0488 - Eine Frau wie Dynamit
auszugleichen. Ich wußte, worauf er hinauswollte, und gab ihm keine Chance, sein Ziel zu erreichen.
Ich schoß nur eine Linke oder Rechte ab, wenn ich ganz sicher sein konnte, ihn zu treffen, und zwar hart zu treffen. Als mir das zum viertenmal gelungen war, blutete Joe aus der linken Augenbraue. Auch sonst hinterließ er keineswegs einen sehr glücklichen Eindruck. Offenbar war er der Ansicht gewesen, daß es ein Picknick wäre, mich auf der Terrasse zu erledigen.
Ich fragte mich, womit sich der plötzliche Angriff des Burschen erklären ließ. Condozza konnte ihm dazu kein Aufforderungszeichen gegeben haben. Ich hatte das überraschte, verblüffte Gesicht des Hausherrn gesehen, als Joe plötzlich über mich hergefallen war.
Die Frage hatte Zeit bis später. Erst mußte ich Joe zeigen, daß es ein paar Punkte gab, in denen ich keinen Spaß verstand. Ich spürte, daß er seinen Dampf schon vorzeitig abgelassen hatte, und forcierte das Tempo. Er versuchte mitzugehen, aber ihm fehlten einfach die Reserven. Er begann zu keuchen wie ein Dreißig-Meilen-Geher kurz vor dem Ziel.
Ich bin dagegen, mit Fäusten zu argumentieren, aber Joe gehörte offensichtlich zu den Leuten, die keine andere Sprache verstehen. Ich legte Wert darauf, das unerfreuliche Zwischenspiel schnell zu beenden.
Joes Schläge verloren an Kraft, sie wurden fahrig und ungenau. Ich trieb ihn vor mir her. Er stolperte über einen Stuhl und ging krachend mitsamt dem Sitzmöbel zu Boden. Er war jedoch sofort wieder auf den Beinen. Er sah die Flasche auf dem Tisch und griff danach, um sie als Schlagwaffe zu benutzen. Ich erkannte die Absicht und riß ihn mit einer Hand herum. Er zog aus der Drehung heraus einen Haken hoch, der mich auf den Punkt traf. Es war ein richtiger Sonntagstreffer. Ich schloß sofort die Deckung. Meine Knie reagierten wie Pudding. Joe hatte in diesem Augenblick Gelegenheit, seine Chance zu nutzen, aber irgendwie fehlte ihm dazu die Cleverneß. Ich wurde wieder etwas klarer und rettete mich über die kritische Minute hinweg. Von da an war es leicht. Als Joe seine Deckung sträflich leichtsinnig öffnete, schickte ich die Rechte auf die Reise. Ich legte alles hinein, was ich drin hatte. Ich traf seine Kinnspitze,. Er ging zu Boden und blieb liegen, nur eine Sekunde lang. Dann begann er zu stöhnen und sich auf die Seite zu wälzen, aber das waren Reflexe, die sein Bewußtsein nicht mehr registrierte.
Ich stieß die Luft aus und schaute mich nach Condozza um.
Der stand am Tisch. In seiner Rechten hielt er einen großkalibrigen Revolver. Das war ein Anblick, der meinen Gefühlen einen erheblichen Dämpfer versetzte.
»Was, zum Teufel, soll das alles?« fragte ich und zog den verrutschten Knoten meines Schlipses gerade.
»Ich habe keine Ahnung, Mr. Cotton«, antwortete Condozza. »Ich kenne Joe jedoch gut genug, um zu wissen, daß er niemals ohne Grund angreift.«
»Er hat wirklich eine reizende Art, Ihre Gäste zu prüfen!« knurrte ich.
»Sie sind ein guter Boxer«, meinte Condozza lauernd. »Gehört der fach- und sachgerechte Umgang mit den Fäusten neuerdings zur Pilotenausbildung?«
»Legen Sie die Waffe aus der Hand!« forderte ich.
»Sofort«, sagte er. »Aber erst möchte ich von Joe hören, weshalb er Sie unschädlich zu machen versuchte.«
Joe schüttelte den Kopf. Er stemmte den Oberkörper hoch. Sein Blick war glasig. Er brauchte einige Sekunden, um sich auf das Geschehen zu konzentrieren. Das Aufstehen kostete ihm erhebliche Mühe. Endlich saß er schwer atmend und schlaff auf einem der Stühle.
»Komm, spann mich nicht auf die Folter«, sagte Condozza ungeduldig, »Warum hast du ihn angegriffen?«
Joe befeuchtete sich die Lippen mit der Zunge. »Er ist ein verdammter Spitzel!« murmelte er.
»Kennst du ihn?« fragte Condozza scharf.
Joe verneinte. »Ich habe den Flugplatz angerufen. Die TWA«, sagte er, »die beschäftigen keinen Piloten namens Cotton. Das genügte mir!«
»Mir auch«, sagte Condozza grimmig. Seine Augen wurden schmal. »Um ein Haar hätten Sie mich ’reingelegt, Cotton. Los, heben Sie die Hände, oder es knallt!«
Ich gehorchte langsam.
»Sieh nach, ob er bewaffnet ist«, forderte Condozza Joe auf. »Nimm ihm die Brieftasche mit den Papieren ab!«
Ich fühlte, wie Joes Hände geschickt über meinen Anzug glitten. Er zog die Brieftasche heraus. Ich hörte, wie er einen leisen Pfiff ausstieß. »Ein FBI-Mann«, sagte er. »Was sagen Sie nun, Chef?«
»Er hat einen Fehler gemacht, unser
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