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0493 - Todestanz der Nixe

0493 - Todestanz der Nixe

Titel: 0493 - Todestanz der Nixe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Bild gab. Aber -warum dann so aufwendig? Es wäre schneller gegangen, eine Skizze anzufertigen, wie es sie zu Dutzenden in diesem Heft gab, mit Bleistift, Kugelschreiber oder Kohle gezeichnet. Warum ein so großes, farbiges Gemälde?
    Immer wieder irrten Zamorras Gedanken zu diesem Bild zurück. Er klappte das Skizzenheft zu und überlegte, ob er den Malayen bitten sollte, ihn noch einmal in die Kajüte zu lassen. Aber das war vermutlich etwas unverschämt. Vielleicht konnte La-Sin ihm das Nixenbild aber auch aushändigen. Im eigenen »Gästezimmer« hätte Zamorra dann Muße genug, es zu studieren. »Der Name«, murmelte er wieder. »Sie hat einen Namen. Und ich muß ihn herausfinden. Dann kommen wir der Sache näher.«
    ***
    Später, beim Abendessen, war er dann schon etwas weniger geistesabwesend. Emerson Porter spann jede Menge Seemannsgarn und wußte dermaßen spannend zu erzählen, daß Zamorra tatsächlich abgelenkt wurde. Längst war es draußen dunkel geworden. Immerhin war es noch Winter, auch wenn man hier nicht sehr viel davon merkte. Sicher, es war kühl, und in der Nacht sanken die Temperaturen rapide. Aber die ULYSSES befand sich in Breitengraden, die, mit Europa verglichen, zwischen Paris und Rom anzusiedeln waren. Das Wärmereservoir des Golfstroms kam hinzu, das sogar noch rund zweitausend Kilometer weiter nordöstlich dafür sorgte, daß an den Küsten Grönlands, Islands und Großbritanniens halbwegs erträgliche Temperaturen herrschten. Durchs Fenster sah Zamorra wieder nach draußen, zur Küste hin. Sekundenlang glaubte er ein bläuliches Aufleuchten über dem Wasser zu sehen, aber das mußte eine optische Täuschung gewesen sein, denn es wiederholte sich nicht.
    »Was zieht dich eigentlich zu diesem Küstenstreifen?« fragte Nicole. »Du benimmst dich doch sonst nicht so eigenartig.«
    Kapitän Porter räusperte sich. »Mir scheint, Mademoiselle«, schmunzelte er, »der Professor steckt schon mitten im Fall. Er grübelt, woran unser ›Pinselquäler‹ gestorben sein könnte.«
    »Er ist hier an Bord gestorben?« vergewisserte Zamorra sich. Porter nickte. »Und er hat vorher keine Anzeichen von Schwäche gespürt, sich nicht ungewohnt verhalten, wenn man einmal davon absieht, daß er wie ein Wilder gemalt hat?«
    Porter schüttelte den Kopf. »Er war kerngesund und ganz normal, nicht wahr, Scott?«
    Percy Scott, der ebenso wie der Funker und der Maschinist mit am Tisch saß, nickte. »Er hätte überhaupt nicht sterben dürfen, so gesund war er. Die einzige Abweichung von seinem normalen Verhalten war eben dieses Bild. Er hat auch zu niemanden von Todesahnungen oder ähnlichem gesprochen. Wir haben uns erst hinterher gewundert.«
    »Das Bild zeigt übrigens einen Teil der Küste, zu der Sie sich heute so hingezogen fühlen, Zamorra«, bemerkte Porter. »Segrelle war kurz drüben, und dieser Anblick muß ihn dermaßen fasziniert haben, daß er ihn unbedingt malen wollte. Er hat ja überhaupt alles gemalt oder gezeichnet, was er sah. Eine Art Fotoapparat auf Beinen.«
    »Er muß diese Nixe gesehen haben«, murmelte Zamorra.
    »So ein Blödsinn«, brummte Porter. »Nixen gibt’s nicht. Seeschlangen gibt’s nicht. Es gibt nicht mal den Klabautermann, obgleich er damals vor Kap Hoorn in unseren Rahen herumturnte und das Schiff unbedingt ins nasse Grab steuern wollte. Aber ich habe ihn dann zum Pokerspiel überredet, und er hat verloren, so daß wir heil weiterfahren konnten. Trotzdem gibt es weder ihn noch all diese anderen Gestalten.«
    »Wissen Sie, daß Sie eine Rarität sind, Porter?« brummte Scott. »Sie gehören ins Museum, als seltenes Einzelstück. Ein Kapitän, der versucht, nicht abergläubisch zu sein. So was gibt’s im normalen Leben doch überhaupt nicht.«
    Zamorra sah wieder nach draußen. »Ist es möglich, daß ich mir die Stelle ansehe, an der Segrelle war? Ich meine, den Ort, den er gemalt hat.«
    »Sicher«, sagte Porter. »Sobald es hell wird, kann Sie jemand hinüber rudern.«
    »Aber das dauert eine Ewigkeit«, wandte Corkey ein, der aus Singapur stammende Funker mit dem prachtvollen Pferdegebiß. »Da könnten doch die Jungs von der Navy mal unter Beweis stellen, daß sie zu mehr nützlich sind, als nur ihre Uniformen spazierenzutragen. Die haben doch motorisierte Beiboote, im Gegensatz zu uns.«
    »Das ist eine Idee.« Porter wechselte einen nachdenklichen Blick mit Zamorra. Der bewegte lautlos die Lippen und formte ein beruhigendes »Charlemagne«. Porter las ihm die

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