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0491 - Ein Toter läuft um sein Leben

0491 - Ein Toter läuft um sein Leben

Titel: 0491 - Ein Toter läuft um sein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
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ihn kurz darauf in einem Sattlergeschäft verschwinden.«
    »Wie sah er aus?« fragte Lucille. Ich beschrieb den jungen Mann kurz und genau. »Das war Robert Lindsay!« sagte das Mädchen. »Ich wußte gar nicht, daß er in New York ist. Er studiert in Maryland.«
    »Sie kennen ihn gut?«
    »Wir sind zusammen in dieser Straße aufgewachsen.«
    »Verstehe«, nickte ich. »Ich kann auch die anderen Männer beschreiben.«
    Lucilles Gesicht verschloß sich. »Das ist nicht nötig. Ich ahne schon, wer dahinter steckt.«
    »Nämlich?«
    »Es hat keinen Sinn, darüber zu sprechen. In dieser Straße gibt es viele Tabus, Mister Fulton. Niemand darf sie ungestraft verletzen. Der arme Robert ist vermutlich noch glimpflich davongekommen. Er hat das erhalten, was wir hier die ,erste Warnung' nennen. Darf ich Ihnen einen gutgemeinten Rat geben? Kümmern Sie sich in der Brickstone Road niemals um fremde Angelegenheiten!«
    »Ich bin ein neugieriger Mensch«, sagte ich lächelnd. »Im übrigen fürchte ich keine Schlägerkolonnen. Mit diesen Burschen werde ich schon fertig.«
    »Gegen diese Leute haben Sie keine Chance!« sagte Lucille bitter.
    »Sie trauen mir nicht viel zu, was?«
    »Ich kenne Sie nicht, Mister Fulton, aber ich kenne die anderen!«
    »Warum wurde dieser Robert zusammengeschlagen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Komisch. Ich habe das Gefühl, daß Sie sehr wohl wissen, worum es ging. Trauen Sie mir nicht über den Weg?«
    »Ich bin nur vorsichtig«, sagte Lucille. Sie erhob sich und verließ das Zimmer. Ich stand gleichfalls auf und trat an das Fenster. Vor Westons Laden hielt ein großer flaschengrüner Straßenkreuzer. Eine junge, elegant gekleidete Dame stieg aus. Auf dem Weg in den Laden wurde sie kurz von einem Passanten begrüßt. Ich wartete. Minuten verstrichen. Die junge Dame kam nicht wieder. Hatte ich Westons Adoptivtochter Myrna gesehen?
    Ich verließ die Wohnung und schlenderte die Straße hinab. Dabei kam ich an Westons Laden vorbei und warf einen Blick durch die Schaufensterscheibe. Im Laden war niemand zu sehen. An der Straßenkreuzung blieb ich stehen. In diesem Augenblick'kam der junge Lindsay. Er hatte ein frisches Oberhemd angezogen und sein Gesicht abgewaschen. Außerdem trug er einen anderen Anzug. Er stoppte jäh, als er den flaschengrünen Wagen sah, dann gab er sich einen Ruck und betrat Westons Laden.
    Sollte ich unter irgendeinem Vorwand hinterhergehen, um festzustellen, was sich in dem Laden ereignete? Ich beschloß zu warten.
    Nachdem volle zehn Minuten verstrichen waren, ohne daß etwas geschehen war, gab ich es auf. Ich machte kehrt und ging in die Kneipe. Es saßen noch die gleichen, mürrisch aussehenden Gäste darin. Drei oder vier Gesichter waren dazugekommen. Eine Musikbox stampfte den neuesten Beat in das Kellerlokal. Sie schaffte es nicht, die Mienen der durchweg älteren Gäste aufzuhellen.
    Ich wollte mich gerade an den Tresen setzen, als plötzlich ein junger Mann die Treppe herabgestürzt kam. Schweratmend blieb er am unteren Rand der Treppe stehen und schrie: »Es hat geknallt! Drüben beim alten Weston hat’s geknallt!«
    Die Wirt stellte die Musikbox ab. Die Gäste starrten den jungen Burschen an. Der wurde plötzlich verlegen, als er alle Blicke auf sich gerichtet fühlte. Er bewegte die Schultern in seinem Lumberjack und sagte: »Ich hab’ es ganz deutlich gehört. Das waren Schüsse. Pistolenschüsse!«
    ***
    Der Wirt hatte ein rundes ausdrucksloses Gesicht mit kleinen, weit auseinander stehenden Augen. Er brach das Schweigen als erster. »Das übliche?« fragte er.
    »Habt ihr mich nicht gehört? Drüben ist geschossen worden!«
    »Setz dich an die Theke«, sagte der Wirt ruhig. »Das Bier wird dir schmecken.«
    Der Bursche im Lumberjack setzte sich langsam in Bewegung. Er war höchstens neunzehn Jahre alt. Ich sah, wie es in seinem Gesicht arbeitete.
    Der Wirt schaute mich an. »Sie auch?«
    »Ja, ein Bier«, nickte ich und nahm neben dem Neuankömmling auf einem hölzernen Hocker Platz. »Bist du der einzige, der etwas gehört hat?« fragte ich den jungen Burschen. In dieser Umgebung war es ganz selbstverständlich, den jungen Mann zu duzen.
    »Weiß ich nicht«, antwortete er mürrisch. Er blickte mich fast feindselig an. Dann schaute er mit dem gleichen Gesichtsausdruck in die Runde. Ich begriff sehr genau, was in ihm vorging, und er sprach aus, was er dachte: »Feiglinge!« Laut und deutlich stand das Wort im Raum.
    »Trinke dein Bier, Chap«, sagte der Wirt

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