0487 - Griff aus dem Nichts
fest, daß die Feinde ihm nicht folgten. Statt dessen schleppten sie Zamorra fort.
Cristofero lehnte sich an einen Blumenstengel, der sofort nachgab. Der Zeitreisende taumelte und kam zu Fall. Vorsichtshalber blieb er erst mal sitzen. Die Wirkung des Cognacs kam zurück. Der kräftige Adrenalinstoß hatte sie nur kurzfristig zurückdrängen können.
Die ganze Welt drehte sich um Cristofero.
Immerhin war er nüchtern genug, um verstehen zu können, daß etwas schiefgegangen war. Er rekapitulierte: Er mußte über dem ausgiebigen Begrüßungstrunk und seinen Erzählungen eingeschlafen sein. Und mitsamt dem Sessel erwachte er plötzlich zwischen Regenbogenblumen - das mußte in Zamorras Keller gewesen sein. Dann war er plötzlich ganz woanders, mit Zamorra und dem Sessel, und geriet prompt zwischen die Fäuste dieser Mordbuben.
Dem Sessel weinte er nicht nach. Der war ohnehin nicht sehr bequem gewesen. Aber daß Zamorra verschleppt worden war, ging ihm nahe.
Offen blieb die Frage, wie sie beide in den Keller gekommen waren. Da fehlte dem guten Don ein Stück Erinnerung, logischerweise. Und er war auch ziemlich sicher, daß sie beide nicht dort angekommen waren, wohin Zamorra, aus welchem Grund auch immer, wollte.
Die Blumen, mittels derer man sich transportieren lassen konnte, waren Cristofero bekannt; Zamorra hatte sie ihm damals gezeigt. Wie dieser Transportvorgang funktionierte, hatte sich bisher nicht erklären lassen. Nur auf welche Weise man diese wunderbaren Pflanzen benutzen konnte, war klar. Aber warum war das jetzt so gründlich falsch gelaufen? Daran, daß ausgerechnet er, Cristofero, im Moment des Transportes an den Mönch in seiner Kutte gedacht und ihn sich bildlich vorgestellt hatte, erinnerte er sich nicht mehr. Auch nicht daran, daß unter den frevlerischen Haderlumpen, die sofort auf ihn und auch auf seinen manchmal doch recht zimperlich agierenden späten Nachfahren Zamorra eingeprügelt hatten, ebenfalls ein Mann in einer Mönchskutte gewesen war…
Es fiel ihm momentan überhaupt schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Verfolgt wurde er anscheinend nicht mehr, vielleicht war es da besser, wenn er seinem Schlafbedürfnis nachgab. Danach sah die Welt wahrscheinlich schon ganz anders aus, und zwischenzeitlich hatte sein Körper Gelegenheit, zumindest einen Teil des Alkohols wieder abzubauen.
Er schwor sich, nie wieder einen Schluck Cognac zu sich zu nehmen.
Zumindest so lange nicht, bis man ihm wieder einen anbot.
***
Nik Landaron hatte irgendwie das Gefühl, in eine großangelegte Falle gestolpert zu sein. Aber nicht nur er, sondern auch Sula. Was hatte sie mit den Machenschaften der Brüder vom Stein zu tun? Warum war sie in dieser frühen Morgenstunde entführt worden?
Es war Landaron klar, daß er nichts mehr für sie tun konnte, wenn er sich jetzt einfach fügte. Die Anweisung des Hauptmanns, den er immer für einen gönnerhaften Freund gehalten hatte, waren eindeutig. Man verzichtete einfach darauf, dieser ersten Befragung einige normale Verhöre folgen zu lassen. Es war die sofortige Folter angeordnet worden! Und damit war klar, worauf es hinauslaufen würde. Man würde ihn solange malträtieren, bis er blutspuckend herauskreischen würde, was sie von ihm hören wollten. Die Wahrheit interessierte dabei niemand mehr; sie lag in den Gedanken der Fragenden. Landaron hatte einige Male erlebt, wie falsche Geständnisse von vermeintlichen feindlichen Spionen erpreßt wurden.
Und er wußte auch, wem er das zu verdanken hatte. Der alte Solonys mußte seinen gesamten politischen Einfluß geltend gemacht haben, um Landaron einen fairen Prozeß zu verweigern und direkt zur Folter überzugehen.
Alles, wofür er in den letzten Jahren gelebt hatte, alle seine Pläne - sie waren jetzt zunichte. Ganz gleich, wie diese fatale Angelegenheit ausgehen würde: selbst wenn man ihn schließlich begnadigte, sofern er die Folter überlebte, würde er für immer gezeichnet sein. Mit Sicherheit böse verkrüppelt, mit ebensolcher Sicherheit geächtet. Jemand, der unter die Folter kam, war auf jeden Fall ein Schwerverbrecher. Das wußte dank der Aufklärungskampagnen der Brüder vom Stein jeder Mensch. Und mit solchem Abschaum ließ man sich besser erst gar nicht ein.
Bei den drei Göttern, welche Macht mußte Solonys entfesselt haben, um dem verhaßten Liebhaber seiner Tochter das anzutun!
Und dabei ahnte er gar nicht, daß Landaron vielleicht der einzige war, der Sula noch helfen konnte!
Aber nicht,
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