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0494 - Fenrirs Wacht

0494 - Fenrirs Wacht

Titel: 0494 - Fenrirs Wacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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geboten. Die Wölfe hätten bloß um die Hausecke zu stürmen brauchen…
    Aber alles war ruhig geblieben, und war auch jetzt noch ruhig. Die Wölfe heulten nicht mehr. Naomi schüttelte den Kopf. Fast hätte sie das Erlebnis für einen schlechten Traum halten können. Aber dagegen sprach das benutzte Geschirr.
    Sie hatte den Besuch eines Unheimlichen gehabt und wußte nicht einmal, was er von ihr gewollt hatte!
    ***
    Im Innern des Cadillac-Cabrios waren trotz des Stoffverdecks nur leichte Windgeräusche zu vernehmen, und die Heizung funktionierte auch zufriedenstellend. Von dem bärenstarken Achtzylinder-Motor, der in einem aufwendigen Prozeß auf schadstoffarme Katalysatortechnik umgerüstet worden war, war nicht einmal ein leises Flüstern zu hören.
    Pierre Robin interessierte sich für die Technik, und Nicole zeigte sich von ihrer auskunftfreudigen Seite. Daß der Wagen PS-stark genug war, um aus 8,2 Litern Hubraum eine Beschleunigungskraft zu entwickeln, die moderne Sportwagen eindeutig deklassierte, war für sie noch nie ein Grund zum Rasen gewesen. Sie sah es als Sicherheitsreserve, um in gefährlich werdenden Situationen einen Überholvorgang schneller abschließen oder eine Kreuzung etwas flotter freimachen zu können. Das Imponiergehabe und die »Ich-bin aber doch schneller als-du«-Kraftmeierei überließ sie mit geringschätzigem Spottlächeln den profilierungssüchtigen Fahrern übermotorisierter Kleinwagen, die Klasse und Können durch heulende Motörchen, kreischende Bremsen und die schwarzen Gummistriche durchdrehender Reifen auf dem Asphalt ersetzen zu müssen glaubten. Ihr verlieh die schier unerschöpfliche Kraft und die Größe des Wagens eine überlegene Ruhe. Daß der chromblitzende Straßenkreuzer mit Haifischmaulgrill vor dem Kühler und riesigen Heckflossen an den Kotflügeln selbst bei ruhiger Fahrweise seine 25 bis 30 Liter Benzin schlürfte, war die Kehrseite der Medaille, und die Parkplatzsuche gestaltete sich zuweilen zur Odyssee. Dafür wartete der ’59er Oldtimer mit technischen Raffinessen wie einem bei Regen automatisch schließenden Cabrio-Verdeck auf, oder mit Sensoren, die beim Erkennen entgegenkommender Fahrzeugscheinwerfer selbständig von Fern- auf Abblendlicht umschalteten. Kleinigkeiten, die Ende der 50er Jahre bei Cadillac Serienstandard gewesen waren und die jetzt erst als Sonderzubehör »neu erfunden« wurden, um den Kunden für sündhafte Aufpreise als das Modernste vom Modernen angepriesen zu werden. Schnee von vorgestern…
    »Ein Traumwagen«, murmelte Robin fast andächtig, »nur wenn ich dabei an meinen Geldbeutel denke, wird’s zum Alptraum. Wie sieht es eigentlich mit der Ersatzteilversorgung aus?«
    »Schlechter als schlecht«, mußte Nicole ihm eingestehen, »weil es viele Teile im Original schon nicht mehr gibt und ein Teilefahrzeug zum Ausschlachten dazuzukaufen lohnt auch kaum, weil da die typischen Verschleißteile natürlich auch längst defekt sind. Vieles muß neu nachgefertigt werden, und das geht natürlich bitter ins Geld. Andere Leute verpulvern ihr Taschengeld für Zigaretten…«
    Im Dorf angekommen, stellten sie fest, daß die Mordkommission bis auf Robins Wagen mit dem Assistenten am Lenkrad schon wieder aufgebrochen war, weil es hier nichts mehr zu tun gab. Alle Befragungen waren durchgeführt und der Leichnam unterwegs nach Lyon.
    »Da fahren wir jetzt also auch hin«, sagte Robin, »nur darf mein Assistent den Peugeot allein fahren, weil ich mich weiter bei Ihnen einquartiere, Mademoiselle. Den Genuß, in einem solchen Traumwagen chauffiert zu werden, kann ich mir doch nicht entgehen lassen.«
    Nicole lächelte. »Sie wollen doch nur beoachten, wie eine Frau am Steuer in einem solchen Riesenschlachtschiff mit dem hageldichten Stadtverkehr von Lyon fertig wird!«
    Robin grinste.
    Das Grinsen verging ihm, als Nicole den Wagen schnell und sicher durch die City lenkte und ihm dabei locker eröffnete, mit dem Cadillac zur rushhour in Paris, Rom und Neapel unterwegs gewesen zu sein, ohne auch nur den dünnsten Kratzer zu kassieren.
    Als sie bei der Gerichtsmedizin ankamen, waren sie beim Du angelangt. Robin fiel es schwer, sich von dem weißen Cadillac zu trennen. »Wenn ich wüßte, wie ich den Wagen unterhalten soll mit meinem schmalen Beamtengehältchen, würde ich versuchen, ihn dir abzukaufen, Nicole.« Da brach sie in helles Lachen aus. »Pierre, das hat schon mal einer geschafft, ein guter Freund, der den Wagen gepflegt und auf

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