. Er hat vernichtet und wieder neu aufgebaut. Wer von den Menschen, die sich in seiner Hand befinden, sich weigern will, seine Befehle zu befolgen, hat es zu bereuen. Er wird den schrecklichen Tod erleiden. Schon einmal ist er über uns hinweggefegt. Er hat uns seine Macht bewiesen. Wir waren tot, wir waren aufgelöst, aber nun leben wir wieder, wenn auch nicht so wie früher. Doch wir sind keine Veränderten mehr, versteht ihr das?«
    »Wir versuchen es zumindest«, sagte ich.
    »Er braucht die Menschen, um den Ort wieder zu einem Hort des Bösen zu machen, der geraubt wurde. Er wird sie ins Feuer schicken. Er wird die Kathedrale stürmen lassen und dort vernichten, was die Menschen hineingelegt haben.«
    »Das Silberskelett des Hector de Valois!« stieß ich hervor.
    »So ist es.«
    Ich lachte hart auf. »Das wird ihm nicht gelingen. Schon einmal hat das Skelett bewiesen, wie stark es ist. Es hat die Macht Baphomeths vertrieben. Auch bei einem zweiten Angriff wird es seine Stärke beweisen.«
    »Nicht gegen Whisper«, murmelte der Alte. »Nicht gegen ihn. Er läßt Häuser zu Staub zerfließen, das gleiche kann er auch mit Bergen und Felsen geschehen lassen. So wird er die Kathedrale zerstören und nur noch Staub zurücklassen. Mit der Seelenkraft seiner Diener, die er wieder sammeln wird, kämpft er gegen diesen Machtblock an. Die Menschen werden, falls sie nicht zu schwach sind, überleben, aber stets unter seiner Kontrolle bleiben, damit sich in späterer Zeit die Macht des Teufels hier wieder festigen kann. Das sind seine Pläne,

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