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0489 - Die Spinnenhöhle

0489 - Die Spinnenhöhle

Titel: 0489 - Die Spinnenhöhle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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an einer anderen Stelle aufgetaucht als beim ersten Mal. Sie war genau in eine der grauen Netzkonstruktionen geraten. Jetzt erst erkannte sie, wie groß die Netze wirklich waren; damit hätte man eine der Hauptverkehrsstraßen in Johannesburgs Innenstadt vollkommen absperren können! Die einzelnen, dicht miteinander verknüpften Fäden waren mehr als doppelt daumendick. Sie mußten somit stabil genug sein, eine landende Boeing 727 zu stoppen, ohne dabei zu zerreißen. Die Klebetropfen, die sich im Abstand von gut zwei Handbreiten an den Fäden befanden, waren tennisballgroß.
    Kirsten versuchte sich von ihnen zu lösen. Aber sie mußte feststellen, daß ihre Körperkraft dafür nicht ausreichte. Die Klebeverbindung war zu stark. Kirsten würde sich eher selbst Haut und Fleisch von den Knochen reißen, als diese Verbindung zu lösen.
    Als sie sich vorsichtig weiter umblickte, stellte sie fest, daß sie nicht das erste Opfer war, das sich im Netz verfangen hatte. Hier und da gab es Fragmente menschlicher Skelette; teilweise waren die Knochen zersplittert oder wiesen Freßspuren auf. Einige Teile lagen unter den Netzen im Staub.
    Es gab auch lange Signalfäden, die von den Netzen in die Dunkelheit des Hintergrundes führten. Zappelte Beute im Netz, übertrugen sich die Schwingungen auf die Signalfäden, und die Spinne würde aus ihrem Versteck kommen, um sich die Beute unzusehen.
    Deshalb war Kirsten bemüht, sich so wenig wie eben möglich zu bewegen. Sie sah sich nicht als Beute. Sie empfand auch kein Grauen vor den sterblichen Überresten jener Menschen, die in dieser Höhle zu Opfern einer Spinne geworden waren, die der Stärke der Netzfäden nach die Größe eines Elefanten haben mußte, vielleicht sogar noch größer war. Von irgend etwas mußte diese Spinne ja schließlich leben! Rätselhaft war nur, wie die Opfer in diese Höhle gelangt waren, und warum sie sich in den Netzen verfangen hatten. Sie konnten doch nicht so dumm gewesen sein, geradewegs hineinzuspringen. Und außerdem stand ihnen nicht der Weg zur Verfügung, den Kirsten gegangen war. Die Menschen waren doch nicht wie sie!
    Plötzlich sah sie die Türkisspinne wieder. Die kleine Steinfigur kroch bedächtig über den staubigen Boden, eine charakteristische Spur hinterlassend. Ihre zwei Augenpaare richteten sich auf Kirsten.
    Plötzlich griffen die Widerhaken ihrer Gliedmaßen sauber zwischen die Klebetropfen. Sie gab sich einen kräftigen Ruck. Einige Wollhaarborsten ihres Körpers blieben an den Klebetropfen des Netzes haften, aber der Ruck, mit dem sie sich von ihrem Chitinleib lösten, war nicht einmal schmerzhaft. Kirsten erreichte den Boden und federte kräftig mit den Beinen durch. Sie drehte sich um sich selbst und beobachtete den Signalfaden. Er vibrierte stark; der Ruck, mit dem Kirsten sich aus dem Netz gelöst hatte, hatte die Konstruktion heftig ins Schwingen gebracht. Doch nichts schien sich zu rühren.
    Kirsten bückte sich und nahm die Türkisspinne in die Hand. »Danke«, sagte sie. »Du hast mir sehr geholfen.«
    Sie lauschte, nickte dann. »Soviel Dankbarkeit konnte ich niemals erwarten. Ich tat doch nur, was ich tun mußte. Scheinbar brauchen wir nicht bis nach Moskau, nicht wahr? Kannst du mir verraten, wo wir uns hier befinden?«
    Wieder lauschte sie.
    »Also gut. Ich werde es mir anschauen«, sagte sie dann.
    Mit der Spinne auf der vorgestreckten Hand bewegte sie sich zu der gut zwanzig Meter durchmessenden Höhlenöffnung, hinter der ein ähnliches Dämmerlicht herrschte wie in der Höhle selbst.
    ***
    Der Gnom sah sich in dem »Spinnenzimmer«, wie er den »Tatort« nannte, um. Er drehte sich im Kreis, bewegte sich mal hierhin, mal dorthin, und schließlich bat er die mißtrauisch zuschauende Nicole, ihm das Amulett auszuleihen. »Am besten, hochgeschätzte Mademoiselle, wäre es, wenn Ihr mir Unwürdigem zugleich erklären könntet, wie man mit dieser Silberscheibe in die Vergangenheit schaut.«
    Nicole schüttelte den Kopf.
    »Nein, mein Freund. Das kann ich nicht zulassen. Du würdest ebenso dem Wahnsinn ausgesetzt sein wie ich.«
    »Wozu ist diese Metallscheibe dann überhaupt gut, wenn sie so was nicht verhindern kann, eh?« fuhr der Gnom auf und fuchtelte mit den Armen durch die Luft. »Erstens vermeine ich, mich besser schützen zu können als Ihr, trotz all Eurer Erfahrung im Umgang mit bösen Geistern, Teufeln und anderem garstigen Getier! Immerhin bin ich gefirmt in der hohen Kunst der Magie, wohingegen Ihr, mit

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