0488 - Eine Frau wie Dynamit
sprechen!« erwiderte Virginia. »Ich kenne Sie nicht!«
»Das läßt sich leicht ändern.«
»Wer sind Sie?«
»Das erfahren Sie in der Wohnung.« Dolores Martinez zögerte. Das bestimmte Auftreten der jungen gutgekleideten Besucherin weckte ihr Mißtrauen, aber nicht ihre Angst. Dolores Martinez war nicht furchtsam. Sie verstand zu kämpfen, und sie wußte, daß ihre Lage diese Eigenschaft noch oft genug herausfordern würde.
»Also gut. Treten Sie ein. Wie heißen Sie?«
»Virginia.«
»Wie noch?«
»Das ist nicht wichtig«, sagte Virginia und schaute sich im Wohnzimmer um. Es war schlicht, aber nicht ohne Geschmack eingerichtet. Moderne Möbel waren geschickt mit mexikanischen Stilelementen verquickt worden. »Hübsch haben Sie es hier!« stellte sie fest.
»Ich bin überglücklich, daß es Ihnen gefällt«, meinte Mrs. Martinez spöttisch. »Wollen Sie nicht Platz nehmen?«
Virginia setzte sich auf einen der Stühle am Tisch. Dolores Martinez blieb stehen. »Also? Worum geht es?«
Virginia öffnete die Krokodillederhandtasche. Sie nahm ein Zigarettenetui heraus und öffnete es. »Wo ist denn Ihr Mann?« fragte sie wie beiläufig.
»Unterwegs«, sagte Dolores Martinez. »Warum?«
Virginia schob sich eine Zigarette zwischen die Lippen. Mit aufreizender Langsamkeit steckte sie sich die Zigarette an. Sie inhalierte tief und produzierte dann zwei Rauchringe, denen sie versonnen nachblickte. »Er ist tot«, meinte sie. »Ich weiß Bescheid.«
Dolores Martinez bekam schmale Augen. »Ich verstehe. Sie kommen von Mr. Blake. Er hat Sie gebeten, mir zu folgen, was?«
»Er hat mich nicht darum gebeten. Ich habe es freiwillig getan.«
»Lieben Sie ihn?« fragte Dolores Martinez. »Er ist ein attraktiver Mann. Ich kann verstehen, daß Sie Ihr Herz an ihn verloren haben.«
»Dann werden Sie auch begreifen, daß ich entschlossen bin, für ihn zu kämpfen.«
»Wie stellen Sie sich das vor?«
»Ich werde Sie dazu zwingen, Ihre erpresserischen Forderungen zurückzuziehen!«
Dolores. Martinez lächelte spöttisch. »Offenbar sind Sie nicht auf dem laufenden, schönes Fräulein. Tom Blake hat mich vor einer Stunde angerufen und mir mitgeteilt, daß er bereit ist, zu zahlen. Ich bekomme das Geld!«
»Er kennt nicht einmal Ihren Namen! Wie hätte er Sie anrufen können?«
»Ich habe mich falsch ausgedrückt. Ich habe mit ihm telefoniert.«
»Er besitzt gar nicht soviel Geld!«
»Offenbar hat er einen Weg gefunden, den Betrag aufzutreiben«, spottete Dolores Martinez. »Oder glauben Sie, daß er mich angelogen hat?«
»Vielleicht will er nur Zeit gewinnen.«
»Mr. Blake ist nicht dumm. Er besitzt Menschenkenntnis. Er hat begriffen, daß ich nicht zu den Frauen gehöre, die sich mit ein paar dummen Phrasen vertrösten lassen. Ich meine es ernst, meine Liebe!«
»Ich auch«, sagte Virginia ruhig.
»Was soll das heißen?«
Virginia blickte Dolores Martinez kühl an. »Ich bringe Sie lieber um, als daß ich zuließe, daß Sie mein Glück zerstören!«
»Ihr Glück?« fragte Dolores Martinez langsam. »Sie wollen Blake heiraten?«
»Daran habe ich noch nicht gedacht. Aber ich will versuchen, ihn zu halten. Und er soll wissen, daß ich vor keinem Opfer zurückscheue, um meine Liebe beweisen zu können!«
»Das klingt sehr hübsch«, spottete die Wohnungsinhaberin, »aber mir ist nicht ganz klar, wie Sie sich das in der Praxis vorstellen. Ich will Ihrem Glück nicht im Wege stehen. Ich will lediglich erreichen, daß ich nicht vor die Hunde gehe. Dick hat mir nichts hinterlassen. Ich muß mein Geld also dort holen, wo es am leichtesten zu beschaffen ist. Das mag nicht sehr moralisch sein, aber Sie wissen ja, was ein europäischer Dramatiker über diesen Punkt zu sagen weiß. Erst kommt das Fressen und dann die Moral!«
»Das war Brecht«, sagte Virginia. »Sie sind erstaunlich belesen.«
»Keineswegs. Ich behalte nur, was ich einmal höre. Geben Sie sich keine Mühe, mich von meinem Plan abzubringen. Ich brauche das Geld. Weder schöne Worte noch das, was Sie für die große Liebe halten, können meinen Entschluß ändern.«
»Mit Erpressern macht man keine Geschäfte«, meinte Virginia und betrachtete mit starr werdendem Blick das glühende Ende ihrer Zigarette. »Das hieße Geld zum Fenster hinauswerfen. Das wäre wirtschaftlicher Selbstmord. Erpresser kommen immer wieder. Man muß sie vernichten, um sich von ihnen für immer zu befreien.«
Dolores Martinez trat an den Tisch heran. Sie stützte die
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