Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0494 - Fenrirs Wacht

0494 - Fenrirs Wacht

Titel: 0494 - Fenrirs Wacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
einen Einzelgänger, nicht wahr? Dann braucht nicht das Forstamt mobilisiert zu werden. Wir brauchen nur den erlegten Wolf zu präsentieren.« Er nagte an der Unterlippe.
    »Kommt nicht in Frage!« sagte Nicole schnell. »Den Gedanken vergessen Sie lieber schnell wieder. Fenrir wird nicht als Sündenbock erschossen, nur um einen erlegten Wolf präsentieren zu können.«
    »He«, machte Robin verblüfft. »Woher wissen Sie, was ich gerade dachte? Himmel, es war doch nur so eine Idee.«
    »Seien Sie froh, daß Fenrir gerade nicht im Zimmer ist«, sagte Nicole. »Wenn er das mitbekommen hätte, würde er sein Bein heben und Sie ein wenig… äh… markieren.«
    »Ich denke, wir haben jetzt alles abgesprochen«, sagte Zamorra. »Fenrir bleibt am besten erst einmal im Château. Nicole, du…«
    Sie nickte. »Während du zu Naomi fährst und bei ihr nach dem Rechten siehst, sie möglicherweise warnst oder gar aus ihrer Hütte evakuierst, schaue ich mir den Toten an, Roland Pais, um festzustellen, ob er zum Werwolf geworden ist. Das wolltest du doch sagen, nicht?«
    Zamorra nickte.
    »Ich würde Ihnen davon abraten, Mademoiselle Duval«, sagte Robin.
    »Das ist kein besonders erfreulicher Anblick.«
    »Ich habe schon Schlimmeres gesehen als einen Mann, der von einem Wolf gerissen wurde«, gab Nicole zurück. »Ist er schon nach Lyon gebracht worden?«
    Robin sah auf die Uhr. »Vermutlich. Aber das werden wir ja feststellen.«
    »Nimm das Amulett mit«, schlug Zamorra vor. »Falls ich es selbst brauchen sollte, kann ich es ja jederzeit zu mir rufen.«
    »Meinst du nicht, daß es besser wäre, wenn du es bei dir trägst, und ich rufe es, wenn ich es zur Untersuchung des Toten brauche?«
    »Das bleibt sich wohl gleich«, erwiderte Zamorra. »Komm, starten wir. Ich möchte nicht erst bei Naomi Varese auftauchen, wenn ihre Hütte bereits von den Wölfen belagert wird.«
    ***
    Mit keiner Silbe hatte der unheimliche Gast zu verstehen gegeben, ob ihm das Essen, das Naomi Varese ihm vorsetzte, gemundet hatte. Es war wirklich für jeden nur ein Happen geworden, weil die rothaarige Einsiedlerin auf Besuch nicht eingerichtet war und diese Mahlzeit auch nicht mehr hatte strecken können. Trotzdem hatte sie es nicht übers Herz gebracht, ihn nur zuschauen zu lassen, und er hatte ihr Angebot schweigend angenommen.
    Das Glas Wein, das sie ihm angeboten hatte, ließ er stehen und trank statt dessen Wasser. Zum dritten Mal hörte sie ihn sagen: »Ich danke dir für deine Gastfreundschaft.«
    Draußen heulten wieder Wölfe. Diesmal konnte Naomi drei Wolfskehlen unterscheiden. Es lief ihr kalt über den Rücken. Sie fühlte sich eingekreist. Was, wenn die Bestien beschlossen, ihre Hütte zu stürmen, weil sie Menschen darin witterten? Die Ur-Angst der Menschen vor dem Raubtier wurde in Naomi wach und verstärkte sich immer mehr. Unruhig sah Naomi zum Fenster. Das Doppelglas, auf dessen Verwendung sie bei der Renovierung der Hütte geachtet hatte, hielt zwar die Kälte draußen, konnte aber einen Wolf nicht stoppen, der mit wildem Sprung hindurchjagte.
    Draußen die Meute, und drinnen hatte sie es mit einem Verrückten zu tun, der schweigend dasaß, ihre Bewegungen aus dunklen, wachsamen Augen genau verfolgte und, wenn er denn einmal ein paar Worte von sich gab, sich nur in steter Wiederholung für ihre Gastfreundschaft bedankte, als spule er ein Tonband ab !
    Fast hätte sie glauben können, es mit einem Roboter zu tun zu haben.
    Plötzlich erhob er sich. Wortlos schritt er zur Tür, öffnete sie und trat ins Freie hinaus. Auf einen vierten Dank wartete Naomi vergebens.
    Der Unheimliche schritt davon, die Tür hinter sich offen lassend. Mit ein paar Sprüngen war Naomi ebenfalls an der Tür, sah dem blassen Mann im schwarzen Mantel nach. Etwas verwunderte sie. Draußen war es kalt, und sie sah ihren Atem wie eine weiße Wolke vor ihrem Gesicht stehen.
    Bei dem Fremden vermißte sie diesen Anblick!
    Dann sah sie einen Wolf. Der graue Räuber schob sich aus dem Unterholz hervor und sah den Unheimlichen an, um ihm dann zu folgen. Wenige Minuten später waren beide verschwunden.
    Da erst merkte Naomi, daß sie im Kleid in der Kälte stand, und daß sie bereits durchgefroren war. Hastig kehrte sie ins Haus zurück, schlug die Tür zu und verriegelte sie. Sie wunderte sich über ihren Leichtsinn. Einerseits fürchtete sie die Nähe der Wölfe, andererseits hat sie minutenlang im Freien gestanden und den Bestien ein erstklassiges Angriffsziel

Weitere Kostenlose Bücher