0490 - Höllen-See
Er wollte nicht das zerstören, was sich aufbaute.
Betty kam zurück.
Sie heulte wie ein Schloßhund. Auch wenn sie Gulky ständig ausgeschimpft und ihn herumkommandiert hatte, sie hing doch sehr an ihm. Nun mußte sie mit ansehen, was aus diesem Mann wurde.
Ein Monster, das noch einen menschlichen Körper besaß, aber mit einem gläsernen Schädel ausgerüstet war.
Suko erhob sich. Er drehte sich zu Betty um. Sie sah aus, als würde sie jeden Moment kippen. Suko stützte sich ab und drückte sie auf einen der Stühle.
»Was war das nur?« keuchte sie.
Suko gab keine Antwort. Statt dessen holte er die Tequila-Flasche und reichte sie ihr. Bettys Hand zitterte, als sie die Flasche umklammerte. Sie trank dennoch. Wahrscheinlich hätte sie alles ausgetrunken. Suko nahm ihr die Flasche ab. Ein Rest gluckerte noch hervor und klatschte auf die mächtigen Oberschenkel der Schwarzen.
»Bleib du hier!« sagte er zu ihr.
»Du läßt mich allein?«
»Ich muß mich draußen um den Kerl kümmern.«
»Aber Gulky.«
»Ich muß mich um den anderen kümmern.«
»Der ist doch tot - oder?«
»Nein, wahrscheinlich nicht.«
Sie nickte und sah, wie der Chinese verschwand. Dann begann sie wieder zu heulen.
Suko war sehr vorsichtig, als er durch den Gang lief. Er hatte seine Dämonenpeitsche gezogen, einmal einen Kreis geschlagen und die drei Riemen ausfahren lassen.
Mit dem Rücken berührte er beinahe die Wand, als er sich daran entlangdrückte. Nur durch die Nase atmete er. Hinter der zerstörten und noch leicht rauchenden Tür blieb er stehen, um einen Blick in den Hof zu werfen.
Der andere hatte sich erhoben. Er stand schwankend auf der Stelle, als wäre er dabei, darüber nachzudenken, ob er das Schwert wieder nehmen sollte oder nicht.
Mit beiden Händen packte er schließlich den Griff der im Boden steckenden Waffe.
»Ich würde es bleiben lassen«, sagte Suko.
Der Mann trug noch immer seine schwarze Kapuze.. Er hatte Suko gehört und drehte sich zu ihm.
Dabei mußte er mit ansehen, wie der Inspektor auf ihn zukam.
In der rechten Hand hielt er die Dämonenpeitsche. Die drei Riemen schleiften über den Boden und bewegten die Unkrauthalme, die zwischen den grauen Trümmersteinen wuchsen.
Der Kapuzenträger schüttelte den Kopf und ließ den Schwertgriff nicht los. Auf dem Stoff leuchtete die dort abgemalte Klinge. Bettys Schrei mußte in der Nachbarschaft gehört worden sein. Auf der rückseitigen Grenzmauer turnten zwei Halbwüchsige herum und kamen balancierend näher.
»He, Chink, machst du hier eine Schau?« schrie der erste. Ein blonder Bursche mit Bürstenschnitt und violetten Ohrringen.
»Verschwindet!« rief Suko.
»Nein, Chink, wir bleiben.«
Die beiden sprangen in den Hof.
Das gefiel Suko überhaupt nicht. Er wußte nicht, wie der andere reagieren würde. Wenn der durchdrehte, schlug er möglicherweise auf die beiden Zuschauer ein.
Da griff der Kapuzenträger an. Er hatte das Schwert aus dem Boden gerissen, startete mit kräftigen, wilden Bewegungen, schwang die Waffe, um Suko niederzumachen.
Das war etwas für die beiden Gaffer. »He!« rief der Blonde. »Das ist ja echte Action.«
Suko wich aus, ließ den Angreifer ins Leere laufen und schlug selbst mit der Peitsche zu.
Der Chinese beherrschte diese Waffe perfekt. Er hatte die rote Klinge treffen wollen, und er traf sie auch. Die drei Riemen wickelten sich darum, als wollten sie den langen Stab erdrosseln.
Währenddessen wurde Suko von einem grellroten Licht geblendet. Er mußte die Augen schließen, zog an der Peitsche, sie kam frei, und Suko taumelte einige Schritte zurück.
Das Leuchten war verschwunden, aber der Kapuzenträger hielt die Waffe noch immer fest. Er starrte auf die Klinge, die ihre Leuchtkraft verloren hatte und allmählich schmolz. Eine dicke, schleimartige Flüssigkeit rann zu Boden. Der Vergleich mit einer kleiner werdenden Kerze kam Suko in den Sinn.
Suko sah, daß der Typ keine Gegenwehr mehr bringen würde. Er war viel zu überrascht.
Das nutzte Suko aus. Bevor sein Gegner sich wehren konnte, war er bei ihm und hatte ihm die Kapuze vom Schädel gerissen.
Die Überraschung traf ihn hart. Der Mann besaß einen gläsernen Kopf. Eine dicke Schicht lag über dem Gesicht. Sie war durchsichtig, so daß Suko Augen, Nase und Mund sowie die Ohren noch erkennen konnte, wenn auch etwas verzerrt.
Er blieb stehen und schluckte. Mit dieser Überraschung hatte er nicht gerechnet.
Auch die beiden Zuschauer bekamen es mit der Angst
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