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0489 - Die Spinnenhöhle

0489 - Die Spinnenhöhle

Titel: 0489 - Die Spinnenhöhle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Verlaub gesprochen, allenfalls die Stufe eines Zauberlehrlings erklommen habet. Zum anderen habet Ihr bei Eurem eigenen Versuch gewiß nicht bedacht, einen Schutz für Euch selbst einzurichten, wie es ein jeder guter Magier stets zu tun pflegt, damit ihm der heraufbeschworene dienstbare Geist nicht zu übermütig werde und versuche, ihm die Haare vom Kopf, die Zehennägel von den Füßen und die Seele aus dem Leib zu fressen! Also, wollet Ihr nunmehro die Güte haben, mir Euer gar seltsames Utensil leihweise auszuhändigen und damit dank meiner Hilfe der Lösung dieses Mysteriums näher zu kommen?«
    Ted Ewigk schmunzelte. »Der Junge redet, als wolle er den nächsten Wahlkampf für sich gewinnen.«
    »Aber er hat nicht ganz unrecht«, sagte Nicole kopfschüttelnd. »An ein Schutzprogramm habe ich tatsächlich nicht gedacht. Verrückt, nicht wahr? Vielleicht sollte ich es auf diese Weise tatsächlich erst noch einmal selbst versuchen. Manchmal kommt man nicht auf die einfachsten und nächstliegenden Dinge!«
    Der Namenlose wehrte heftig ab. »Mitnichten solltet Ihr dies selbst versuchen. Überlasset diese Aufgabe mir, das ist sicherer. Inständig bitt’ ich Euch darum.«
    Nicole ging vor ihm in die Hocke und sah ihm in die Augen, in denen ein eigenartiges Feuer leuchtete, wie sie es an ihm noch nie zuvor gesehen hatte. »Warum, mein Freund? Warum willst du Selbstmord begehen? Oder das Risiko eingehen, den Verstand zu verlieren? Vielleicht schützt das Amulett nicht richtig, weil es seine Kräfte gewissermaßen zweiteilen muß!«
    »Aber Ihr wollt dies Risiko eingehen? Das ist unlogisch. Typisch Frau!« entfuhr es dem Gnom.
    »Da hast du’s«, lachte Ted Ewigk.
    »Meine Rede seit einem Vierteljahrhundert oder länger, daß Frauen unlogisch sind!«
    »Aber dafür intuitiv, und Intuition ist manchmal besser als Logik. Und ihr Männer versteht bekanntlich von beidem nichts, da kannst du jede Frau fragen; sie wird es dir bestätigen. -Nein, mein kleiner Freund. Ich dränge mich nicht nach dem Risiko, aber ich kenne das Amulett besser und weiß, wie es reagiert und wie ich es steuern kann. Du müßtest das erst lernen.«
    Der Namenlose schüttelte den Kopf. »Ich brauche nur den Schutz und den Blick in die Vergangenheit. Alles andere mache ich dann selbst. Und im Gegensatz zu Euch bin ich darauf vorbereitet. In mir wohnt die Kraft, die ich nutzen kann. Ich weiß, daß sie mich nicht im Stich läßt. Ihr hingegen, Mademoiselle, könnt Euch Eurer Kraft nicht sicher sein. Denn ich möchte bezweifeln, daß Ihr Euch in den letzten sieben Tagen der Enthaltsamkeit verschrieben habet.«
    Nicole schluckte. Im ersten Moment wollte sie aufbrausen; was ging den Gnom ihr Intimleben an? Aber dann begriff sie, was er meinte. Askese, Meditation, sexuelle Enthaltsamkeit -das alles führte bei einiger Konzentration und mentaler Vorbereitung zu einer Kanalisierung und Fokussierung der inneren Triebkräfte. Nicht umsonst schöpften viele fernöstliche Magier gerade daraus ihre größte Kraft.
    Sie nickte. »Da muß ich dir natürlich zustimmen. Aber Enthaltsamkeit betrifft auch andere Dinge. Zum Beispiel die übermäßige Gier nach Süßigkeiten.«
    »Ein bißchen Naschen schadet nicht«, behauptete der Gnom mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Gebt Ihr mir nun dieses Silberding oder nicht?«
    Nicole musterte ihn nachdenklich. Dann nickte sie. Er war von seinem Erfolg überzeugt. In diesem Moment war er nicht die tragikomische Figur, sondern eine Autorität auf dem Gebiet der Magie.
    »Du wirst dich in eine Halbtrance versetzen müssen«, riet sie ihm. »Dann kannst du die Bilder am besten nutzen und das Amulett steuern. Du brauchst dich nur in das Bild im Drudenfuß zu versenken und dir zu wünschen, was du sehen willst; wenn du dich bewegst, bewegt sich die Wiedergabe mit dir.«
    Sie nahm selbst die entsprechenden Einstellungen vor und überreichte das Amulett dem Namenlosen. Sie war gespannt, was dabei herauskam.
    Hoffentlich keine Katastrophe… !
    ***
    Der dunkelblaue Lancia der römischen Stadtpolizei mit der weißen Aufschrift »VIGILI URBANI« rollte an der Piazza Ungheria und der San-Roberto-Kirche vorbei in die Viale Romania. Gut 120 Meter weiter endeten die Häuserblocks an der rechten Straßenseite, und der bewaldete Park der Villa Ada begann. Rechts führte eine unbefestigte Straße ein Stück ins Gelände; die starken Regenfälle der letzten Tage, die zu Überschwemmungskatastrophen in der Toscana geführt hatten und nun

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